Rund ein Fünftel aller jungen Berufstätigen in der Rechtsbranche würde gerne bei Freshfields Bruckhaus Deringer arbeiten. Das ist eines von vielen Ergebnissen der aktuellen Young-Professionals-Studie des Trendence-Instituts.
Auf die Frage, bei welchem Arbeitgeber sie sich am ehesten bewerben würden, nennen 21 Prozent der Studienteilnehmer aus dem Bereich "Recht" Freshfields Bruckhaus Deringer. Auf den Plätzen 2 und 3 folgen CMS Hasche Sigle (17,4% der Nennungen) und Hengeler Mueller (14,4%).
Die Top-Ten der beliebtesten Arbeitgeber in der Kanzleibranche komplettieren Clifford Chance (14,3%), Linklaters (12,7%), Noerr (12,3%), Gleiss Lutz (12,2%) sowie mit etwas Abstand Luther (9,8%), Baker & McKenzie (9,7%) und White & Case (9,2%).
Insgesamt hatte die Trendence-Studie rund 10.000 Teilnehmer: Befragt wurden zwischen Mai und August 2016 Berufstätige aller Fachrichtungen und Branchen mit einer Berufserfahrung von bis zu zehn Jahren. Die Auswertung für den Bereich "Recht" bezieht sich laut Trendence auf Antworten von über 250 "Young Professionals", die aktuell bei einem Arbeitgeber aus der Branche arbeiten. Das sind zu 88 Prozent Juristen, es gibt aber auch einige Wirtschaftswissenschaftler darunter.
Work-Life-Balance: Schön wär's
Wenn die Associates wählen müssten, was für sie die wichtigste Eigenschaft eines Arbeitgebers ist, dann steht eine ausgewogene Work-Life-Balance an erster Stelle, gefolgt von attraktiven Arbeitsaufgaben und guten Karrieremöglichkeiten.
Dass Wunsch und Wirklichkeit auseinander klaffen, zeigen jedoch andere Teilergebnisse der Trendence-Studie. Die Mitarbeiter in den Kanzleien geben an, im Durchschnitt 62.200 Euro pro Jahr zu verdienen und dafür 45,7 Stunden pro Woche zu arbeiten. Diese beiden Werte sind im Vergleich mit den anderen Branchen, die Trendence analysiert hat, überdurchschnittlich hoch, und dürften in einigen Kanzleien noch deutlich übertroffen werden. Insgesamt arbeiten die jungen Berufstätigen in allen untersuchten Branchen rund 44,2 Stunden pro Woche und erhalten dafür ein Bruttojahresgehalt von 55.200 Euro.
Großkanzleianwälte gehören damit zu den bestverdienenden Berufstätigen in Deutschland - nur in der Finanzindustrie sind die Gehälter bei ähnlich starker Arbeitsbelastung laut der Studie inklusive Boni noch etwas höher.
Wunsch nach mehr Frauenförderung
Überdurchschnittlich viele Mitarbeiter in Kanzleien befürchten Benachteiligungen, wenn sie zugunsten der Familie beruflich kürzer treten. So stimmten 41,4 Prozent der Befragten der Aussage "Es wirkt sich negativ auf eine Karriere aus, wenn man sich Zeit für die Familie nimmt" zu. Über alle Branchen hinweg teilten nur 34,6 Prozent der Befragten diese Ansicht.
Während 17 Prozent aller Studienteilnehmer angaben, dass es in ihrem Unternehmen eine Frauenquote gibt, waren es im Bereich "Recht" nur 11,7 Prozent. Allerdings wünschen sich gerade die Angestellten in der Kanzleibranche eine stärkere Frauenförderung: Lediglich 43,5 Prozent der Kanzlei-Mitarbeiter halten eine Frauenquote für überflüssig – über alle Branchen hinweg waren es dagegen 52,1 Prozent, die nichts für eine Frauenquote übrig haben.
Dennoch: Überdurchschnittlich hohe Zufriedenheit
Trotz der Kritikpunkte gehören die Mitarbeiter in Kanzleien zu den zufriedensten und damit treuesten Angestellten in Deutschland. "Wir haben in diesem Jahr einen Brain-Drain-Index errechnet, um herauszufinden, in welchen Branchen die Unternehmen am ehesten Gefahr laufen, Mitarbeiter zu verlieren", sagt Holger Koch, Geschäftsführer von Trendence. "Dabei haben wir Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt gegenübergestellt: zum einen die Wechselwilligkeit der Young Professionals, zum anderen die Jobangebote, die sie bekommen."
Zwar sind immerhin 84 Prozent der Mitarbeiter in Kanzleien offen für einen neuen Job und knapp 17 Prozent suchen derzeit aktiv nach einem neuen Arbeitgeber, doch im Vergleich mit anderen Branchen sind das die niedrigsten gemessenen Werte.
Das Risiko, dass Angestellte ein Unternehmen oder eine Kanzlei verlassen, ist – zeitlich betrachtet – am höchsten bei Mitarbeitern mit drei bzw. fünf Jahren Berufserfahrung. "Das sind die Momente in der Karriere der Young Professionals, an dem der Wunsch nach einem Jobwechsel besonders hoch ist", sagt Koch.
Stressfaktor Chef
Berufstätige, die sich als "sehr unzufrieden" mit ihrem Job bezeichnen, sind fast siebenmal häufiger aktiv auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber als "sehr zufriedene" Mitarbeiter. Wenn Associates in Kanzleien unzufrieden sind, dann - wie die Berufstätigen der meisten anderen Branchen - in erster Linie mit ihrem Chef (33,9%). Erst mit deutlichem Abstand folgen mangelnde Wertschätzung (23,8%) und ein nicht ansprechendes Gehalt (23,5%).
Insgesamt aber sind 36 Prozent der Mitarbeiter in Kanzleien mit ihrem Arbeitgeber "sehr zufrieden". Dieser Wert wird nur von der Automobilindustrie übertroffen - und auch das nur minimal mit 36,1 Prozent.
Wer sich für einen Wechsel entscheidet, nennt übrigens nicht den Stress mit dem Chef als Grund, hat das Trendence-Institut herausgefunden. Ausschlaggebend ist vor allem der Wunsch nach einem Karriereschub und neuen Perspektiven.
Anja Hall, Trendence-Umfrage: Freshfields, CMS und Hengeler sind die beliebtesten Arbeitgeber . In: Legal Tribune Online, 18.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20883/ (abgerufen am: 26.04.2024 )
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