Ein ehemaliger WissMit der Uni Köln soll Nacktbilder von Studentinnen ins Netz gestellt haben. Ein Amerikaner, der sie selbst eingestellt hatte, entfernte Nacktbilder gegen Geld. Und manchmal reicht der enttäuschte Ex für den wohl größten denkbaren Eingriff in die Intimsphäre. Der kann die Täter aber extrem teuer zu stehen kommen. Und das nicht nur finanziell, erklärt Niklas Haberkamm.
Aktuell sorgt ein Fall in den USA für Aufsehen, in welchem ein 28-jähriger Mann Nacktaufnahmen Dritter im Internet veröffentlichte und diese nur gegen Bezahlung wieder entfernte. Dem Mann ging es nicht nur um die Bloßstellung der Nackten, sondern um ein Geschäftsmodell: Auf der Internetseite ugotposted.com veröffentlichte er intime Fotos von Männern und Frauen, die er von deren ehemaligen Partnern bekam.
Die Persönlichkeitsrechtsverletzungen waren besonders schwerwiegend. Der Mann veröffentlichte dabei auch den Namen, den Wohnort, das Alter und einen Link zu den Facebook-Profilen der Betroffenen. Über eine andere Internetseite bot er den Betroffenen dann an, ihre Fotos von ugotposted.com gegen eine Zahlung von 350 Dollar wieder löschen zu lassen. Er wurde nach seiner Festnahme zu einer Gefängnisstrafe von 18 Jahren Haft verurteilt.
Auch in Deutschland kommt es immer wieder zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Veröffentlichungen von Nacktbildern im Netz. Zuletzt wurde ein 32-Jähriger in Köln angeklagt, weil er als Mitarbeiter der dortigen Universität Computer und Laptops, die ihm Studenten zur Verfügung stellten, systematisch nach Nacktaufnahmen durchsucht und dann ebenfalls ins Internet gestellt haben soll. Dass dem ehemaligen wissenschaftlichen Mitarbeiter in Deutschland eine vergleichbar hohe Gefängnisstrafe droht, wie sie in den USA verhängt wurde, ist zu bezweifeln. Dennoch drohen auch in Deutschland erhebliche zivilrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen.
Geldentschädigung für Eingriff in die Intimsphäre
Wer Opfer einer solchen Veröffentlichung im Netz wird, hat neben dem Anspruch auf Unterlassungs- und Beseitigung der Bilder auch einen Anspruch auf Geldentschädigung. Die unbefugte Veröffentlichung von Nacktbildern ist immer ein Eingriff in die Intimsphäre und damit eine besonders schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung.
Bei diesem häufig ungenau als Schmerzensgeldanspruch bezeichneten titulierten Geldentschädigungsanspruch handelt es sich um einen von der Rechtsprechung entwickelten Anspruch zum Ausgleich eines immateriellen Schadens bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen.
Ein solcher Schaden ist nach den Vorgaben in § 253 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen zu ersetzen. Eine gesetzliche Bestimmung, welche einen immateriellen Schadensersatz bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen vorsieht, gibt es aber nicht, insbesondere nicht in der dafür vorgesehenen Regelung des § 253 Abs. 2 BGB.
Um diese Regelungslücke zu füllen und die Interessen der Betroffenen von schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu wahren, sprang der Bundesgerichtshof in die Bresche. In der bekannten Herrenreiter-Entscheidung entschieden die Bundesrichter, dass demjenigen, der infolge einer Persönlichkeitsrechtsverletzung einen immateriellen Schaden erleidet, ein Geldentschädigungsanspruch zusteht (Urt. v. 14.02.1958, Az. I ZR 151/5).
