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Digitaler Nachlass: Was pas­siert nach meinem Tod mit meinen Daten?

Gastbeitrag von Dennis Ch. Fast

14.03.2022

Diverse elektrische Geräte - ein großer Teil des Lebens spielt sich digital ab

Passwörter, Anmeldedaten zu Benutzerkonten oder auch eine Geldanlage in Kryptowährung - solche Daten werden heute immer mehr. Die Frage nach der Regelung dieses digitalen Nachlasses gewinnt daher stetig an Bedeutung. Foto: rawf8/stock.adobe.com

Eigentlich ist vielen Internetnutzern klar, dass sie ihren digitalen Nachlass regeln müssen. Wie man das am besten macht, erklärt Rechtsanwalt Dennis Fast.

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Private E-Mail-Konten, Streaming-Angebote, eine Geldanlage in Kryptowährung oder die Pin zur Freigabe des Smartphones – vielen Internetnutzern ist inzwischen klar, dass sie auch ihr digitales Erbe regeln müssen. Aber wie? Laut einer Umfrage des Informations- und Telekommunikationsbranchenverbandes Bitkom haben 16 Prozent der Internetnutzerinnen und Internetnutzer ihren digitalen Nachlass vollständig bzw. 24 Prozent diesen zumindest teilweise geregelt. 53 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer sind sich zwar des Problems bewusst, haben aber noch keine Regelungen getroffen.

Als Schlagwort für das digitale Erbe hat sich im Sprachgebrauch der Begriff des digitalen Nachlasses etabliert. Er umfasst die Gesamtheit des digitalen Vermögens, also Urheberrechte, Rechte an Websites, Domains sowie sämtliche Vertragsbeziehungen zwischen Providern und dem Erblasser hinsichtlich der Nutzung des Internets selbst, aber auch hinsichtlich diverser Internetangebote und damit auch die Gesamtheit aller Accounts und Daten des Erblassers im Internet – so erklärte es etwa schon 2013 eine Stellungnahme des DAV.

Der digitale Nachlass unterliegt grundsätzlich der Gesamtrechtsnachfolge, wonach mit dem Tode einer Person deren Vermögen als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen übergeht, § 1922 BGB. Dies hat der Bundesgerichtshof im Jahre 2018 für den Nutzungsvertrag eines sozialen Netzwerks bestätigt (BGH, Urt. v. 12.07.2018, Az.: III ZR 183/17).

Um eine sinnvolle Regelung für den eigenen digitalen Nachlass zu finden, sollte sich jeder die Frage stellen: Sollen mein/e Erbe/n Zugang zu meinem digitalen Nachlass erlangen oder nicht? Und falls ja, wie kann ich meinen Erben den Zugang zum digitalen Nachlass gewährleisten?

Wenn man den Zugriff auf sensible Daten verhindern will

Soll der Zugang verhindert werden, da der Erblasser beispielweise intimste Einblicke in sein Privatleben durch seine nächsten Angehörigen fürchtet, kann er dies mithilfe einer sorgfältigen Planung seines Testaments unter Ausnutzung der erbrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten erreichen. In Abweichung von der gesetzlichen Erbfolge kann er einen Erben bestimmen, zu dem er Vertrauen hat und der Einblicke auch in höchstpersönliche Inhalte nehmen darf. In diesem Fall haben übergangene gesetzliche Erben, z.B. die eigenen Kinder, einen ordentlichen Pflichtteilsanspruch gegenüber dem Erben.

Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung in einer letztwilligen Verfügung bietet eine geeignete Lösung, um höchstpersönliche und intime Daten vor dem Zugriff durch die Erben zu schützen. Der Testamentsvollstrecker ist eine vom Erblasser im Testament eingesetzte Person, die seine testamentarischen Bestimmungen zu erfüllen hat. Mit der Annahme des Amtes nimmt der Testamentsvollstrecker i.d.R. den Nachlass in Besitz, wodurch die Erben bis zur Beendigung der Testamentsvollstreckung die Befugnis verlieren, auf den Nachlass zugreifen zu können. Im Rahmen testamentarischer Anordnungen kann der Erblasser dem Testamentsvollstrecker konkrete Handlungsanweisungen geben, wie der digitale Nachlass abzuwickeln oder zu verwalten ist. Beispielweise kann er verfügen, dass bestimmte Daten, z.B. intime Bilder, zu löschen oder bestimmte Vertragsbeziehungen zu kündigen sind. Der Erblasser hat für diesen Fall sicherzustellen, dass der Testamentsvollstrecker die Zugangsdaten zum digitalen Nachlass erhält.

Als weitere erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeit bietet sich die testamentarische Anordnung einer Auflage an. Mithilfe einer Auflage kann der Erblasser den Erben oder einen Vermächtnisnehmer verpflichten, Dateien zu löschen bzw. Vertragsbeziehungen zu kündigen, wobei sie eine vorherige Einsichtnahme in die Dateien oder Konten zu unterlassen haben. Das Problem dieser Gestaltungsmöglichkeit besteht aber darin, dass die Einhaltung der Auflage grundsätzlich nicht kontrolliert wird, wodurch der Wille des Erblassers konterkariert werden kann. Daher ist die Einhaltung der Auflage testamentarisch durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung abzusichern. Der Testamentsvollstrecker dient als Kontrollorgan für den Erblasser.

