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23973

BVerfG zu Zwangsbehandlungen in Unterbringung: Gegen den Willen, gegen das Gesetz

von Maximilian Amos

16.08.2017

Spritze mit Medikament

© MG - stock.adobe.com

Wenn der Staat Medikamente zwangsweise verabreicht, gelten strenge Anforderungen - auch bei einer öffentlich-rechtlichen Unterbringung. Mit einer am Mittwoch veröffentlichten Entscheidung sorgt das BVerfG nun für Handlungsbedarf.

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Sollen im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Unterbringung zwangsweise Medikamente verabreicht werden, gelten dafür ebenso strenge Anforderungen wie im Maßregelvollzug. Dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss entschieden und damit gleich mehrere Länderregelungen als verfassungswidrig bezeichnet (Beschl. v. 19.07.2017, Az. 2 BvR 2003/14).

Die Beschwerdeführerin litt an halluzinatorischer Schizophrenie, weshalb sie in die geschlossene Abteilung eines Klinikums eingewiesen und auf richterliche Anordnung dort untergebracht worden war. Der Grund: Selbstschädigungsgefahr. Dort wurden ihr gegen ihren Willen - u. a. auch gewaltsam - Medikamente verabreicht.

Dies geschah auf Grundlage von § 23 des Psychischkrankengesetzes Mecklenburg-Vorpommern (PsychKG M-V), einer Norm, die seit dem 1. Juli letzten Jahres nicht mehr in Kraft ist. Zunächst wandte sich die Frau mit einer Beschwerde erfolglos gegen ihre Unterbringung, später dann gegen die Zwangsmedikation auf Grundlage eines Beschlusses des zuständigen Amtsgerichts. Dieses hatte im Hinblick auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des BVerfG bereits verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Diese bestätigten die Karlsruher Richter nun zur Gänze.

BVerfG überträgt Grundsätze aus Maßregelvollzug

Die frühere Regelung im PsychKG M-V sei verfassungswidrig gewesen, entschied der Zweite Senat und fand deutliche Worte für die unzureichende Grundlage, auf der Patienten gegen ihren Willen Medikamente verabreicht worden waren.

Jede zwangsweise Medikation stelle einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit und das diesbezügliche Selbstbestimmungsrecht des Patienten dar, auch wenn sie der Heilung diene. Somit bedürfe sie, wie jeder andere Eingriff auch, einer gesetzlichen Grundlage, die ihre Voraussetzungen regele. § 23 PsychKG M-V reichte in den Augen der Karlsruher Richter aber als Grundlage nicht aus.

Zu den Anforderungen an die gesetzliche Grundlage nahm das Gericht Bezug auf seine Rechtsprechung zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug. Für den Umfang des Grundrechtsschutzes dürfe es keinen Unterschied machen, auf welcher Rechtsgrundlage sich der Betroffene in der Unterbringung befinde, befanden die Richter. Sie müssten in allen Fällen gleich geschützt werden.

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  • Seite 1:

    Rechtsgrundlage für Unterbringung darf keinen Unterschied machen

  • Seite 2:

    Norm war in vielerlei hinsicht mangelhaft

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Maximilian Amos, BVerfG zu Zwangsbehandlungen in Unterbringung: . In: Legal Tribune Online, 16.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23973 (abgerufen am: 12.11.2025 )

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