2/2: Teure Rache: 25.000 Euro für Nacktbilder von der Ex im Netz
So war der Geldentschädigungsanspruch geboren, welcher heute als eigenständiger Rechtsbehelf anerkannt wird. Vom Schmerzensgeldanspruch nach § 253 Abs.2 BGB ist er in seiner Begründung mittlerweile losgelöst, gestützt wird er auf § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Art 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
Auf dieser Grundlage hat beispielsweise das Landgericht (LG) Düsseldorf einer Frau eine Geldentschädigung in Höhe von 5.000,00 Euro zugesprochen, obwohl diese selbst freiwillig als Model für Nacktbilder posierte. Eine Einwilligung, die Bilder von dieser nackten Tätigkeit später in einem Programmheft zu einer Kunstveranstaltung großformatig zu veröffentlichen, hatte das Model aber niemals erteilt. Das genügte dem LG, um von einem schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht auszugehen.
Nacktbilder von Dritten zu veröffentlichen, kann aber auch noch teurer werden. Nach dem Ende der Beziehung hatte ein Mann insgesamt drei Nacktaufnahmen seiner Ex-Freundin ins Internet gestellt. Das LG Kiel verurteilte ihn dafür zur Zahlung einer Geldentschädigung von insgesamt 25.000,00 Euro. Die Richter begründeten die Höhe des Schmerzensgeldes vor allem mit den Folgen der Veröffentlichung für die Ex-Partnerin. Es ist nicht möglich, die Bilddateien endgültig aus dem Internet zu entfernen, da die veröffentlichten Bilder von jedem beliebigen Dritten heruntergeladen und danach erneut zur Verbreitung freigegeben werden können. Die Bloßstellung kann demnach nie wieder mit absoluter Sicherheit behoben werden.
Wenn die Beziehung aus ist und das Nacktbild in der Welt
Einen anderen Menschen im Netz derart bloßzustellen, geht nicht nur ins Geld. § 201a Strafgesetzbuch (StGB) sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor, wenn von einer Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum - beispielsweise einer Umkleidekabine - befindet, unbefugt Bildaufnahmen, und damit auch Nacktbilder, hergestellt oder übertragen werden und dadurch der höchstpersönliche Lebensbereich verletzt wird.
Diese Strafrechtsnorm erfasst aber nur solche Sachverhalte, in denen sich die abgebildete Person in einer geschützten Umgebung, also nicht in der Öffentlichkeit befindet.
Häufig sind die Aufnahmen aber zunächst im Einverständnis mit dem Abgebildeten entstanden. In deren Veröffentlichung im Internet wollten die Fotografierten aber niemals einwilligen. In diesen Fällen greift § 33 Kunsturheberrechtsgesetz (KUG): Wer entgegen den §§ 22, 23 KUG ein Bildnis verbreitet oder öffentlich zur Schau stellt, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Handlungsbedarf besteht aber oft nicht erst, wenn die Nacktbilder schon veröffentlicht wurden. Droht der Ex-Partner mit der Veröffentlichung solcher Fotos, besteht eine Erstbegehungsgefahr und man kann im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch durchsetzen. Er untersagt die Veröffentlichung der Bilder und droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro an, wenn sie dennoch veröffentlicht werden.
Selbst wenn keine solche Drohung im Raum steht, kann man seinen Ex-Partner auffordern, intime Bilder aus der gemeinsamen Zeit herauszugeben bzw. endgültig zu löschen und damit die Gefahr einer späteren Veröffentlichung beseitigen. Mit Urteil vom 20. Mai 2014 entschied das Oberlandesgericht Koblenz, dass man nach dem Ende einer Beziehung grundsätzlich das Recht hat, vom ehemaligen Partner die Löschung intimer Foto- und Videoaufnahmen zu verlangen.
Der Autor Dr. Niklas Haberkamm, LL.M. oec. ist Partner der Kanzlei Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum in Köln. Er ist spezialisiert auf Medienrecht und dort insbesondere auf das Reputationsmanagement sowie den Schutz des Persönlichkeitsrechts.
Niklas Haberkamm, Nacktbilder im Netz : Das Geschäft mit der Scham und die zu teure Rache . In: Legal Tribune Online, 29.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15384/ (abgerufen am: 09.12.2023 )
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