Der Bundesnachrichtendienst liefert Daten in großem Stil an den US-Geheimdienst NSA. Aber belegt dies eine Ausspähung in Deutschland? Außerdem in der Presseschau: Generalbundesanwalt Range kritisiert die bayerische Justiz, ein Überblick über die Berlusconi-Rechtslage und warum portugiesische Müllmänner betrunken arbeiten dürfen.
BND hilft NSA: Der Spiegel (Hubert Gude u.a., Zusammenfassung) meldete am Wochenende, dass der BND massenhaft Daten an den US-Geheimdienst weiterleitet, die der BND an der BND-Abhörstation Bad Aibling gewonnen hat. Wie u.a. die Montags-taz (Wolf Wiedmann-Schmidt) meldet, hat der BND dies inzwischen bestätigt, allerdings handele es sich dabei um reine "Auslandsverkehre", also um Daten von Telekommunikation im Ausland. Christian Rath (Montags-taz) wundert sich, warum die Regierung hierauf nicht schon lange hingewiesen hat. "Stimmt die BND-Interpretation vielleicht doch nicht? Oder hat der BND auch die Regierung erst jetzt informiert?"
Abhörabkommen gekündigt: Die Samstags-FAZ (Günter Bannas u.a.) meldet, dass zwei Abkommen mit den USA und Großbritannien aufgehoben wurden, die den ehemaligen Siegermächten seit 1968 erlaubten, deutsche Geheimdienste um Abhörhilfe zu bitten.
BAW und NSA-Überwachung: Die Bundesanwaltschaft prüft nach wie vor ein Ermittlungsverfahren wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit. Dabei hat sie jetzt die deutschen Geheimdienste und mehrere Bundesministerien um Auskunft gebeten, berichtet spiegel.de. Heribert Prantl (Montags-SZ) kritisiert dies als halbherzig: "Es geht der Bundesanwaltschaft offenbar nur darum, der öffentlichen Unruhe eine Schelle anzuhängen - und darauf zu warten, dass die Unruhe wieder abflaut, um die rechtlichen Prüfungen zu stornieren."
Datenuntreue: Der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) fordert die Einführung eines neuen Straftatbestandes der Datenuntreue, berichtet die Samstags-Welt (Thorsten Jungholt). "Wenn wir als Kunden unsere persönlichen Daten einem Unternehmen anvertrauen und dieses die Daten dann an die NSA weitergibt", solle das künftig wie eine Untreue bestraft werden.
G-10-Kommission: taz.de (Christian Rath) sprach mit Hans de With (SPD), dem Vorsitzenden der G-10-Kommission über die Kontrolle der Geheimdienste. "Wir haben nicht die geringsten Anhaltspunkte, dass wir in irgendeiner Weise ausgetrickst werden."
Weitere Themen – Rechtspolitik
Fluggastdaten: Neun europäische Innenminister, darunter Hans-Peter Friedrich (CSU), haben in einem Brief an das Europaparlament für die Einführung einer europaweiten Vorratsdatenspeicherung für Fluggastdaten geworben, berichtet die Montags-SZ (Javier Cáceres). Das Europaparlament hatte einen entsprechenden Kommissionsvorschlag im April vorläufig abgelehnt.
Schaar zu Online-Handel: Im Interview mit der Samstags-Welt (Hagen Seidel) spricht der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar über das Verbot der Profilbildung im Online-Handel, die in Deutschland nicht umgesetzte Cookie-Richtlinie und Intransparenz beim Scoring.
Papier zu Sicherheit und Föderalismus: Hans-Jürgen Papier, der Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichts, spricht mit der Montags-Welt (Jochen Gaugele) über die Aktualität der informationellen Selbstbestimmung, staatliche Schutzpflichten, ein Supergrundrecht auf Sicherheit, die Zulässigkeit der Vorratsdatenspeicherung, das notwendige Auslaufen des Solidaritätszuschlags, die Notwendigkeit einer erneuten Föderalismusreform mit Länderneugliederung und das Verhältnis der Politik zum Verfassungsgericht.
Weitere Themen - Justiz
BAW zu Mollath: Die Bundesanwaltschaft hat die Verfassungsbeschwerde von Gustl Mollath gegen seine fortdauernde Psychiatrie-Unterbringung in einer Stellungnahme für das Bundesverfassungsgericht unterstützt, berichtet taz.de (Christian Rath). Das OLG Bamberg habe nicht dargelegt, warum Mollath heute noch als gefährlich eingestuft werde.
BVerwG zu Doktortiteln: Im Fall des Physikers entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass ein Doktortitel nachträglich wegen Unwürdigkeit aberkannt werden kann, wenn der Inhaber des Titels später Forschungsergebnisse erfindet, meldet spiegel.de.
BGH zu Schwarzarbeit: Die Rechtswissenschaftler Christian Wolf und Hanna Schmitz besprechen auf lto.de das vorige Woche ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs zur Mängelhaftung bei Schwarzarbeit. Noch 2008 sei vom BGH ein Anspruch auf Mängelbeseitigung bejaht worden, was aber schon damals nicht überzeugt habe. Aufgrund einer neuen Rechtslage habe der BGH nun Ansprüche verneint und damit binnen fünf Jahren eine 180 Grad-Wende vollzogen.
