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LG Münster zu Münsteraner Missbrauchskomplex: Lange Frei­heits­strafen für die Ange­klagten

06.07.2021

Der Hauptangeklagte wird von einem Beamten der Justiz zu seinem Platz im Gerichtssaal beim Verkündungstermin geführt

picture alliance/dpa/dpa pool | Guido Kirchner

Im Münsteraner Missbrauchskomplex hat das LG Münster ein Urteil gesprochen: Der Hauptangeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Auch auf die weiteren Angeklagten kommen lange Haftstrafen zu.

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Im Münsteraner Missbrauchskomplex ist der 28-jährige Hauptangeklagte Adrian V. wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern nach §§ 176, 176c Strafgesetzbuch (StGB) in 29 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt worden. Gleichzeitig ordnete das Landgericht (LG) Münster für den IT-Techniker die anschließende Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) an. Er gilt als Schlüsselfigur in dem am Dienstag beendeten Prozess mit vier weiteren Angeklagten (Urt. v. 06.07.2021, Az. 1 KLs 14/20).

Die Urteile für die anderen Männer lauten: zehn Jahre Freiheitsstrafe für einen Mann aus Hannover (36) für vier Fälle, elf Jahre und sechs Monate für einen 43-Jährigen aus Schorfheide in Brandenburg für fünf Fälle und zwölf Jahre für einen 31-Jährigen aus dem hessischen Staufenberg für sechs Fälle. Auch für diese Männer ordnete das Gericht die Sicherungsverwahrung an. Damit folgte es weitestgehend den Anträgen der Staatsanwaltschaft.

Wegen Beihilfe wurde die 46-jährige Mutter des Hauptangeklagten zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte auf sechs Jahre plädiert. Nach Überzeugung des Gerichts wusste sie, dass es in der Gartenlaube zum schweren sexuellen Missbrauch gekommen war. Sie hatte ihrem Sohn die Laube zur Verfügung gestellt. Wesentliche Beweismittel waren hierbei Chatverläufe und eine Aufnahme in der Laube bei einem Frühstück. "Sie wusste von der Pädophilie ihres Sohnes, sie war über den Missbrauch informiert", so das Gericht. Die Frau habe aber wohl nicht gewusst, dass die Männer die Opfer zum Teil für die Taten betäubt hatten.

Gewohnheitsmäßige und mitleidslose Taten

Bei der Urteilsbegründung beschrieb der Vorsitzende Richter Matthias Pheiler die zum Teil schweren Missbrauchstaten. "Das übersteigt alles, was dieser Kammer bislang vorgelegt wurde", sagte Pheiler in der Urteilsbegründung. Die Taten seien gewohnheitsmäßig und mitleidslos erfolgt. Die auf einem Video aus der Gartenlaube zu hörenden Dialoge hätten einen verstörenden Gesamteindruck hinterlassen, so das Gericht.

Münster ist neben Lügde und Bergisch Gladbach einer von drei großen Missbrauchsfällen der vergangenen Jahre in Nordrhein-Westfalen. Der Fall kam im Juni 2020 nach Ermittlungen in einer Gartenlaube ans Licht. Im Zuge dessen hatte es in mehreren Bundesländern und im Ausland Festnahmen gegeben. In dem Komplex wurden bereits fünf Männer zu Freiheitsstrafen verurteilt. Insgesamt wurden durch die Ermittler mehr als 50 Tatverdächtige identifiziert, von denen derzeit etwa 30 in Untersuchungshaft sitzen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann noch Revision eingelegt werden.

jb/LTO-Redaktion

Mit Materialien der dpa

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LG Münster zu Münsteraner Missbrauchskomplex: Lange Freiheitsstrafen für die Angeklagten . In: Legal Tribune Online, 06.07.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45392/ (abgerufen am: 30.03.2023 )

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