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14091

BVerfG zur Rolle der Kommunen bei Schulschließung: Sächsisches Schulgesetz teilweise verfassungswidrig

11.12.2014

Das BVerfG hat eine Vorschrift in Sachsens Schulgesetz für teilweise verfassungswidrig erklärt. Die in § 23a festgeschriebene Schulnetzplanung auf Kreisebene verstoße gegen das garantierte Recht der kommunalen Selbstverwaltung, teilte das Gericht am Donnerstag in Karlsruhe mit. Gemeinden müssten mitentscheiden können, wann Schulen geschlossen werden.

 

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Des sächsischen Schulgesetz (SchulG) weist in § 23a den kreisfreien Städten und den Landkreisen für ihr Gebiet die Aufgabe einer Schulnetzplanung zu. Der für die Jahre 2010 bis 2015 fortgeschriebene Plan, war vom Sächsischen Staatsministerium für Kultus genehmigt worden. Er sah unter anderem vor, eine Mittelschule zu schließen. Gegen diese Schließung setzte sich die betroffene kreisfreie Stadt Seifhennersdorf zur Wehr, weil sie sich durch die "Hochzonung" der Schulnetzplanung auf die Kreisebene in ihrem Recht auf Selbstverwaltung verletzt sah.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erklärte nun § 23a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SchulG für verfassungswidrig, da die Norm das Selbstverwaltungsrecht der kreisangehörigen Gemeinden nicht hinreichend berücksichtige. Städte und Gemeinden müssten mitentscheiden können, wenn es um die Schließung von Grund- und Hauptschulen gehe. Der betreffende Paragraph sei nicht mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) vereinbar (Beschl. v. 19.11.2014, Az. 2 BvL 2/13).

Kultusministerium will Entscheidung gründlich prüfen

Der Gesetzgeber dürfe den Gemeinden örtliche Aufgaben nur aus Gründen des Gemeinwohls entziehen. Dies sei hier nicht ersichtlich, zumal das bloße Ziel der Verwaltungsvereinfachung oder der Zuständigkeitskonzentration als Rechtfertigung eines Aufgabenentzugs ohnehin ausscheide. Auch andere Gründe, die eine Hochzonung der Schulnetzplanung für Grund- oder Hauptschulen rechtfertigen könnten, seien nach Meinung der Karlsruher Richter derzeit nicht ersichtlich.

Sachsens Kultusministerium kündigte in einer ersten Stellungnahme an, dass es zunächst die schriftliche Begründung der Entscheidung abwarten wolle. Diese müsse gründlich geprüft werden.

Gegen die Schließung der Schule hatten Eltern protestiert, indem sie von 2012 an den Unterricht für ihre Kinder selbst organisierten. Freiberufliche und pensionierte Lehrer betreuten die Schüler. Zuletzt waren es elf Sechstklässler, die bis zum Ende des vergangenen Schuljahres gegen den Willen der Behörden in Seifhennersdorf lernten. Neun der sogenannten Schulrebellen wechselten Anfang September an die Freie Oberschule in Rietschen. Der Ort liegt knapp 70 Kilometer von Seifhennersdorf entfernt.

dpa/age/LTO-Redaktion

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BVerfG zur Rolle der Kommunen bei Schulschließung: . In: Legal Tribune Online, 11.12.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14091 (abgerufen am: 17.11.2025 )

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