Eine Studie von Freshfields Bruckhaus Deringer, die am Dienstag veröffentlicht wurde, zeigt die Verschärfungen im Verbraucherschutz weltweit. Die Autoren Benedikt Wolfers und Michael Ramb erläutern im Interview, worauf Unternehmen sich einstellen müssen und was das für die Kanzleien bedeutet.
LTO: Ihre Studie erklärt den Verbraucherschutz zum stärker werdenden Risiko für Unternehmen. Warum?
Ramb: Weil die Belastungen zunehmen und zwar in zweierlei Hinsicht: Die Regelungen werden umfassender und die ihre Durchsetzung greift tiefer. Im klassischen Verbraucherschutz stand der einzelne Verbraucher einem Unternehmen gegenüber.
Die aktuelle Entwicklung in Deutschland geht aber hin zu Klagen von Verbraucherschutzorganisationen, ähnlich wie wir das von den NGOs im Umweltrecht kennen. In den USA hat die "class action" eine lange Tradition. In Deutschland und Europa gewinnt die Verbandsklage an Popularität.
"Neue Akteure, ganz unterschiedlich je nach Land"
LTO: Aber hier gleich von einem Paradigmenwechsel zu sprechen, führt das nicht zu weit?
Wolfers: Es ist ein Paradigmenwechsel. Denn wir erleben nicht nur mehr Regulierung und Durchsetzung, sondern auch eine Ausweitung des Verbraucherschutzes in neue Wirtschaftszweige. Früher war Verbraucherschutz der Schutz der Konsumenten vor Sicherheitsrisiken, beispielsweise im Lebensmittel- oder Pharmasektor.
Heute geht es dem Verbraucherschutz darüber hinaus um Risiken aus irreführender Werbung oder unfairer Preisgestaltung. Ein aktuelles Beispiel ist der Vorschlag eines Kleinanlegerschutzgesetzes von Bundesjustizminister Heiko Maas, mit dem er Verbraucher vor unseriösen und intransparenten Finanzprodukten schützen möchte.
Ramb: Ein weiteres anschauliches Beispiel kommt aus Großbritannien. Dort hat die Wettbewerbsbehörde unfaire Preisgestaltung bei Energieversorgern moniert. Denn um den Energieversorger zu wechseln, mussten Verbraucher sich, so der Vorwurf, durch undurchsichtige Preislisten arbeiten. Der Schutz des Verbrauchers ist also nicht mehr allein durch den Wettbewerb gewährleistet. Die britische Wettbewerbsbehörde CMA untersucht nun auch die Preisgestaltung nach Fairness.
LTO: Es treten also neue Akteure auf die Bildfläche?
Ramb: Ganz genau. Vom einzelnen Verbraucher erweiterten sich die Klagerechte auf Verbraucherschutzorganisationen, Verbände, NGOs, Wettbewerber und Behörden.
Wolfers: Diese Ausweitung ist wichtig für Unternehmen, denn sie müssen wissen, aus welcher Richtung Probleme auftreten können. Es macht einen gewaltigen Unterschied für einen Vorstand, ob er sich mit einem Wettbewerber einigen muss oder mit einer staatlichen Behörde.
Und die Durchsetzung ist von Land zu Land unterschiedlich. Während beispielsweise ein Verstoß im Lebensmittelbereich in Großbritannien von einer Behörde verfolgt wird, kann in Deutschland derselbe Fall durch einen Wettbewerber vor Gericht gebracht werden.
Désirée Balthasar, Freshfields-Studie: . In: Legal Tribune Online, 13.11.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13785 (abgerufen am: 03.12.2024 )
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