Druckversion
Montag, 19.05.2025, 09:49 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/cannabis-legalisierung-bka-bericht-innenminister-imk-bmi-faeser
Fenster schließen
Artikel drucken
53636

BKA-Bericht im Auftrag der Innenminister: Straf­ver­folger graut es vor der Cannabis-Frei­gabe

von Hasso Suliak

15.01.2024

BMI-Chefin Nancy Faeser (SPD)

BKA-Bericht zu den Auswirkungen der Cannabis-Freigabe: Bundesinnenminister Nancy Faeser (SPD) will daran nicht mitgewirkt haben. Foto: picture alliance/dpa | Andreas Arnold

Wirbel um ein angebliches BMI-Gutachten: In einem vom BKA koordinierten Papier haben die Innenminister der Länder massive Bedenken am Cannabisgesetz zusammengetragen. Nancy Faesers Haus weist die Verantwortung für den Inhalt von sich.

Anzeige

Im Juni 2023 hatten sich die Innenminister der Länder auf ihrer Konferenz (IMK) mit der Thematik "Folgen der Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken" befasst und waren dabei unter anderem zu dem Ergebnis gekommen, dass sie diverse Erwartungen nicht teilen, die die Ampel mit dem derzeit im Bundestag beratenen Cannabisgesetz (CanG) verbindet. Unter anderem geht es um die Prognose, die Strafverfolgungspraxis werde durch die "Legalisierung" entlastet.

Um daher die aus ihrer Sicht tatsächlich zu erwartenden Anforderungen und den Aufwand für die Strafverfolgungs- und Ordnungsbehörden sowie weitere für die Umsetzung und Überwachung des CanG zuständigen Behörden zu benennen, gaben die Innenminister ein vertrauliches Gutachten in Auftrag, das seit Dezember vorliegt und dessen Inhalte nunmehr teilweise an die Öffentlichkeit gelangt sind. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat dieses Gutachten koordiniert. Es liegt LTO vor und kann hier heruntergeladen werden. Viele der in dem Papier zusammengetragenen Kritikpunkte waren bereits vor geraumer Zeit im Bundesrat geäußert worden.

"Aufwendungen in Form von Personal- und Sachkosten"

Der BKA-Bericht kommt nach einer "Gesamtschau" zu dem Ergebnis, "dass auf die Strafverfolgungs- und Ordnungsbehörden der Länder zusätzliche Aufgaben und Aufwendungen in Form von Personal- und Sachkosten zukommen werden, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht im Detail beziffert werden können". Aufgelistet werden in dem Papier eine Reihe von Aspekten, die die Bundesregierung bei der Ausarbeitung des CanG nicht im Blick gehabt habe. Unter anderem warnen die Innenminister vor Auswirkungen auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität (OK) und fordern, dass in Bezug auf cannabisbezogene Delikte eine konsequente Bekämpfung der OK weiterhin gewährleistet sein müsse. Bei der Berechnung des Erfüllungsaufwandes durch das Bundesgesundheitsministerium sei dies nicht mit berücksichtigt worden.

Die Höhe der zusätzlichen Aufwendungen werde dabei zum einen davon abhängen, in welchem Umfang die Möglichkeit zum gemeinschaftlichen, nicht-kommerziellen Eigenanbau von Genusscannabis angenommen werde (Aufwand für Genehmigung und Überwachung von Anbauvereinigungen). Zum anderen werde "die Intensität, mit der polizeiliche Kontrollen bezüglich der im Konsumcannabisgesetz (KCanG) festgelegten Konsumverbote als auch Verkehrskontrollen zur Feststellung von Fahrten unter Einfluss von Cannabis sowie Aufklärungs- und Präventionskampagnen zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit durchgeführt werden, die Höhe der zusätzlich anfallenden Kosten beeinflussen."

