Bundesinnenminister Thomas de Maizière plant einen Umbau des Sicherheitsapparates in Deutschland. Unterstützung ist rar, dafür erntet er viel Kritik. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner fordert nun mehr Sachlichkeit in der Debatte.
Der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt im vergangenen Dezember hat bundesweit für eine neue Debatte über die Funktionsfähigkeit des Sicherheitsapparates gesorgt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat als Reaktion darauf seine "Leitlinien für einen starken Staat in schwierigen Zeiten" vorgelegt. Kritik kommt sowohl von den Ländern als auch der Opposition im Bund.
Ein Fall wie der von Anis Amri, der vermutlich den Anschlag in Berlin verübte und zuvor trotz bekannter Radikalisierung und krimineller Vergangenheit unbehelligt durch das Bundesgebiet reisen konnte, soll sich nicht wiederholen. Dafür sorgen soll nach de Maizières Vorschlag eine Umstrukturierung des gesamten Sicherheitskonzepts.
Sein Vorhaben, welches im Wesentlichen auf einer Zentralisierung der Sicherheitsarbeit und Befugniserweiterungen für die Behörden basiert, lenke nur von den eigentlichen Problemen in der Terrorismusbekämpfung ab, kritisierte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Sein nordrhein-westfälischer Amtskollege Ralf Jäger (SPD) warnte, Zentralisierung mache die Behörden behäbiger im Kampf gegen den Terrorismus.
Kritik auch aus der CDU
Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) erklärte: "Wir müssen jetzt sagen, was wir tun wollen, und nicht erst große Behördenumstrukturierungen machen". De Maizières Pläne liefen auf eine Föderalismusreform hinaus, die Jahre dauern könne. Auch der hessische Innenminister Peter Beuth, Parteikollege des Bundesministers, übte Kritik: "Schnellschüsse dieser Art untergraben nicht nur das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat, sie stellen die gesamte föderale Sicherheitsarchitektur in Frage".
Christian Linder, Vorsitzender der FDP, schaltete sich nun ebenfalls in die Diskussion ein und mahnte zu mehr Besonnenheit: "Die Zusammenarbeit der deutschen Sicherheitsbehörden muss verbessert werden" sagte er. Dabei dürfe eine Diskussion über die Kompetenzverteilung von Bund und Ländern "nicht künstlich tabuisiert werden".
Zentralisierung löse zwar nicht jedes Problem, doch sei "Kleinstaaterei umgekehrt auch kein Wert an sich". Die große Koalition sei in der Debatte nun "endgültig in Chaostage verfallen".
Zentralisierung und Bundeswehr im Inland
De Maizières Plan sieht vor, dass die Befugnisse des Bundeskriminalamtes (BKA) erweitert und die Landesämter für Verfassungsschutz aufgelöst werden. Ihre Aufgaben sollen dann beim Bund in einer Hand zusammenlaufen. "Kein Gegner unserer Verfassung strebt die Beseitigung der Verfassung in nur einem Bundesland an" erklärte de Maizière dazu.
Weiterhin soll die Bundespolizei mehr Fahndungsbefugnisse erhalten und sich auch verstärkt beim Schutz der EU-Außengrenzen engagieren. Für schwere Krisenfälle soll eine Institution im Sinne eines "zentralen operativen Krisenmanagements" geschaffen und die Bundeswehr zum bewaffneten Objektschutz im Inland herangezogen werden, etwa im Fall eines großen Terrorangriffes.
Im Übrigen umfasst das Papier eine Weiterentwicklung des Cyber-Abwehrzentrums, einen Mechanismus, um einen Massenzustrom von Flüchtlingen zu bewältigen, sowie eine Bundeszuständigkeit für die Rückführung abgelehnter Asylbewerber.
Ob die Ziele umgesetzt werden könnten, gilt als fraglich. Für eine Abschaffung der Landesverfassungsschutzämter wäre ein Einvernehmen mit den Ländern nötig, die Vorhaben könnten überdies eine Änderung des Grundgesetzes verlangen.
dpa/mam/LTO-Redaktion
Umbau des Sicherheitsapparates: . In: Legal Tribune Online, 04.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21665 (abgerufen am: 05.12.2024 )
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