Die Sparkassen müssen in ihrer Widerrufsbelehrung zu Verbraucherdarlehensverträgen keine Hervorhebungen machen. Auch Ankreuzoptionen dürfen sie verwenden, entschied der BGH. Was bedeutet das für Altverträge - und den Widerrufsjoker?
Die Revisionen eines Verbraucherschutzverbandes gegen von der Sparkasse verwendete Widerrufsbelehrungen bei Verbraucherdarlehensverträgen blieben am Dienstag erfolglos. Der u.a. für Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hält die von den Banken verwendeten Formulare für in Ordnung, auch die Ankreuzoptionen hielten der Prüfung in Karlsruhe stand (BGH, Urt. v. 23.02.2016, Az. XI ZR 549/14 und XI ZR 101/15).
Die Verbraucherschützer hatten geltend gemacht, dass die in den von den Sparkassen verwendeten Darlehensvertragsformularen enthaltenen Widerrufsinformationen nicht deutlich genug hervorgehoben seien. In dem Verfahren XI ZR 101/15 beanstandeten sie außerdem, dass die Information Ankreuzoptionen enthalte - unabhängig davon, ob diese für den konkreten Kredit eine Rolle spielten. Dadurch lenke die Bank vom Inhalt der Information ab.
Hervorhebung nicht nötig, Ankreuzoption möglich
Zu der Frage nach den ausreichend hervorgehobenen Widerrufsrechten hat der Senat entschieden, dass jedenfalls seit dem 11. Juni 2010 keine Pflicht mehr besteht, die in einen Verbraucherdarlehensvertrag aufzunehmenden Pflichtangaben zum Widerrufsrecht hervorzuheben. Diese Pflichtangaben müssten lediglich klar und verständlich sein - was nicht bedeute, dass sie hervorgehoben sein müssten, so die Karlsruher Richter unter Berufung auf den zu diesem Zeitpunkt eingeführten Art. 247 § 6 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 und 2 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB).
Auch Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB verpflichte den Verwender nicht zur Hervorhebung. Die Vorschrift spreche zwar von einer hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form der Angaben. Dies betreffe aber lediglich diejenigen Fälle, in denen es darum gehe, die Gesetzlichkeitsfiktion für die Widerrufsbelehrung zu erlangen. Diese Fiktion, dass die Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Vorgaben entspricht und damit wirksam ist, entsteht durch die freiwillige Verwendung eines Musters (gemäß Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB).
Auch die Ankreuzoptionen stünden dem Gebot der klaren und verständlichen Gestaltung einer formularmäßigen Widerrufsinformation in einem Verbraucherdarlehensvertrag nicht entgegen, so der BGH.
Verträge vor Juni 2010: bleiben widerrufbar
Für den Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Martin Wolters, der die Verhandlung in Karlsruhe verfolgte, ist das aber nur ein kleiner Etappensieg der Sparkassen. Verbraucher könnten weiterhin darauf hoffen, den nur bis Juni dieses Jahres noch möglichen Widerrufsjoker für den Ausstieg aus Kreditverträgen zu nutzen. Sogenannte Altfälle, also Verträge, die vor Juni 2010 geschlossen wurden, seien von dem Urteil nicht betroffen: "Der Vorsitzende stellte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich klar, dass sich die Entscheidung ausschließlich auf die Frage der Unterlassung der Verwendung dieser Formulare und nur auf die aktuelle Rechtslage bezieht".
Wer derzeit mit der Bank um den Widerruf kämpfe oder seinen Kredit noch widerrufen wolle, brauche sich keine Sorgen zu machen. "Die Chancen dafür sind weiter gut," kommentierte der Anwalt von mzs-Rechtsanwälte die Entscheidung gegenüber LTO. Er geht davon aus, dass von den zwischen November 2002 und Mitte 2010 geschlossenen Verbraucherkreditverträgen über 80 Prozent widerrufbar sind.
Ob das bundesweit von vielen Sparkassen nach Mitte 2010 verwendete Ankreuzsystem zum Stechen des sogenannten Widerrufsjokers führt, stehe noch nicht fest, so Wolters. Auch ob den Sparkassen ein Schaden in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags entsteht, bleibe nach den Entscheidungen vom Dienstag weiter offen.
pl/ms/LTO-Redaktion
BGH zur Widerrufsbelehrung: . In: Legal Tribune Online, 23.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18556 (abgerufen am: 06.10.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag