Vorhersehbare Schlappe für die NPD - das BVerfG hat einen Antrag abgelehnt, mit dem sich die Partei Verfassungskonformität bestätigen lassen wollte. Außerdem in der Presseschau: Wie Anwälte Richtern helfen könnten, wen das Leistungsschutzrecht betrifft, wer Voßkuhle verteidigt, was das BAG zu Altersgrenzen sagt und eine etwas andere Gerichtsreportage aus Russland.
BVerfG zu NPD-Antrag: Das Bundesverfassungsgericht hat wie erwartet den Antrag der NPD zurückgewiesen, mit dem die Partei feststellen lassen wollte, dass sie nicht verfassungswidrig ist. Für eine solche Feststellung fehle die Rechtsgrundlage. Sachliche Debatten über eine etwaige Verfassungswidrigkeit müsse die Partei hinnehmen, die Grenze zu einer unsachlichen Benachteiligung sei in der aktuellen Diskussion nicht überschritten. Die NPD kündigte an, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anzurufen. Es berichten die FAZ (Helene Bubrowski), die FR (Ursula Knapp) und die taz (Christian Rath).
Christian Bommarius (FR) kommentiert, der Antrag der NPD sei "dumm" und "unverschämt" gewesen, die Unzulässigkeit absehbar. Ein Hintergrundbericht von spiegel.de (Christina Hebel) ordnet den BVerfG-Beschluss hingegen als "kalkulierte Klatsche" ein, es sei von Anfang an das Ziel der NPD gewesen, vor den EGMR zu ziehen.
Weitere Themen – Rechtspolitik
"Special Master" am Zivilgericht: Der Bundesverfassungsrichter Reinhard Gaier schlägt in einem Gastbeitrag für die FAZ vor, in umfangreichen wirtschaftrechtlichen Streitigkeiten an den Zivilgerichten einen "Special Master" nach amerikanischem Vorbild zu beteiligen: Ein dritter Rechtsanwalt könnte das Gericht bei der Aufklärung des Sachverhalts unterstützen und sich um einen Vergleich zwischen den streitenden Parteien bemühen.
Leistungsschutzrecht: Die taz (Christian Rath) erläutert das neue Leistungsschutzrecht und betont, die Regelungen beträfen Suchmaschinen und ähnliche Dienste – für Blogger ändere sich hingegen nichts. Auch der Rechtsanwalt Mathias Schwarz befasst sich auf lto.de mit dem Leistungsschutzrecht. Er zeigt sich "zuversichtlich, dass es der Rechtsprechung gelingen wird, den genauen Anwendungsbereich" abzustecken.
Urheberrecht: Thomas Stadler (internet-law.de) setzt sich mit den Vorschlägen der Grünen zur Reform des Urheberrechts auseinander. Ob die Abmahnpraxis damit eingeschränkt werden könne, sei zweifelhaft, die Pläne zum Urhebervertragsrecht seien "enttäuschend". Hier fehle ein gesetzlicher Anspruch auf eine nach Art und Umfang der Werknutzung angemessene Vergütung, der unabhängig von der vertraglichen Vereinbarung gilt.
EU will Manager-Gehälter begrenzen: Nachdem die Schweiz per Volksentscheid entschieden hat, Manager-Gehälter zu deckeln, hat der EU-Binnenmarktkomissar Michel Barnier angekündigt, bis Ende des Jahres einen ähnlichen Vorschlag vorzulegen. Das berichtet die taz (Eric Bonse). Widerstand dagegen gibt es vor allem aus Großbritannien – wie die FAZ (Bettina Schulz) berichtet, sehen englische Banken mögliche Verstöße gegen die EU-Verträge.
Huber kritisiert IFRS: Die FAZ (Joachim Jahn) berichtet über eine Veranstaltung der Deutschen Nationalstiftung, auf der Juristen und Politiker über die internationalen Rechnungslegungsregeln IFRS diskutierten. Unter anderem kritisierte Bundesverfassungsrichter Peter Huber, dass damit Vorschriften einer privaten Organisation gälten – stattdessen müsse der Gesetzgeber entsprechende Standards erlassen.
Zwangsbehandlung und Patientenautonomie: Der Rechtsanwalt und Journalist Oliver Tolmein analysiert im Feuilleton der FAZ medizinrechtliche Neuerungen: Das Patientenrechtegesetz, das die Selbstbestimmung des Patienten betont und die Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches, die eine Zwangsbehandlung psychisch kranker Menschen ermöglicht, stünden im Widerspruch zueinander. In dieser Woche hatte zudem die baden-württembergische Regierung Eckpunkte für eine Reform vorgestellt, mit der psychisch kranke Menschen mehr Rechte und Behandlungsmöglichkeiten erhalten sollen.
Betreuungsrecht: Wie die SZ (Wolfgang Janisch) berichtet, will die Bundesregierung am Mittwoch einen Gesetzentwurf beschließen, um das Betreuungsrecht zu ändern. Demnach soll die Betreuungsbehörde künftig stärker beteiligt werden, wenn es um die Frage geht, inwiefern etwa psychisch kranke, geistig behinderte oder demente Menschen die Hilfe eines gesetzlichen Betreuers brauchen.