BGH zu Gaspreisen: Ebenfalls vorige Woche hat der BGH eine Preisanpassungsklausel für Gaspreise beanstandet. Der Energieblog erläutert, dass das Urteil längst nicht für alle Gaslieferungsverträge gilt.
LAG Stuttgart zu Werkverträgen: Das Landesarbeitsgericht Stuttgart entschied, dass zwei IT-Spezialisten, die mit Werkverträgen bei einem IT-Dienstleister arbeiteten, in Wirklichkeit in das Unternehmen Daimler-Benz eingegliedert waren. blog.beck.de (Markus Stoffels) stellt das Urteil vor.
OVG Berlin-BB zu Informationsfreiheit: Ein Wahlbeobachter erstritt beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ein Grundsatzurteil zum Informationsfreiheitsgesetz. Danach ist das Gesetz im Bereich des diplomatischen Dienstes ungeschmälert anwendbar, berichtet die Montags-taz (Christian Rath).
LG München I zu Ärztebewertung: Ein Arztbewertungsportal muss einem Arzt, der mit einer Bewertung unzufrieden ist, nicht die Daten des Bewertenden herausgeben. Das entschied laut internet-law.de (Thomas Stadler) das Landgericht München I. Die Herausgabe der Daten sei sogar unzulässig.
Kita-Klagen: zeit.de (Parvin Sadigh) sprach mit dem Anwalt Thorsten Ruppel über Klagen auf einen Kinderbetreuungsplatz. Es komme immer auf die konkreten Lebensumstände an.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Italien – Berlusconi: Nachdem Ex-Regierungschef und Noch-Senator Silvio Berlusconi erstmals rechtskräftig strafrechtlich verurteilt wurde, versucht seine Partei, eine Justizreform und eine Begnadigung zu erzwingen, meldet u.a. die Montags-taz. focus.de (Eva Kallinger) gibt einen detaillierten Überblick über die Rechtslage in Italien.
USA – Manning: Der Spiegel (Hans Hoyng) kritisiert das Urteil des US-Militärgerichts, das den Wikileaks-Informanten Bradley Manning verurteilte: Die Anwendung des Spionagegesetzes von 1917 "in einem Fall, der weder mit Spionage noch mit Sabotage zu tun hat, ist ein Fall politischer Willkür". Er fordert die Begnadigung Mannings.
Türkei – Ergenekon: Am Montag wird ein Strafgericht in Silivri bei Istanbul die Urteile im so genannten Ergenekon-Prozess verkünden. 276 Offizieren, Politikern, Richtern und Journalisten wurde eine Verschwörung zum Sturz der Regierung vorgeworfen. Die Montags-SZ (Christiane Schlötzer) gibt ein Stimmungsbild im Vorfeld des Urteils.
Sonstiges
Kronzeugen-Regelung: blog.beck.de (Jörn Patzak) berichtet über eine Änderung der Kronzeugenregelung in § 31 BtMG, die seit 1. August in Kraft ist. Danach muss die offenbarte Tat mit der vom Kronzeugen verübten Tat in Zusammenhang stehen. Dies entspreche der bisherigen Auslegung und solle nur Missverständnisse vermeiden.
Embargo: Der Anwalt Stephan Müller gibt auf lto.de Tipps zum Umgang mit dem Handelsembargo gegen den Iran.
Kartell-Schadensersatz: Die Montags-FAZ (Corinna Budras) berichtet über einem Workshop zu kartellrechtlichen Schadensersatzklagen der private Universität European Business School und geht dabei auf alle Probleme der Rechtsdurchsetzung ein.
Photographieren im Restaurant: Der Anwalt Niklas Haberkamm erklärt auf lto.de dass das Fotografieren von Speisen im Lokal nicht unter Berufung auf das Urheberrecht oder das Kunsturhebergesetz verboten werden kann. Allerdings könne sich der Wirt dabei auf sein Hausrecht berufen.
Das Letzte zum Schluss
Alkohol bei der Arbeit: Ein Müllmann in Portugal war gekündigt worden, weil er bei der Arbeit in betrunkenem Zustand (2,3 Promille) einen Unfall erlitt. Ein Arbeitsgericht in Porto hat die Kündigung nun aber kassiert. "Unter Alkohol kann der Arbeiter die Widrigkeiten des Lebens überwinden und viel leichter Kühlschränke auf das Lastauto wuchten", hieß es zur Begründung. Das Urteil habe in Portugal kontroverse Diskussionen ausgelöst, berichtet die Montags-FAZ (Leo Wieland).
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 3. - 5. August 2013: BND hilft US-Kollegen – Bundesanwaltschaft hilft Mollath – Alkohol hilft bei der Arbeit . In: Legal Tribune Online, 05.08.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9285/ (abgerufen am: 30.04.2024 )
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