Wenn die Erben Zugriff auf die Daten erhalten sollen

Begehrt der Erblasser im Fall seines Todes, dass sein Erbe, Bevollmächtigter oder der eingesetzte Testamentsvollstrecker Zugang zu seinem digitalen Nachlass erhalten soll, sind ihm die Zugangsdaten zur Verfügung zu stellen. Zwar werden die genannten Personen aufgrund ihrer Rechtsstellung bei den jeweiligen Dienstanbietern einen Auskunftsanspruch bzw. ein Einsichtsrecht besitzen. Die Durchsetzung dieser Rechte kann sich bei Dienstanbietern mit Sitz im Ausland im Einzelfall als schwierig gestalten. Häufig werden die genannten Personen auch keinen Überblick haben, wo der Erblasser ein Benutzerkonto besaß. Insbesondere bei digitalen Vermögenswerten wie Kryptowährungen kann dies zu einem Verlust der Vermögenswerte und einer Schmälerung des Nachlasses führen.

Der sogenannte Private-Key wird hier als vererbbares Bezugsobjekt angesehen. Wird dieser Schlüssel nicht zur Verfügung gestellt oder geht dieser verloren, ist grundsätzlich auch das digitale Vermögen verloren. Eine Wiederherstellung wird nicht möglich sein. Insoweit erleichtert die Bereitstellung der Benutzerkonten und Daten die Abwicklung und Verwaltung des digitalen Nachlasses und des Erbes insgesamt.

Zunächst besteht für den Erblasser die Möglichkeit, die Zugangsdaten in seinem Testament oder der Vorsorgevollmacht selbst aufzulisten. Diese Vorgehensweise führt aber zu Problemen. Einerseits besteht die Gefahr, dass unberechtigte Dritte, beispielweise der Rechtspfleger bei der Eröffnung des Testaments, Kenntnis von den Zugangsdaten erhalten und unberechtigt auf die Daten des Erblassers zugreifen. Andererseits sind Zugangsdaten vor dem Hintergrund der Datensicherheit regelmäßig zu ändern. Werden die Zugangsdaten geändert, unterliegen das Testament oder die Vorsorgevollmacht einem stetigen Anpassungsbedarf. Dies verursacht bei einem notariellen oder hinterlegtenTestament zusätzliche Kosten und führt im Erbfall zur Unübersichtlichkeit.

Die digitale Vorsorgeurkunde mit Passwort

Auf dem digitalen Dienstleistungsmarkt werben daher diverse Anbieter damit, dass die Nutzer ihren digitalen Nachlass bei ihnen regeln können. Beispielweise kann der Nutzer bei diesen Anbietern, einen Begünstigten bestimmen, der im Erbfall einen Aktivierungscode erhält, der einen Zugriff auf die Zugangsdaten ermöglicht. Die Zugangsdaten werden in der Regel gegen ein monatliches oder jährliches Entgelt auf einem Cloud-Server gespeichert. Die Inanspruchnahme solcher Dienstleistungen birgt für den jeweiligen Nutzer mehrere Risiken. Die Sicherheit der Daten kann bei Anbietern mit Sitz im Ausland nicht gewährleistet werden. Die Nutzer sind dem Insolvenzrisiko des Anbieters ausgesetzt und eine staatliche Kontrolle wird meistens nicht existieren.

Als gangbarer Weg zur Regelung des digitalen Nachlasses ist eine digitale Vorsorgeurkunde zu empfehlen. Hier wird die Liste mit den Zugangsdaten verschlüsselt und mittels eines Masterpassworts geschützt und beispielweise auf einem lokalen Datenträger, z.B. einer externen Festplatte oder einem USB-Stick, gespeichert. Das Masterpasswort sowie der Ablageort der gespeicherten Zugangsdaten ist dem Erben oder dem Bevollmächtigten zugänglich zu machen.

Das Masterpasswort und der Aufbewahrungsort kann in der Verfügung von Todes wegen, der Vorsorgevollmacht oder in einer Anlage zu den beiden Dokumenten aufgeführt werden. Wird beispielweise die Vorsorgevollmacht mit einer Anlage zum digitalen Nachlass bei einem Notar verwahrt, können dem Notar konkrete Handlungsanweisungen aufgegeben werden, wann, an wen und unter welchen Voraussetzungen das Masterpasswort dem Bevollmächtigtem zur Verfügung gestellt werden soll. Der Datenträger selbst bleibt beim Erblasser – er sollte ihn allerdings sicher verwahren.

Dennis Ch. Fast ist angestellter Rechtsanwalt in der Kanzlei für Erbrecht und Stiftungsrecht in Brühl.

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Digitaler Nachlass: . In: Legal Tribune Online, 14.03.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47816 (abgerufen am: 08.11.2025 )

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