Druckversion
Freitag, 1.12.2023, 15:12 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/bag-5azr14319-leiharbeiter-stammarbeiter-kein-equal-pay-ausgleich-ungleichbehandlung/
Fenster schließen
Artikel drucken
51889

BAG zum Gleichstellungsgrundsatz: Kein Equal Pay für Leih­ar­beiter

31.05.2023

Leiharbeiter in einem Lager (Symbolbild)

Leiharbeiter dürfen für die gleiche Arbeit schlechter bezahlt werden als Stammarbeiter, so das BAG, weil sie dafür auf anderem Wege kompensiert würden. Foto: Gorodenkoff/stock.adobe.com

Leiharbeiter dürfen für dieselbe Arbeit schlechter bezahlt werden als Stammarbeitnehmer des entleihenden Unternehmens, so das BAG. Diese Ungleichbehandlung werde schließlich auf anderem Wege kompensiert.

Anzeige

Leiharbeiter und Stammarbeitnehmer müssen nicht dasselbe Arbeitsentgelt für die gleiche Tätigkeit bekommen. Tarifverträge können dahingehend vom Gleichstellungsgrundsatz des Equal Pay abweichen. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) nach Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschieden und damit den Kampf einer Leiharbeiterin für mehr Lohn beendet (Urt. v. 31.05.2023, Az. 5 AZR 143/19).

Geklagt hatte eine Frau, die einem Einzelhandel als Kommissioniererin überlassen worden war. Ihr Lohn für diese Arbeit lag bei 9,23 Euro die Stunde. Vergleichbare Stammarbeiternehmer bekamen 13,64 Euro für dieselbe Arbeit. Sie verlangte im Nachhinein auf gerichtlichem Wege die Zahlung des entsprechenden Differenzbertrags.

Ihre Argumente: Die ungleiche Bezahlung sei nicht fair und verstoße gegen den Gleichstellungsgrundsatz des § 8 Abs. 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Hinzu komme, dass das auf ihr Leiharbeitsverhältnis anzuwendende Tarifwerk des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) und ver.di nicht mit Art. 5 Abs. 3 Leiharbeits-Richtlinie (RL 2008/104/EG) und der dort vorgeschriebenen Achtung des Gesamtschutzes der Leiharbeitnehmer vereinbar sei.

BAG: Ungleichbehandlung ausgeglichen

Schon die Vorinstanzen hatten die Klage der Frau abgewiesen. Auch der EuGH hatte sich bereits mit dem Fall im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens beschäftigt, das das BAG angestrengt hatte. In dem EuGH-Urteil aus Dezember 2022 heißt es, dass Leiharbeiter nur dann schlechter bezahlt werden dürfen als Stammbeschäftigte, wenn diese Ungleichbehandlung im Tarifvertrag ausgeglichen werde.

Einen solchen Ausgleich sieht das BAG in dem Fall der klagenden Leiharbeiterin, weshalb sie keinen Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt für gleiche Arbeit habe. Der Ausgleichsvorteil liege nämlich darin, dass sie auch in der verleihfreien Zeit ihr Entgelt bekomme. Das sehe das Tarifwerk der iGZ und ver.di vor und sei auch bei befristeten Verträgen wie dem ihren anwendbar. Dieses Tarifwerk genüge im Zusammenspiel mit den gesetzlichen Schutzvorschriften für Leiharbeitnehmer den Anforderungen der Leiharbeits-Richtlinie der EU.

Der Ausgleich sei ihr auch sicher und könne nicht einfach umgegangen werden. Außerdem habe der deutsche Gesetzgeber mit § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG für den Bereich der Leiharbeit zwingend sichergestellt, dass die Verleiher das Wirtschafts- und Betriebsrisiko für verleihfreie Zeiten tragen. Dazu komme, dass die tarifliche Vergütung von Leiharbeitnehmern staatlich festgesetzte Lohnuntergrenzen und den gesetzlichen Mindestlohn nicht unterschreiten dürfe, argumentierte das BAG. Man dürfe zuletzt auch nicht vergessen, dass nur in den ersten neun Monaten des Leiharbeitsverhältnisses vom Grundsatz des gleichen Arbeitsentgelts abgwichen werden dürfe, schloss das Erfurter Gericht.

