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AG Bremen zu Steuerhinterziehung: Verkauf von Diebesgut muss versteuert werden

20.01.2015

Dieses Vergehen rächt sich doppelt: Ein Mann, der bereits wegen Untreue und Diebstahls verurteilt worden war, wurde am Dienstag vom AG Bremen zudem der Steuerhinterziehung für schuldig befunden. Auch Einkünfte, die mit Straftaten erzielt wurden, müssten dem Finanzamt angezeigt werden, so das Gericht. Die Verteidigung hält das für verfassungswidrig - will sich aber trotzdem nicht weiter wehren.

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Nach einer Verurteilung wegen Diebstahls von Prepaid-Telefonkarten im großen Stil hat das Amtsgericht (AG) Bremen einen 42 Jahre alten Mann auch noch wegen Steuerhinterziehung bestraft. So wurden am Montag aus einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten wegen Untreue und Diebstahls, die das Amtsgericht (AG) Bremen-Blumenthal bereits vor knapp einem Jahr verhängt hatte, eine Gesamtbewährungsstrafe von zwei Jahren und eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je zehn Euro (Urt. v. 19.01.2015, Az.: 87 Ls 700 Js 59980/13).

Der geständige Mann hatte seinem Arbeitgeber über Jahre hinweg große Mengen Telefonkarten gestohlen und diese verkauft, wodurch er 900.000 Euro "erwirtschaftet" hatte. Mehrere Jahre lang gab er gar keine Steuererklärungen ab, später nur eine solche für die Beschäftigung in dem Unternehmen. Als er sodann ein Haus bauen ließ, wurden die Finanbehörden aufmerksam und leiteten Ermittlungen ein. Das Finanzamt beziffert die seit 2005 geschuldete Einkommens-, Gewerbe-, und Umsatzsteuer auf rund 350.000 Euro.

Zu Beginn des Prozesses hatten sich Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Richter darauf geeinigt, dass die Strafe bei einem Geständnis nicht über zwei Jahre auf Bewährung hinausgehen werde. Verteidiger Jesko Trahms äußerte sich im Schlussplädoyer allerdings überzeugt, dass die Anklage wegen Steuerhinterziehung gegen den im Grundgesetz verankerten Grundsatz verstoße, niemand müsse sich selbst anzeigen: "Was hätte er denn deklarieren sollen?"

"Warum sollten gerade Straftäter keine Steuern zahlen müssen?"

Es sei unerträglich, dass der Staat einen Anteil aus Straftaten haben wolle. "Ich meine, dass das auch eine ethisch-moralische Frage ist", sagte Trahms. Der Fall müsste vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geprüft werden. Sein Mandant habe aber nicht die finanziellen Möglichkeiten, den Rechtsweg weiter zu beschreiten.

Richter Hans Ahlers widersprach dem in seiner Urteilsbegründung. Mit dem Verkauf der gestohlenen Telefonkarten habe der Angeklagte eine unternehmerische Tätigkeit begründet. Es sei nicht entscheidend, ob diese gegen das Gesetz sei oder gegen die guten Sitten verstoße. "Wäre es nicht auch unerträglich, wenn der ehrliche Kaufmann seine Einkünfte versteuern muss, der Straftäter aber nicht?", fragte er.

Grundsätzlich schütze das Steuergeheimnis gegen weitere Verfolgung. Eine Bewährungsstrafe sei möglich, weil der nicht vorbestrafte Mann geständig sei und einen Teil des Schadens zurückgezahlt habe.

dpa/avp/LTO-Redaktion

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AG Bremen zu Steuerhinterziehung: Verkauf von Diebesgut muss versteuert werden . In: Legal Tribune Online, 20.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14426/ (abgerufen am: 28.01.2023 )

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