Weitere Themen - Justiz
Debatte um Voßkuhle: Christian Bommarius (FR) verteidigt den Verfassungsgerichtspräsidenten Andreas Voßkuhle, nach dessen Auftritt auf der Bundespressekonferenz. Voßkuhle habe lediglich "nochmals die Rechtsprechung zur Homo-Ehe erklärt" – und zwar "entspannt, präzise und sachlich". Die Aufregung erkläre sich vor allem aus dem Streit innerhalb der CDU, die sich nicht auf eine Haltung zur Homo-Ehe einigen könne. Jost Müller-Neuhoff (Tagesspiegel) kommentiert hingegen, Voßkuhle habe sich gegenüber Bundestagspräsident Norbert Lammert "im Ton vergriffen", in der Sache sei ihm jedoch nichts vorzuwerfen. Die Haltung des Bundesverfassungsgerichts zur Homo-Ehe lasse sich ohnehin schon aus den bisherigen Urteilen zur Lebenspartnerschaft ablesen.
EuGH zu Grundrechte-Charta: Auf der "Recht und Steuern"-Seite der FAZ analysiert der Rechtswissenschaftler Hans-Joachim Cremer die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, die Anwendung der EU-Grundrechte-Charta auszuweiten. Der EuGH setze damit seine bisherige Rechtsprechung fort, das gehe allerdings zu Lasten der mitgliedstaatlichen Gerichte.
BAG zu Altersgrenzen: Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge dürfen Altersgrenzen festlegen, wenn diese sich auf das gesetzliche Renteneintrittsalter beziehen. Das entschied das Bundesarbeitsgericht am Dienstag und lehnte damit die Klage eines Arbeitnehmers ab, der im Jahr 2007 mit 65 Jahren aus seinem Beruf in Rente gehen musste und darin eine Altersdikriminierung sah. Die SZ (Sibylle Haas) berichtet.
AG Dresden zu Neonazi-Gegner: Nachdem das Amtsgericht Dresden einen Demonstranten wegen schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung zu einem Jahr und zehn Monaten Haftstrafe verurteilt hat, liegt nun die schriftliche Begründung vor. Die lasse jedoch viele Fragen offen, heißt es in Berichten von spiegel.de (Julia Jüttner) und taz (Michael Bartsch). Hintergrund des Falles ist eine Kundgebung gegen Neonazis, die im Februar 2011 stattfand. Verteidigung und Staatsanwaltschaft haben Berufung eingelegt.
LG Düsseldorf – Messerstecher im Jobcenter: Vor dem Landgericht Düsseldorf beginnt heute der Prozess gegen einen Mann, der im September 2012 eine Mitarbeiterin des Neusser Jobcenters erstochen haben soll. Er ist wegen Mordes aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen angeklagt. Dazu Die Welt (Tim Röhn).
Wulff-Affäre - Glaeseker verteidigt sich: Wie die FAZ (Robert von Lucius) berichtet, könnte die Staatsanwaltschaft Hannover noch in dieser Woche Anklage gegen Olaf Glaeseker und Manfred Schmidt wegen Bestechung und Bestechlichkeit erheben. Glaeseker war der Sprecher des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, Schmidt ist Veranstaltungsmanager. Die Verteidigung Glaesekers weist die Vorwürfe zurück, eine entsprechende Stellungnahme, die Glaeseker der Staatsanwaltschaft übersandt hat, liegt der FAZ vor.
Ermittlungen gegen Windreich: Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ermittelt gegen fünf ehemalige und amtierende Vorstandsmitglieder des Windparkentwicklers Windreich AG wegen des Verdachts auf Bilanzmanipulation, Kapitalanlagebetrug, Marktpreismanipulation und Kreditbetrug, so die FAZ (Oliver Schmale). Das Unternehmen soll falsche Angaben in Jahresabschlüssen gemacht haben.
Nachbarschaftsstreit: Die SZ (Martin Wittmann) bringt eine Reportage über einen seit Jahren andauernden Nachbarschaftsstreit, den weder Polizei noch Justiz befrieden können.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Tschechien – Anklage gegen Präsident: Der tschechische Präsident Václav Klaus soll vor dem tschechischen Verfassungsgericht wegen Hochverrats angeklagt werden. Das beschloss der Senat kurz bevor die Amtszeit von Klaus am Donnerstag endet. Die taz (Sascha Mostyn) und die FAZ (Karl-Peter Schwarz) berichten. Hintergrund ist insbesondere eine umstrittene Amnestie, die Klaus zu Beginn des Jahres erlassen hatte.
USA – Prozesse um digitale Musik: Die Welt (Michael Pilz) befasst sich mit juristischen Streitigkeiten zwischen Plattenfirmen und Künstlern in den USA vor dem Hintergrund der Digitalisierung. Mit dem Trend zum Streaming gehe es letztendlich um die Frage, was aus dem geistigen Eigentum wird, wenn niemand mehr Musik besitzen will.
Das Letzte zum Schluss
Gerichtsreportage als Comic: Ein Gericht in Moskau hatte 2010 zwei Kuratoren zu Geldstrafen von etwa 3.750 und 5.000 Euro verurteilt, weil sie unter dem Titel "Verbotene Kunst 2006" eine Ausstellung mit missliebigen Werken gezeigt hatten. Nun erschien eine Gerichtsreportage zu dem Prozess – als Comic. spiegel.de (Carmen Eller) stellt das Werk vor.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 6. März 2013: NPD muss mit Verbotsdebatte leben – Anwälte könnten Richtern helfen – BAG zu Altersgrenzen . In: Legal Tribune Online, 06.03.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8272/ (abgerufen am: 11.05.2024 )
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