Auch schlecht verdienende Eltern, deren Kinder in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht werden, können zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldsatzes verpflichtet werden. Das entschied das BVerwG am Mittwoch.
Geklagt hatte ein Vater gegen das Jugendamt seiner Stadt. Dieses hatte seine 17-jährige Tochter auf ihre eigene Bitte hin in einer Jugendhilfeeinrichtung in Obhut genommen und dafür monatlich mindestens 250 Euro aufgewandt.
Wenn Jugendämter auf ihre Kosten Kinder oder Jugendliche in Heimen oder bei Pflegeeltern unterbringen, sind die leiblichen Eltern, die während der Zeit der Unterbringung den Unterhalt sparen, grundsätzlich verpflichtet, sich an den entstehenden Aufwendungen durch Kostenbeiträge - gestaffelt nach ihrem Einkommen - zu beteiligen. Die Behörde verlangte daher vom Vater der 17-Jährigen, dessen Einkommen zu gering ist, einen Kostenbeitrag in Höhe des monatlichen Kindergeldes (164 Euro).
Zu Recht, entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), das am Mittwoch die Entscheidung der Vorinstanz aufhob und feststellte, dass der Mann für den Zeitraum der Inobhutnahme einen Kostenbeitrag in dieser Höhe zu leisten hat (Urt. v. 21.10.2015, Az. 5 C 21.14).
Inobhutnahme ist beitragspflichtige Leistung
Bei der Inobhutnahme handelt es sich nach Ansicht der Leipziger Richter um eine Leistung über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses im Sinne der gesetzlichen Vorschriften. Das beurteilt das BVerwG anders als die Vorinstanz, die davon ausgegangen war, dass die Vorschrift im Sozialgesetzbuch, auf welche sich das Jugendamt stützte, nur für Leistungen der Jugendhilfe gelte, nicht aber für (vorläufige) Maßnahmen mit Eingriffscharakter wie die Inobhutnahme. Für den 5. Senat des BVerwG hingegen weist die Inobhutnahme nicht nur den Charakter einer staatlichen Eingriffsmaßnahme auf, sondern enthält auch notwendige Leistungselemente, weil das Jugendamt zur Gewährung von Unterkunft, Verpflegung und sozialpädagogischer Betreuung gesetzlich verpflichtet sei.
Somit unterfalle die Inobhutnahme zwar nicht dem Leistungsbegriff, wie er in den ersten Kapiteln des achten Sozialgesetzbuchs verwendet werde. Doch finde sich im Kostenbeitragsrecht des achten Kapitels ein anderer, weiterer Leistungsbegriff, der auch die Inobhutnahme umfasse. Nach Ansicht der Richter hat der Gesetzgeber diese also in den Katalog der beitragspflichtigen Leistungen aufgenommen. Sie ist damit ein ausgleichsfähiger und ausgleichsbedürftiger geldwerter Vorteil.
Auch schlecht verdienende Eltern müssten, wenn sie kindergeldberechtigt sind, dazu zumindest den Kindergeldsatz aufbringen, so der 5. Senat. Diese Abschöpfung stelle, weil das Jugendamt schließlich die Kosten des Unterhalts für das Kind übernehme, die Zweckbindung des Kindergeldes sicher, dem Unterhalt des Kindes zu dienen. Außerdem werde eine Doppelfinanzierung durch die staatliche Gemeinschaft so vermieden.
ms/LTO-Redaktion
Auch bei Inobhutnahme: . In: Legal Tribune Online, 21.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17295 (abgerufen am: 03.12.2024 )
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