Das Gesetz zur Absenkung von Mindeststrafen bei Kinderpornografie ist seit einigen Wochen in Kraft. Eine aus dem Westerwald angeklagte Lehrerin kann jetzt davon profitieren.
Das Strafverfahren gegen eine Lehrerin aus dem Westerwald wegen Verbreitung, Erwerbs und Besitzes von Kinderpornografie ist eingestellt. Das teilte das Amtsgericht (AG) Montabaur mit (Beschl. v. 25.07.2024, Az. 2a Ls 2070 Js 44219/22). Eine am 28. Juni in Kraft getretenen Gesetzesnovelle habe dies ermöglicht.
Diese hatte das Mindeststrafmaß für die Verbreitung, den Abruf und Besitz solchen Materials gesenkt. Durch das vorherige Gesetz mussten auch Menschen bestraft werden, die etwa Nacktfotos weiterleiten, um Betroffene zu warnen oder ihnen zu helfen.
An Mutter der Schülerin weitergeleitet
Der Prozess gegen die Lehrerin wegen des Vorwurfs der Verbreitung von Kinderpornografie sollte Ende September am Amtsgericht Montabaur losgehen. Der Vorwurf: Verbreitung, Erwerbs und Besitz kinderpornografischer Inhalte nach §184b Strafgesetzbuch (StGB).
Der Fall sorgte schon seit Längerem für Aufsehen und hat auch das Justizministerium in Mainz beschäftigt. Die Lehrerin hatte einer Schülerin helfen wollen, nachdem die 13-Jährige intime Aufnahmen von sich gemacht und ihrem Freund geschickt hatte. Dieser soll das Video verbreitet haben, die Lehrerin bekam dies mit.
Daraufhin soll sie einen minderjährigen Schüler beauftragt haben, ihr dieses Video zu besorgen und per E-Mail zu übersenden. Diese habe sie dann ungeöffnet an die Mutter des Mädchens geschickt, damit diese bei der Polizei Anzeige erstatten konnte.
Die Staatsanwaltschaft Koblenz erhob Mitte Juli 2023 Anklage beim AG Montabaur gegen die Lehrerin. Ende vergangenen Jahres lehnte das Amtsgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens zunächst ab und begründete das damit, dass die Tatbestände der Besitzverschaffung im Fall des Videos nicht verwirklicht seien, weil die Lehrerin “in Erfüllung von dienstlichen und beruflichen Pflichten” gehandelt habe.
Gegen diesen Beschluss legte die Staatsanwaltschaft Beschwerde ein, Ende Januar wurde dieser schließlich vor dem Landgericht Koblenz aufgehoben.
Staatsanawaltschaft stimmt Verfahrenseinstellung zu
Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin begrüßt die Gesetzesänderung, für die sich eine breite politische Mehrheit starkgemacht hatte. Wie viele andere Experinnen und Experten, darunter auch Strafverfolger, hatte auch der FDP-Politiker in der Vergangenheit auf das Problem hingewiesen: Lehrkräfte mussten befürchten, wegen eines Verbrechens verurteilt zu werden, wenn sie lediglich die Eltern betroffener Kinder warnen oder eine weitere Verbreitung des Materials verhindern wollten.
“Ich bin daher froh, dass Bundesregierung und Bundestag erkannt haben, dass der Justiz in diesen besonderen Fällen wieder mehr Spielraum eingeräumt werden musste”, sagte Mertin der Deutschen Presse-Agentur. Der Minister betonte aber auch: “Die konsequente Verfolgung schwerster Straftaten zulasten von Kindern ist für mich unverhandelbar.” Dem widerspreche die Gesetzesänderung nicht.
Die Staatsanwaltschaft Koblenz und die Angeklagte hätten der Verfahrenseinstellung zugestimmt, berichtete das Gericht. Selbst, wenn in einer Hauptverhandlung ein Tatnachweis festgestellt worden wäre, wäre dem Beschluss des Schöffengerichts zufolge die Schuld der Lehrerin als so gering anzusehen, dass kein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung bestünde. Die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen der Angeklagten wurden der Staatskasse auferlegt.
dpa/xp/LTO-Redaktion
Korrektur von § 184b StGB: . In: Legal Tribune Online, 25.07.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55074 (abgerufen am: 13.12.2024 )
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