Da die Frau in Anbetracht dieser Sachlage ausreichend kompensiert werde und ihr zudem ein gesetzlich ausreichender Schutz zukomme, habe sie keinen Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages, so das BAG.

cp/LTO-Redaktion

mit Material der dpa

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

BAG zum Gleichstellungsgrundsatz: Kein Equal Pay für Leiharbeiter . In: Legal Tribune Online, 31.05.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51889/ (abgerufen am: 01.12.2023 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Arbeitsrecht
    • Leiharbeit
    • Tarifverträge
  • Gerichte
    • Bundesarbeitsgericht (BAG)
19.10.2023
Tarifverträge

EuGH beanstandet Lufthansa-Tarifvertrag:

Eine dis­kri­mi­nie­rende Gleich­be­hand­lung

Lufthansa benachteiligt ihre Piloten in Teilzeit unangemessen, wenn diese für einen Bonus die gleiche Anzahl an Flugstunden leisten müssen wie vollzeitbeschäftigte Kollegen. Diese Regelung verstößt gegen Unionsrecht, entschied der EuGH. 

Artikel lesen
22.06.2023
Tarifverträge

EuGH-Urteil betrifft öffentliche Arbeitgeber:

Per­so­nal­ge­stel­lung ist keine Leih­ar­beit

Die Leiharbeitsrichtlinie gilt nicht für Dauerarbeitsverhältnisse. Arbeiten Beschäftigte durch Personalgestellung bei Dritten, ist das keine Leiharbeit, so der EuGH. Jörn Kuhn und Isabel Hexel erklären, was in dem Urteil steckt.

Artikel lesen
01.12.2023
Hintergründe

Nachahmung und Täuschung:

Ist Blu­esky der Platt­form X zum Ver­wech­seln ähn­lich?

Statt blauem Vogel nun blauer Himmel? Bluesky gilt als neuer aussichtsreicher Nachfolger von Twitter bzw. Elon Musks "X". Nicht zufällig fallen Ähnlichkeiten auf. Wieviel Altbekanntes darf in einer neuen Social-Media-Plattform stecken?

Artikel lesen
01.12.2023
Justiz

Das BVerfG muss entscheiden:

Bekamen kin­der­reiche Ber­liner Richter zu wenig Gehalt?

Die Familienzuschläge für Berliner Richter waren zwischen 2011 und 2020 zu niedrig bemessen. So sieht es jedenfalls das VG Berlin. Ob die geringe Besoldung auch verfassungswidrig war, hat nun – wieder einmal – das BVerfG zu entscheiden.

Artikel lesen
28.11.2023
Gil Ofarim

Sechster Verhandlungstag im Prozess gegen Gil Ofarim:

Die Hin­ter­gründe zum über­ra­schenden Geständnis

Im Prozess wegen falscher Verdächtigung führt das Geständnis Gil Ofarims zur Einstellung gegen Geldauflage, das Gericht sieht nur Gewinner, der Verteidiger verrät die Hintergründe und der Zentralrat der Juden spricht von großem Schaden. 

Artikel lesen
30.11.2023
Gil Ofarim

Resümee zum Prozess gegen Gil Ofarim:

Zer­ris­senes Bild und neue Fragen

Ofarim hat mit seinem Geständnis den Prozess beendet. Er hinterlässt ein zerrissenes Bild, tiefes Bestürzen und unbeantwortete Fragen, die neue Spekulationen ankurbeln. Linda Pfleger hat den gesamten Prozess beobachtet und zieht ein Resümee.

Artikel lesen
TopJOBS
Geld ver­die­nen als Te­le­fon­an­walt / Te­le­fon­an­wäl­tin

DAHAG Rechtsservices AG , 100% Re­mo­te

Voll­ju­ris­ten/-in (m/w/d) in der Qua­li­täts­­si­che­rung und im ope­ra­ti­ven...

Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit , Bam­berg

Wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter (m/w/d) al­le Fach­be­rei­che

Oppenhoff , Frank­furt am Main

Rechts­an­wäl­tin­nen und Rechts­an­wäl­te (m/w/d)

ALTENBURG , Ber­lin

Wis­sen­schaft­li­che*r Mit­ar­bei­ter*in für Rechts­po­li­tik und für das...

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag NRW , Düs­sel­dorf

Wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­beit (m/w/d) Ar­beits­recht

Gleiss Lutz , Frank­furt am Main

Jus­ti­ziar*in El­tern­zeit­ver­t­re­tung/ Voll­ju­rist*in

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag NRW , Düs­sel­dorf

Rechts­an­wäl­tin­nen und Rechts­an­wäl­te (m/w/d)

ALTENBURG , Ham­burg

Alle Stellenanzeigen
Veranstaltungen
Fachanwaltslehrgang Transport- und Speditionsrecht im Fernstudium/online

01.12.2023

Sundowner @ Osborne Clarke in der Winteredition - Besuche uns in Köln!

05.12.2023, Köln

A Taste of Heuking meets Christmas

07.12.2023, Köln

Montagskaffee: Strategisches Selbstmarketing beim Networking?

04.12.2023

RA-MICRO Basiswissen – der einfache Einstieg in RA-MICRO

04.12.2023

Alle Veranstaltungen
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH