Red Bull kann die Kombinationsmarke „Blau/Silber“ nicht für sich monopolisieren. Das entschied das EuG am Donnerstag. Warum Farbkombinationen trotzdem auch weiterhin dem Markenschutz zugänglich sind, erklärt David Ziegelmayer.
Im Salzburger Flachgau, in der Zentrale des Red Bull-Konzerns, wird man am Donnerstag wohl kein feierliches Zischen kohlensäuregeladener, blau-silberner Blechdosen vernehmen können. Seit Jahren steckt das Unternehmen viel Energie und Geld in die Sicherung seiner Markenrechte und eben auch seiner typischen Farben – und musste am Donnerstag eine herbe Niederlage einstecken.
Was war geschehen? 2005 und 2011 hatte das Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) zugunsten der Red Bull GmbH je eine Farbkombination aus Blau und Silber als Unionsmarke für Energy Drinks eingetragen, die nach dem Markenregister wie auf dem linken Bild ausieht.
EUIPO: nicht hinreichend präzise und einheitlich
Die Eintragungen enthielten im Falle der ersten Marke den Hinweis, dass der beantragte Schutz "die Farben Blau (RAL 5002) und Silber (Ral 9006) an sich" umfasse. Und: "Das Verhältnis der beiden Farben ist ungefähr 50%-50%". Im Falle der zweiten Anmeldung wurde (nur auf Englisch) beschrieben, dass die Farben „zu gleichen Teilen“ aneinander angrenzten. Das EUIPO teilte die Auffassung von Red Bull, dass diese Farbmarken durch Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hätten und trug die Marke ein.
In den Jahren 2011 bzw. 2013 beantragte die polnische Firma Optimum Mark jedoch beim EUIPO, die beiden Farbmarken für nichtig zu erklären – mit Erfolg: Im Jahr 2013 (bestätigt im Jahr 2014) versagte das EUIPO den Schutz unter anderem mit der Begründung, dass die Marken nicht hinreichend präzise und einheitlich seien, denn sie ließen verschiedenste Kombinationen (z.B. geometrische Formen oder Produktgestaltungen) der beiden Farben zu, die dann je nach Benutzung einen ganz unterschiedlichen Gesamteindruck vermittelten.
Doch Red Bull wäre nicht Red Bull, hätte es das K.O. in der ersten Runde akzeptiert. Das Unternehmen wandte sich mit einer Klage an das EuG. Am Donnerstag unterlagen die Österreicher jedoch, das EuG hat die Klage des Konzerns abgewiesen (Urt. v. 30.11.2017, Az. T 101/15, 102/15). Damit bleibt es bei der Löschung der Farbkombinationsmarke, die das Amt vorgenommen hatte.
2/2: EuGH: festgelegt und beständig verbunden
Das Urteil war auch in der Fachwelt lange erwartet worden, zumal die neue Unionsmarkenverordnung (die allerdings erst seit Oktober 2017 gilt) bereits deutlich präzisere Regelungen zum bisherigen "Neuland" der Kombinations-Farbmarkenanmeldung enthält, die insbesondere aus der Rechtsprechung des EuGH zu Farbmarken resultierten.
Der EuGH ging bislang zwar von der prinzipiellen Markenfähigkeit einer Mehrfarbenmarke aus. In seinem Grundsatzurteil Heidelberger Bauchemie (Urt. im Vorabentscheidungsverfahren vom 24. 06. 2004, Az. T-49/02 -Blau und Gelb) erkannte er erstmals die Zusammenstellung zweier Farben als ein Zeichen im Rechtssinne an, sofern "feststeht, dass diese Farben oder Farbzusammenstellungen […] sich tatsächlich als Zeichen darstellen und die Anmeldung eine systematische Anordnung enthält, in der die betreffenden Farben in vorher festgelegter und beständiger Weise verbunden sind."
Wenn die Farben hingegen bloß form- und konturlose zusammengestellt seien oder der Anmelder sie gar "in jeglichen denkbaren Formen" für sich in Anspruch nehme, sei die Anmeldung einer Zwei- oder Mehrfarbenmarke nicht möglich. Solche Darstellungen ließen nämlich zahlreiche unterschiedliche Kombinationen zu, die es dem Verbraucher nicht erlaubten, "eine bestimmte Kombination zu erkennen und in Erinnerung zu behalten, auf die er sich mit Gewissheit für weitere Käufe beziehen könnte, und auch den zuständigen Behörden und den Wirtschaftsteilnehmern nicht ermöglichten, den Umfang der geschützten Rechte des Markeninhabers zu kennen".
Eben vor diesem Hintergrund stellte das Amt an die Darstellung und Beschreibung der abstrakten Zweifarbenmarke „Blau/Silber“ im Fall Red Bull sehr strenge Anforderungen. Die Beschreibung in der Markenanmeldung, wonach die Farben im Verhältnis von "ungefähr 50%–50%" und einander gegenübergestellt auf dem Produkt erscheinen, hielten sowohl das Markenamt als auch die Beschwerdekammern und nun eben auch der EuG in seinem ersten Urteil dazu für nicht hinreichend präzise. Die Beschreibung lasse zahlreiche Erscheinungsbilder und Zuordnungen der Farben zu, so die Richter in Luxemburg. Mit anderen Worten: Red Bull hätte nicht nur zwei aneinandergrenzende Rechtecke, sondern jedwede 50-50-Nutzung seiner Farben für sich monopolisiert.
EuG: Ungefähr 50%/50% reicht nicht
Vergeblich brachte das österreichische Unternehmen vor, dass diese strenge Sicht die Registrierung einer zweifarbigen Marke letztlich unmöglich mache. Der EuG weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass zwar bei einer solchen Markenanmeldung das Prinzip "What you see is what you get" gelte – also genau das geschützt werde, was in Form der grafischen Wiedergabe zu sehen ist. Dieses Prinzip werde aber unterlaufen, wenn Red Bull versuche, durch die textliche Beschreibung den Schutzumfang durch die Hintertür zu erweitern; wenn nämlich angegeben werde, dass beide Farben beansprucht würden und ihr Verhältnis zueinander "ungefähr" 50% zu 50% betrage.
Dasselbe gelte für die Beschreibung der von Red Bull später "nachgeschobenen" Marke, bei der von "gleichen [Farb-An-]Teilen" die Rede war, die aneinander angrenzten. Hier kam dem englischen Begriff "juxtaposed" ("angrenzend", "nebeneinander", "kontrastierend“") aus der Markenanmeldung eine große Bedeutung zu: Denn dieser spreche nicht unbedingt für eine klare systematische Anordnung der Farben. Der Ausdruck sei daher ebenfalls nicht geeignet, die Anordnung beziehungsweise Marke eine klaren Konkretisierung der Anordnung bzw. Wiedergabe der Marke geeignet.
Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt, sofern Red Bull auf ähnliche Markenanmeldungen Dritter verweise: Im Unrecht gebe es bekanntlich keine Gleichheit.
Die Entscheidung hat weitreichende Folgen sowohl für schon existierende Kombinationsmarken, die von der Löschung bedroht sein können, als auch für die Praxis der Markenanmeldung. Man sollte sich tunlichst an die den (neuen) Wortlaut der unionsrechtlichen Regelungen halten, die eine Angabe der Farbkodierung zwingend vorschreibt. Und sich gut überlegen, ob zusätzlich eine weitere, optionale, aber ganz eindeutige Beschreibung aufgenommen wird, deren Fehlen Red Bull hier zum Verhängnis wurde.
Ob man sich im Salzburger Flachgau mit diesem Ergebnis zufrieden gibt, kann bezweifelt werden: Der Weg zum EuGH ist – beschränkt auf Rechtsfragen – noch möglich. Eine dritte Kombinationsmarke des Konzerns befindet sich außerdem im Register. Sie dürfte für weiteren Streit sorgen.
Der Autor David Ziegelmayer ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei LEXANTIS . Er ist als Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert auf das Marken- und Wettbewerbsrecht für Unternehmen.
David Ziegelmayer, EuG zur Farbkombinationsmarke von Red Bull: Ungefähr Blau/Silber verleiht noch keine Flügel . In: Legal Tribune Online, 30.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25781/ (abgerufen am: 27.04.2024 )
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