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EuGH verurteilt Deutschland wegen Gewässerverunreinigung: Zu wenig, zu spät

21.06.2018

In Teilen mit Nitrat verunreinigt: Deutsche Gewässer

Gras-Ober, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0; Zuschnitt und Skalierung durch LTO

Ein Düngemittel verunreinigt deutsche Gewässer, doch die Bundesregierung bleibt untätig. Auch ein Rüffel der EU-Kommission blieb erfolglos, sodass es nun eine Verurteilung durch den EuGH setzte.

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Alles Mahnen hat nichts genutzt: Nun hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) Deutschland wegen der Gewässerverunreinigung verurteilt, die schon seit einiger Zeit auf EU-Ebene moniert wurde. Über Jahre habe die Bundesregierung zu wenig gegen Nitrate im Grundwasser unternommen, stellten die Luxemburger Richter nun fest (Urt. v. 21.06.2018, Az. C-543/16 ).

Nitrate stammen meist aus Düngern, die in der Landwirtschaft zum Einsatz kommen. Eine zu hohe Konzentration schadet der Umwelt und birgt Gesundheitsrisiken für Menschen. Die sogenannte Nitrat-Richtlinie (91/676/EWG) der EU schreibt aus diesem Grund vor, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen müssen, um besonders gefährdete Gebiete vor einer Überlastung zu schützen.

Die EU-Kommission hatte 2016 schließlich geklagt, weil Deutschland aus ihrer Sicht über Jahre hinweg nicht strikt genug gegen die Verunreinigung von Grundwasser in bestimmten Bereichen vorgegangen sei und damit gegen die Verpflichtungen aus der Richtlinie verstoßen habe. Bereits 2014 hatte die Kommission die Bundesregierung deshalb abgemahnt - jedoch ohne zufriedenstellenden Erfolg.

Novellierung des Düngerechts kam zu spät

Der EuGH stellte nun ebenfalls fest, dass die Bundesregierung ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen sei.  Jedenfalls nachdem man in einem Bericht aus Juli 2012 selbst hatte einräumen müssen, dass das bestehende Aktionsprogramm nicht ausreiche, habe man nicht genügend zusätzliche Maßnahmen getroffen.

Der Bund versuchte, sich vor dem EuGH mit der Novellierung des Düngegesetzes und der Düngeverordnung zu behelfen, der der Bundesrat im März 2017 zugestimmt habe. Nach langem Hin und Her hatte man damit die Dünge-Regeln mit Stickstoff-Obergrenzen, längeren Zeiten mit Düngeverboten und größeren Abständen zu Gewässern verschärft. Das kam den Richtern aber zu spät: Man müsse die Lage zu dem Zeitpunkt beurteilen, als die von der EU-Kommission gesetzte Frist abgelaufen sei. Grundlage des Richterspruchs ist demnach die Düngeverordnung in der Fassung von 2012.

Deshalb sind die Folgen des Urteils aktuell schwer zu beurteilen. Deutschland wurden zunächst die Kosten des Verfahrens auferlegt. Die Kommission könnte in einem weiteren Schritt Strafzahlungen erstreiten, falls sich die Lage nicht bessert.

Noch 2016 EU-Grenzwerte überschritten

Nitrat ist wichtig für das Pflanzenwachstum. Doch wenn zu viel gedüngt wird, sammeln sich Rückstände im Grundwasser sowie in Bächen, Flüssen und im Meer an. Aus Nitrat entsteht durch chemische Prozesse Nitrit, das für Menschen schädlich sein kann. Bei der Trinkwasseraufbereitung muss Nitrat teils umständlich aus dem Grundwasser herausgefiltert werden, um die Grenzwerte einzuhalten. Auch in einem Bericht von 2016 räumte die Bundesregierung noch ein, dass an 28 Prozent der Grundwasser-Messstellen in Deutschland die EU-Grenzwerte überschritten werden.

Der Deutsche Bauernverband verteidigte die Praxis der Landwirte schon vor dem Urteil. "Wir düngen bedarfsgerecht", sagte Generalsekretär Bernhard Krüsken im ZDF-Morgenmagazin. Mit Blick auf die bereits nachgeschärften Regeln fügte er hinzu, das Urteil beziehe sich auf ein längst abgeschlossenes Kapitel. Die neue Düngeverordnung setze die Betriebe bereits "massiv unter Druck".

Die kommunalen Wasserwerke in Deutschland erhofften sich hingegen von dem Urteil klare Ansagen, ob die neuen deutschen Düngeregeln ausreichen. Sei dies nicht der Fall, müsse Berlin nachlegen, sagte der Vizepräsident des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), Karsten Specht. "Nur so können wir unsere Trinkwasserressourcen schützen."

mam/LTO-Redaktion

Mit Materialien von dpa

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EuGH verurteilt Deutschland wegen Gewässerverunreinigung: . In: Legal Tribune Online, 21.06.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29287 (abgerufen am: 18.11.2025 )

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