Das BVerfG hat in den Anleihenkäufen der EZB erstmals eine Kompetenzüberschreitung eines EU-Organs gesehen. Das deswegen gegen Deutschland eingeleitete Vertragsverletzungverfahren hat die EU-Kommission nun eingestellt.
Die EU-Kommission hat das gegen Deutschland eingeleitete Verfahren wegen eines umstrittenen Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Europäischen Zentralbank (EZB) eingestellt. Die Bundesrepublik habe förmlich erklärt, den Vorrang und die Autonomie des Unionsrechts anzuerkennen, erklärte die für die Überwachung der Einhaltung von EU-Recht zuständige Behörde am Donnerstag. Dies gelte insbesondere auch für den Bereich der Rechtsstaatlichkeit.
Zudem habe Deutschland zugesagt, die Autorität des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) anzuerkennen, dessen Urteile endgültig und verbindlich seien, schrieb die Kommission. Auch habe sich die deutsche Regierung verpflichtet, alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um weitere "Ultra-vires"-Enscheidungen des BVerfG zu vermeiden. Im Rahmen der Ultra-vires-Kontrolle kann Karlsruhe prüfen, ob EU-Maßnahmen mit den Kompetenzen vereinbar sind, die der nationale Gesetzgeber an die EU übertragen hat.
BVerfG setzte sich über EuGH hinweg
Ein entsprechendes Urteil des BVerfG hatte im vergangenen Jahr großen Wirbel ausgelöst. Die Karlsruher Richterinnen und Richter beanstandeten damals milliardenschwere Anleihekäufe im Rahmen des 2015 gestarteten Programms "PSPP" der Europäischen Zentralbank – obwohl der EuGH diese vorher gebilligt hatte. Damit setzten sie sich über ein EuGH-Urteil hinweg, obwohl Entscheidungen des obersten EU-Gerichts eigentlich für alle Mitgliedstaaten verbindlich sein sollten.
Die Europäische Kommission leitete wegen des Urteils im Juni dieses Jahres ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Es hätte ohne die Zusicherungen der Bundesregierung in einer Klage vor dem EuGH enden können.
In dem EZB-Urteil aus dem Jahr 2020 hatten die Verfassungsrichterinnen und -richter argumentiert, die Notenbank habe mit dem 2015 gestarteten Programm ihr Mandat für die Geldpolitik überspannt. Bundesregierung und Bundestag sollten darauf hinwirken, dass Europas Währungshüter nachträglich prüfen, ob die Käufe verhältnismäßig sind. Das Gericht stellte dies in einem Beschluss Ende April fest.
dpa/mgö/LTO-Redaktion
Nach dem EZB-Urteil des BVerfG: . In: Legal Tribune Online, 02.12.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46821 (abgerufen am: 05.10.2024 )
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