"Zudem bleibt der Gesetzentwurf zum kontrollierten Umgang mit Konsumcannabisprodukten in vielen Punkten unscharf", heißt es in dem Papier. Da davon auszugehen sei, dass die Regelungen des KCanG in den Landesverordnungen konkretisiert werden müssten, sei überdies mit "umfangreichen Abstimmungsverfahren zwischen den Ländern" zu rechnen, um sicherzustellen, "dass möglichst einheitliche Verfahrensregelungen in den Ländern etabliert werden".

Bei den Auswirkungen auf die Verkehrsüberwachung empfiehlt der BKA-Bericht nach einer Freigabe von Cannabis vermehrte Kontrollen: "Es erscheint sinnvoll, die Kontrolltätigkeit durch den Polizeivollzugdienst zumindest vorübergehend zu intensivieren, auch um deutlich werden zu lassen, dass Fahren unter dem Einfluss von Cannabis (und anderen Drogen) weiterhin verboten ist."*

BMI betont: "Kein Gutachten des Ministeriums"

Gegenüber LTO weist das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) ausdrücklich darauf hin, dass es sich nicht um ein Gutachten des Ministeriums handelt. Es reagierte damit auf eine Veröffentlichung der tageszeitung (taz), die am Montag von einem "internen Gutachten des Ministeriums" sprach. "Das Dokument ist ausdrücklich kein Gutachten des BMI. Vielmehr handelt es sich um einen Bericht im Auftrag der IMK. Das BKA hat den Bericht koordinierend erstellt, er gibt jedoch in erster Linie die aus den Ländern zusammengetragenen Positionen wieder", so ein Sprecher. "Das BMI hat in der IMK darauf hingewiesen, dass durch dieses Vorhaben des Bundesgesundheitsministeriums ein Auftrag aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt wird."

Die Befürchtungen und Bedenken der Länder allerdings nehme das BMI ernst, so der Sprecher. "Es hat sich im Gesetzgebungsverfahren dafür eingesetzt, dass Sicherheitsaspekten und dem Jugendschutz Rechnung getragen wird. So sollen durch das Vorhaben für die Organisierte Kriminalität keine vermeidbaren Einfallstore eröffnet werden und freiwerdende Kapazitäten bei Polizei und Justiz zugunsten der Kriminalitätsbekämpfung eingesetzt werden können. Daher sieht der Entwurf u. a. eine hohe Kontrolldichte und Überwachung sowie Abstandsregelungen zu Schulen und anderen Einrichtungen vor."

In der sog. Cannabis-Community wächst die Sorge, dass sich angesichts des Widerstandes einiger SPD-Politiker der Zeitplan der Cannabisfreigabe weiter verzögert. Im Bundestag war die Verabschiedung des CanG zuletzt von der SPD-Bundestagsfraktion gebremst  worden. Die drogenpoltische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion erklärte am Montag auf X, vormals Twitter, dass sie "diese irritierende Vielstimmigkeit innerhalb der SPD" nicht nachvollziehen könne. "Alle hatten lange genug Zeit, um Bedenken zu äußern. Ein guter und geeinter Entwurf liegt längst vor. Änderungsbedarf sehe ich nicht mehr. Wir sollten das CanG schnellstmöglich verabschieden."

*ergänzt am Tag des Erscheinens, 15:05 Uhr

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

BKA-Bericht im Auftrag der Innenminister: . In: Legal Tribune Online, 15.01.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53636 (abgerufen am: 19.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Strafrecht
    • Bundesrat
    • Bürokratie
    • Cannabis-Legalisierung
    • Drogen
    • Organisierte Kriminalität
Der angeklagte Staatsanwalt kommt in den Gerichtssaal im Landgericht Hannover 12.05.2025
Korruption

Angeklagter Staatsanwalt wehrt sich gegen Korruptionsvorwurf:

"Ich bin kein Maul­wurf"

Während seiner Zeit als Staatsanwalt soll Yashar G. Informationen an eine Kokain-Bande verkauft haben. Nun kam er im Prozess am LG Hannover selbst zu Wort – und wies die Vorwürfe entschieden zurück. Nicht er sei der Maulwurf im System.

