Druckversion
Dienstag, 13.05.2025, 02:02 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/bgh-urteil-xizr54914xizr10115-widerruf-joker-vordruck-formular-sparkasse-verbraucherschutz-darlehen
Fenster schließen
Artikel drucken
18556

BGH zur Widerrufsbelehrung: Neue Ver­brau­cher­k­re­dit­ver­träge der Spar­kassen wirksam

23.02.2016

Widerrufsbelehrung (Symbolbild)

© blende11.photo - Fotolia.com

Die Sparkassen müssen in ihrer Widerrufsbelehrung zu Verbraucherdarlehensverträgen keine Hervorhebungen machen. Auch Ankreuzoptionen dürfen sie verwenden, entschied der BGH. Was bedeutet das für Altverträge - und den Widerrufsjoker?   

Anzeige

Die Revisionen eines Verbraucherschutzverbandes gegen von der Sparkasse verwendete Widerrufsbelehrungen bei Verbraucherdarlehensverträgen blieben am Dienstag erfolglos. Der u.a. für Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hält die von den Banken verwendeten Formulare für in Ordnung, auch die Ankreuzoptionen hielten der Prüfung in Karlsruhe stand (BGH, Urt. v. 23.02.2016, Az. XI ZR 549/14 und XI ZR 101/15).

Die Verbraucherschützer hatten geltend gemacht, dass die in den von den Sparkassen verwendeten Darlehensvertragsformularen enthaltenen Widerrufsinformationen nicht deutlich genug hervorgehoben seien. In dem Verfahren XI ZR 101/15 beanstandeten sie außerdem, dass die Information  Ankreuzoptionen enthalte - unabhängig davon, ob diese für den konkreten Kredit eine Rolle spielten. Dadurch lenke die Bank vom Inhalt der Information ab.

Hervorhebung nicht nötig, Ankreuzoption möglich

Zu der Frage nach den ausreichend hervorgehobenen Widerrufsrechten hat der Senat entschieden, dass jedenfalls seit dem 11. Juni 2010 keine Pflicht mehr besteht, die in einen Verbraucherdarlehensvertrag aufzunehmenden Pflichtangaben zum Widerrufsrecht hervorzuheben.  Diese Pflichtangaben müssten lediglich klar und verständlich sein - was nicht bedeute, dass sie hervorgehoben sein müssten, so die Karlsruher Richter unter Berufung auf den zu diesem Zeitpunkt eingeführten Art. 247 § 6 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 und 2 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB).

Auch Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB verpflichte den Verwender nicht zur Hervorhebung. Die Vorschrift spreche zwar von einer hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form der Angaben. Dies betreffe aber lediglich diejenigen Fälle, in denen es darum gehe, die Gesetzlichkeitsfiktion für die Widerrufsbelehrung zu erlangen. Diese Fiktion, dass die Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Vorgaben entspricht und damit wirksam ist, entsteht durch die freiwillige Verwendung eines Musters (gemäß Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB).

Auch die Ankreuzoptionen stünden dem Gebot der klaren und verständlichen Gestaltung einer formularmäßigen Widerrufsinformation in einem Verbraucherdarlehensvertrag nicht entgegen, so der BGH.

Verträge vor Juni 2010: bleiben widerrufbar

Für den Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Martin Wolters, der die Verhandlung in Karlsruhe verfolgte, ist das aber nur ein kleiner Etappensieg der Sparkassen. Verbraucher könnten weiterhin darauf hoffen, den nur bis Juni dieses Jahres noch möglichen Widerrufsjoker für den Ausstieg aus Kreditverträgen zu nutzen. Sogenannte Altfälle, also Verträge, die vor Juni 2010 geschlossen wurden, seien von dem Urteil nicht betroffen: "Der Vorsitzende stellte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich klar, dass sich die Entscheidung ausschließlich auf die Frage der Unterlassung der Verwendung dieser Formulare und nur auf die aktuelle Rechtslage bezieht".

Wer derzeit mit der Bank um den Widerruf kämpfe oder seinen Kredit noch widerrufen wolle, brauche sich keine Sorgen zu machen. "Die Chancen dafür sind weiter gut," kommentierte der Anwalt von mzs-Rechtsanwälte die Entscheidung gegenüber LTO. Er geht davon aus, dass von den zwischen November 2002 und Mitte 2010 geschlossenen Verbraucherkreditverträgen über 80 Prozent widerrufbar sind.

Ob das bundesweit von vielen Sparkassen nach Mitte 2010 verwendete Ankreuzsystem zum Stechen des sogenannten Widerrufsjokers führt, stehe noch nicht fest, so Wolters. Auch ob den Sparkassen ein Schaden in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags entsteht, bleibe nach den Entscheidungen vom Dienstag weiter offen.

pl/ms/LTO-Redaktion

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

BGH zur Widerrufsbelehrung: . In: Legal Tribune Online, 23.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18556 (abgerufen am: 14.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Bank- und Kapitalmarktrecht
    • Banken
    • Unterlassung
    • Verbraucherschutz
    • Vertragsrecht
  • Gerichte
    • Bundesgerichtshof (BGH)
Zigarettenautomat 02.05.2025
Rauchen

LG Heilbronn zu Warnhinweisen am Zigarettenautomaten:

Ein Auf­k­leber reicht

Ein Tabakgroßhändler muss nicht jede Auswahltaste eines Zigarettenautomaten mit Warnhinweisen versehen. Der Verbraucher benötige die Hinweise nicht: Seine Kaufentscheidung stehe schon vor dem Gang zum Automaten fest, so das LG Heilbronn.

Artikel lesen
Rauchwarnmelder 22.04.2025
Stiftung Warentest

Millionenverlust droht:

Stif­tung Waren­test zu Scha­dens­er­satz ver­ur­teilt

Ein "mangelhaft" von Stiftung Warentest kann Firmen Millionen kosten. Das LG Frankfurt verurteilte die Stiftung jetzt zum ersten Mal zu Schadensersatz wegen eines “unvertretbaren" Tests. Der Stiftung droht nun selbst ein Millionenverlust.

Artikel lesen
Eine Frau öffnet in Frankfurt am Main im Internet die Applikation FarmVille auf Facebook 27.03.2025
Facebook

Meta verliert vor dem BGH:

Ver­brau­cher­schützer dürfen Daten­schutz ein­klagen

Der BGH hat entschieden: Verbraucherschutzverbände dürfen Datenschutzverstöße zivilrechtlich verfolgen lassen. Ein jahrelanger Streit um Facebooks "App-Zentrum" stärkt nun den digitalen Verbraucherschutz.

Artikel lesen
Das Berliner Energieunternehmen GASAG, Berlin 24.03.2025
Verbraucherschutz

Klage der Verbraucherzentrale gegen "Zweiklassensystem":

Höhere Gas-Preise für Neu­kunden sind unzu­lässig

In der Energiekrise unterschieden Grundversorger teils zwischen Bestands- und Neukunden. Zu Unrecht, befand das Kammergericht. Auch krisenbedingt erhöhte Beschaffungspreise rechtfertigen nicht zwei Preise für die gleiche Leistung.

Artikel lesen
Ein Basketballspiel (Symbolbild) 20.03.2025
EuGH

EuGH zum Verbraucherschutz im Profisport:

Muss ein Bas­ket­ball­spieler seinem Aus­bil­dungs­be­trieb 1,6 Mil­lionen Euro zahlen?

Eltern schlossen für ihren minderjährigen Sohn einen Deal: Ein Unternehmen bildet ihn zum Profisportler aus, dafür muss er, wenn er erfolgreich wird, zehn Prozent seiner Einnahmen an das Unternehmen abführen. War das rechtsmissbräuchlich?

Artikel lesen
Eine Person tätigt eine Überweisung im Online-Banking (Symbolbild) 17.03.2025
Geldwäsche

OLG Frankfurt/Main zur Geldwäscheprävention:

Bank darf ver­däch­tige Buchung meh­rere Tage zurück­halten

Eine Frau erbt eine hohe Summe, doch die Bank will das Geld wegen Verdachts auf Geldwäsche nicht auszahlen. Mit anwaltlicher Hilfe kommt die Frau doch noch an ihr Geld. Die Anwaltskosten muss sie aber selbst tragen, sagt das OLG Frankfurt.

Artikel lesen
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von CLIFFORD CHANCE Partnerschaft mbB
Wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter*in­nen (m/w/d) - Frank­furt

CLIFFORD CHANCE Partnerschaft mbB , Frank­furt am Main

Logo von Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern
Ju­ris­ti­sche Mit­ar­bei­ter | Cor­po­ra­te/Ka­pi­tal­markt­recht | Frank­furt

Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern , Frank­furt am Main

Logo von Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern
Re­fe­ren­da­re | Cor­po­ra­te/Ka­pi­tal­markt­recht | Frank­furt

Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern , Frank­furt am Main

Logo von A&O Shearman
As­so­cia­tes (m/w/d)

A&O Shearman , Frank­furt am Main

Logo von Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum
Re­fe­rats­lei­tung (w/m/d) für das Re­fe­rat III 7 „Bör­sen­auf­sich­t“

Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum , Wies­ba­den

Logo von A&O Shearman
Re­fe­ren­da­re (m/w/d)

A&O Shearman , Düs­sel­dorf

Logo von A&O Shearman
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) im Be­reich Ban­ken­auf­sichts­recht/ Reg­Tech

A&O Shearman , Frank­furt am Main

Logo von CLIFFORD CHANCE Partnerschaft mbB
Re­fe­ren­dar*in­nen (m/w/d) - Düs­sel­dorf

CLIFFORD CHANCE Partnerschaft mbB , Düs­sel­dorf

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Karriere als Notar:in - Workshop der Bundesnotarkammer und der Notarkammer Koblenz

22.05.2025, Koblenz

Gesellschaftsrechtliche Gestaltung von Familienunternehmen

14.05.2025

Intensiv-Webinar zur RVG-Reform 2025: Richtig Ab- und Anrechnen in der Praxis

15.05.2025

Intensiv-Webinar zur RVG-Reform 2025: Richtig Ab- und Anrechnen in der Praxis

15.05.2025

Vermögensverwaltende Personengesellschaften

15.05.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH