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LG Detmold beraumt Fortsetzungstermin an: Kli­maklage gegen VW geht in die nächste Runde

von Dr. Franziska Kring

09.09.2022

Das Bild zeigt eine trockene Landschaft, die die Auswirkungen des Klimawandels verdeutlicht und im Kontext der Klage relevant ist.

Dürre ist eine der Folgen des Klimawandels. Ist VW mit seinen Emissionen dafür mitverantwortlich? Foto: Bas Meelker  

Ein Landwirt fordert mehr Klimaschutz von VW – und kann einen Teilerfolg verbuchen: Das LG Detmold war zunächst skeptisch, nun aber geht das Verfahren nach entsprechenden Hinweisen im Februar 2023 weiter. 

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"Die Richter haben keine Zweifel daran geäußert, dass VW mit seinem klimaschädlichen Geschäftsgebaren für den verheerenden Zustand der Wälder und Böden des Klägers mitverantwortlich sein kann. Das ist ein erster Erfolg", so Roda Verheyen in einem von Greenpeace veröffentlichten Statement. Die Anwältin (Rechtsanwälte Günther) zeigt sich nach dem Beschluss des Landgerichts (LG) Detmold verhalten optimistisch. Sie vertritt Ulf Allhoff-Cramer, Bio-Landwirt aus Nordrhein-Westfalen, der von Volkswagen (VW) mehr Tempo beim Klimaschutz fordert. Greenpeace unterstützt die Klage. 

Das LG Detmold hat am Freitag entschieden, die mündliche Verhandlung am 3. Februar 2023 fortzusetzen (Beschl. v. 09.09.2022, Az. 01 O 199/21). Der Vorsitzende Richter Manfred Pohlmeier sprach nur eine Minute. Einen Teil der Klage – einen Antrag, mit dem VW prozentuale CO2-Senkungsvorgaben gemacht werden sollen – hielt er für "nicht bestimmt" genug. Ansonsten äußerte das Gericht nur an eher nachrangigen Teilen der Klage Zweifel. 

Danach hatte es nach dem ersten Termin im Mai 2022 noch nicht ausgesehen – die Kammer hatte der Klägerseite diverse rechtliche Hinweise erteilt, wie Pressesprecher Dr. Wolfram Wormuth LTO gegenüber mitgeteilt hatte. Unter anderen hatte das Gericht moniert, der Bio-Landwirt habe nicht hinreichend dargelegt, inwieweit er durch das Verhalten des Autobauers aktuell beeinträchtigt sei. 

Entsprechend dieser Hinweise hat der Landwirt jetzt seine Klageanträge geändert und ergänzt – und über diese neuen Anträge wird im kommenden Jahr verhandelt werden.  

Kläger: VW gefährdet geschäftliche Existenz 

Der 62-jährige Ökolandwirt aus dem Kreis Lippe betreibt mit seiner Familie einen Bioland-Hof mit Ackerbau, Kuhhaltung und Wald. Er wirft dem zweitgrößten Autokonzern der Welt vor, mit seinen Pkw und leichten Nutzfahrzeugen für ein Prozent des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich zu sein. Dadurch gefährde VW die Zukunft der Landwirtschaft generell und auch konkret seine geschäftliche Existenz, argumentiert der Mann. VW sei mitverantwortlich für erhebliche Schäden an seinem Hof und dem zugehörigen Wald und verursache so künftige finanzielle Einbußen. 

Mit seiner Klage will der Bio-Bauer unter anderem gerichtlich durchsetzen, dass VW den Verkauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren schon 2030 einstellt. Bislang ist das in Europa für 2035 vorgesehen. Zudem sollen maximal 17 Prozent der in den Jahren 2022 bis einschließlich 2029 insgesamt verkauften Fahrzeuge solche mit Verbrennungsmotoren sein. 

Der Kläger ist fest davon überzeugt, "dass die Klimakrise das Höfesterben massiv beschleunigt, weil Bauernfamilien unter den aktuellen Bedingungen nicht mehr über die Runden kommen". Allhoff-Cramer fordert Politik und Industrie auf, wirksam zu handeln, um die Klimaerhitzung zu bremsen. 

Bio-Bauer: "Nur wenige Rechtssubjekte auf der Welt sind für mehr Emissionen verantwortlich" 

Rechtlich argumentiert die Klägerseite mit einem Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 1 bzw. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Unter anderem sei sein Eigentum beeinträchtigt: An seinen Forst- und Landwirtschaftsflächen sei es bereits zu konkret messbaren Schäden gekommen, weitere Schäden seien durch immer heftiger werdende Klimafolgen zu befürchten.  

Der unzureichende Klimaschutz durch VW sei auch kausal für die Beeinträchtigungen, die Kausalkette sei in gut fassbare einzelne Teilschritte aufzugliedern: Konzernentscheidungen, Konstruktion, Produktion, Verkauf des Fahrzeugs, damit ausgestoßene Emissionen, Aufstieg in die Atmosphäre – dadurch ergebe sich der Mitverursachungsanteil des Autobauers am Klimawandel. 

Er wende sich auch an die richtige Beklagte: "Es gibt nur wenige Rechtssubjekte auf der Welt, die für mehr Emissionen verantwortlich sind", so der eindeutige Tenor in der "Ergänzung zur Klageschrift", die Greenpeace veröffentlicht hat. Die Konzernausrichtung und -strategie von VW sei "auf objektiv unzureichende und damit den Kläger schädigende Klimaziele gerichtet", heißt es weiter. 

VW: "Beispiellose" Maßnahmen zum Klimaschutz 

Das sieht der Autokonzern in seiner Stellungnahme indes vollkommen anders und verweist auf seine "beispiellosen" Maßnahmen zum Klimaschutz: Als einer der ersten Automobilhersteller habe sich VW 2018 zum Pariser Klimaabkommen bekannt und wolle spätestens 2050 bilanziell CO2-neutral sein. Dafür treibe der Konzern "eine der ambitioniertesten E-Offensiven der Automobilbranche voran" und investiere bis 2026 insgesamt 52 Milliarden Euro in die E-Mobilität. 

Allerdings sei es Aufgabe des Gesetzgebers, den Klimaschutz mit seinen weitreichenden Auswirkungen zu gestalten. "Auseinandersetzungen vor Zivilgerichten durch Klagen gegen einzelne dafür herausgegriffene Unternehmen sind dagegen nicht der Ort und das Mittel, um dieser verantwortungsvollen Aufgabe gerecht zu werden", heißt es in der Stellungnahme.  

Ähnlich hatte sich das LG Detmold im Verhandlungstermin im Mai geäußert. Nach Ansicht von VW hat der Landwirt die vom Gericht geäußerten Zweifel nicht ausgeräumt, deshalb bleibe die Klage weiterhin ohne Erfolg. Vertreten wird VW von der Kanzlei Posser Spieth Wolfers Partners aus Berlin. 

Greenpeace: "Das Zivilrecht ist hier völlig ausreichend" 

Diese Einschätzung teilt Greenpeace nicht: "Den Gesetzgeber braucht es in diesem Fall nicht: Mit seiner aktuellen Unternehmensstrategie treibt VW die Klimakrise maßgeblich voran. Die daraus resultierenden Dürren stellen die wirtschaftliche Existenz des Hofs von Herrn Allhof-Cramer in Frage. Deshalb haben wir beantragt, dass VW diese Störung einstellen und bis spätestens 2030 aufhören muss, Autos mit Verbrennungsmotoren zu verkaufen. Das Zivilrecht ist hier völlig ausreichend, so Dr. Benjamin Stephan, Verkehrsexperte von Greenpeace, gegenüber LTO.

Es sei sehr positiv zu bewerten, dass das LG etwa an dem Antrag zum Verbrennerausstieg bis 2030 keine Bedenken geäußert hätte, sagt Stephan. Auch habe es die Klarheit der Kausalkette, nach der VW mit seinen Emissionen den Klimawandel vorantreibt und so Herrn Allhoff-Cramer schädigt, nicht mehr infrage gestellt.  

Das einzig Negative aus der Sicht von Greenpeace sei es, dass fünf Monate bis zum Verhandlungstermin verstreichen. "Das mag im Gerichtsalltag üblich sein, vor dem Hintergrund der schnell voranschreitenden Klimakrise geht allerdings erneut wertvolle Zeit verloren", sagt Stephan.  

Weitere Klimaklagen anhängig 

Vor den Gerichten sind weitere Klimaklagen anhängig. Unter anderem klagen vor dem LG Braunschweig die beiden Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser und Roland Hipp gemeinsam mit der Klima-Aktivistin Clara Mayer gegen VW. Auch in dieser Klage geht es um den Verbrennerausstieg bis 2030. 

In Stuttgart und München sind zudem Klimaklagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen Mercedes-Benz und BMW anhängig. Am 13. September 2022 will das LG Stuttgart verkünden, wie es im Verfahren um den Verbrennerausstieg von Mercedes-Benz weitergeht. Möglich ist unter anderem eine Vorlage der Thematik beim Europäischen Gerichtshof.  

Mit Materialien der dpa

Beteiligte Kanzleien

Rechts­an­wäl­te Gün­t­her
Pos­ser Spieth Wol­fers & Part­ners

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LG Detmold beraumt Fortsetzungstermin an: . In: Legal Tribune Online, 09.09.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49587 (abgerufen am: 18.11.2025 )

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