Artikel lesen
BGH 06.05.2025
Cannabis-Legalisierung

BGH kassiert aufsehenerregenden Freispruch:

Sch­muggel von 450 Kilo­gramm Mari­huana kann doch bestraft werden

Der BGH hat den Freispruch eines Mannes aufgehoben, der 450 Kilo Marihuana geschmuggelt hatte. Die Ermittler waren ihm über verschlüsselte Encrochat-Nachrichten auf die Schliche gekommen. Zunächst profitierte er von der neuen Cannabis-Rechtslage.

Artikel lesen
Ian Mcdiarmid & Hayden Christensen 04.05.2025
Feuilleton

Star-Wars-Tag am 4. Mai:

Schei­ternde Demo­k­ratie im Star Wars-Uni­versum

Die Star-Wars-Filme erzählen nicht nur eine Geschichte über Jedi und Sith. Sie handeln auch vom Abstieg in die Autokratie und können ein mahnendes Lehrstück sein, warum Demokratien scheitern, so Melina Langenohl und Marvin Klein.

Artikel lesen
Der Angeklagte (r.), ein Staatsanwalt aus Hannover, kommt zum Auftakt eines Prozesses in einen Saal des Landgerichts Hannover 23.04.2025
Staatsanwaltschaft

Prozessauftakt in Hannover:

Hat ein Staats­an­walt die Justiz an die Koka­in­mafia ver­raten?

Yashar G. soll Informationen an eine Kokain-Bande verkauft haben - dafür steht der auf Drogenverfahren spezialisierte Staatsanwalt in Hannover vor Gericht. G. gibt sich kämpferisch. Es zeichnet sich ab, wie heikel der Prozess werden könnte. 

Artikel lesen
Kiffen 08.04.2025
Cannabis-Legalisierung

Cannabis-Teillegalisierung in Niedersachsen:

Kiffen kann bis zu 1.000 Euro kosten

Wer beim Cannabiskonsum in Sichtweite von Schulkindern erwischt wird, muss in Niedersachsen bis zu 1.000 Euro zahlen. Das sieht ein neuer Bußgeldkatalog des Landes vor.

Artikel lesen
Ulrich Mäurer (l.), Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Holger Münch (r.) bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik 02.04.2025
Innere Sicherheit

Polizeiliche Kriminalstatistik 2024:

Gewalt­de­likte auf neuem Höchst­stand

Die Zahl der Straftaten im Jahr 2024 hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht stark verändert. Gewaltdelikte, auch durch Kinder und Jugendliche, stiegen stark an. Ein auffälliger Trend in einem insgesamt sicheren Land, sagen Experten.

Artikel lesen
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von CMS Deutschland
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) für den Be­reich Wirt­schafts­straf­recht

CMS Deutschland , Stutt­gart

Logo von RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) als An­ge­s­tell­te oder in frei­er Mit­ar­beit

RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH , 100% Re­mo­te

Logo von Oppenhoff
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) al­le Fach­be­rei­che

Oppenhoff , Köln

Logo von FPS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH & Co. KG
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) für al­le Rechts­be­rei­che

FPS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH & Co. KG , Ham­burg

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Neu­rup­pin

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Frank­furt (Oder)

Logo von Wolters Kluwer
Ju­rist als Pro­dukt­ma­na­ger Print & On­li­ne (m/w/d)

Wolters Kluwer , Hürth

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Pots­dam

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Karriere-Powerworkshops "Erfolgsfaktor Personal Branding"

20.05.2025

Juristinnen netzwerken ... - After Work live in Köln

22.05.2025, Köln

Rechnungslegung in der Non-Profit-Organisation

20.05.2025

Online Info Session Jurastudium (LL.B., EjP)

21.05.2025

25. Düsseldorfer Insolvenztage 2025

22.05.2025, Düsseldorf

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH