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22501

Nach dem Germanwings-Absturz: US-Gericht weist Hin­ter­b­lie­be­nen­klage ab

von Pia Lorenz

28.03.2017

Trauerkränze am Flughafen Düsseldorf

Bild: Hans135797531, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0, Bearbeitung durch LTO

Ein Gericht in Arizona hat die Klage von Hinterbliebenen der Germanwings-Katastrophe auf höhere Entschädigungszahlungen abgelehnt. Sie sollen erst in Deutschland klagen. Das allerdings könnte rechtlich unmöglich sein.

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Die Klage von Hinterbliebenen des Germanwings-Absturzes gegen eine Lufthansa-Flugschule in den USA ist vom Arizona District Court abgewiesen worden. Dies geht aus einer Veröffentlichung im Internet vom Dienstag hervor. Die Einstellung sei unter Auflagen geschehen, betonten Hinterbliebenen-Anwälte. So habe das Gericht den Parteien auferlegt, den Rechtsstreit in Deutschland weiterzuführen, bestätigte Prof. Dr. Elmar Giemulla, der in dem Verfahren 36 Familien vertritt, gegenüber LTO.

Die Auflage des US-Gerichts hält der Luftverkehrsrechtler für nicht erfüllbar: "Die Flugschule soll sich bei einer Klage in Deutschland nach Ansicht des US-Gerichts dem amerikanischen Beweisführungsrecht unterwerfen. Das ist nicht möglich, da die die Anwendung der Zivilprozessordnung zwingend ist".  Ein Lufthansa-Sprecher wollte sich zunächst nicht zu der Entscheidung des Gerichts äußern, auch von der mandatierten Kanzlei Bach Langheid Dallmayer war eine Stellungnahme bis zur Veröffentlichung am Dienstag nicht zu erlangen.

Die Hinterbliebenen von 81 Opfern des Absturzes wollen in den USA die Flugschule haftbar machen, an der der Copilot Andreas Lubitz ausgebildet wurde. Er hatte den Ermittlungen zufolge den Absturz der Germanwings-Maschine in den französischen Alpen vor gut zwei Jahren bewusst herbeigeführt. 150 Menschen starben.

180 Tage Zeit

Die Klage hatte die New Yorker Anwaltskanzlei Kreindler & Kreindler im vergangenen Jahr vor einem Gericht in Phoenix (Arizona) erhoben. An der Klage hatten mehrere Anwaltskanzleien aus Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien mitgearbeitet. Die beklagte Flugschule Airline Training Center Arizona (ATCA) gehört zur Lufthansa-Gruppe und wird mit Bach Langheid Dallmayer von einer der führenden deutschen Kanzleien im Versicherungs- und Haftungsrecht vertreten.

Die Flugschule hätte von den psychischen Problemen ihres Schülers wissen können und ihn nicht zum Piloten ausbilden dürfen, argumentieren die Kläger. Die Lufthansa-Tochtergesellschaft Germanwings hatte eine Verhandlung des Falles in den USA abgelehnt. Ein Gerichtsstand in den USA lasse sich nicht begründen, hatte das Unternehmen im Frühjahr 2016 mitgeteilt. Die Lufthansa hat nach dem Unglück bereits Zahlungen geleistet. Diese sind nach Auffassung zahlreicher Hinterbliebener aber zu gering.

Laut Hinterbliebenen-Vertreter Elmar Giemulla könnte die beklagte Flugschule auf die Erfüllung der gerichtlichen Auflage verzichten. Dann könnten die Parteien sich schnell wieder vor dem Gericht in Arizona treffen, das für diesen Fall seine Zuständigkeit akzeptiert habe, so der Autor und Kommentator diverser Werke zum Luftverkehrsrecht, der auch über eine Zulassung als Attorney at Law im Bundesstaat New York verfügt. Allzu große Hoffnung macht er sich auf diese unkomplizierte Variante aber nicht. Bereits vor der Klageerhebung hatte er das "sehr restriktive Verhalten der Lufthansa-Anwälte" moniert, nach seinen Angaben gab es bislang nicht einmal im Hintergrund Vergleichsgespräche mit den Hinterbliebenen. Auch zu dem Angebot, sich statt der angebotenen 10.000 Euro auf eine Zahlung von jeweils 30.000 Euro an die Hinterbliebenen zu einigen, habe die Lufthansa sich nicht geäußert.

Wenn die Flugschule die Erfüllung der Auflage nicht von sich aus für unmöglich erklärt, will Giemulla in Deutschland klagen und die Anwendung des amerikanischen Beweisführungsrechts beantragen. Für die Klageerhebung hat er nach der Auflage des US-Gerichts bis zu 180 Tagen Zeit, die deutsche Verjährungsfrist endet seines Erachtens frühestens mit Ablauf des Jahres 2018. Mit der Ablehnung des deutschen Gerichts ginge es zurück zu dem Gericht in Phoenix, an dessen Zuständigkeit er dann keinen Zweifel mehr hat. Vorsichtiger äußerte sich Hinterbliebenen-Anwalt Christof Wellens, der nach eigenen Angaben in diesem Verfahren die Angehörigen von 35 Opfern vertritt: "Ich kann noch nicht beurteilen, ob das Verfahren weitergeht", sagte er. Das solle nun eingehend geprüft werden.

Mit Materialien von dpa

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Pia Lorenz, Nach dem Germanwings-Absturz: . In: Legal Tribune Online, 28.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22501 (abgerufen am: 23.05.2025 )

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