Der Vorschlag der SPD, Banken im Falle der Beihilfe zur Steuerhinterziehung die Lizenz zu entziehen, wird breit diskutiert. Außerdem in der Presseschau: Insolvenzrecht für Unternehmen, Libor, Ehegattensplitting, Leiharbeiter, ein Porträt des Rechtsanwalts Stefan Hambura, und wieso im Stadtarchiv München die Scheidung vor der Moral kommt.
Lizenzentzug für Banken: Über den Entwurf der SPD für eine Bundesratsinitiative, Banken im Falle einer Beihilfe zur Steuerhinterziehung die Lizenz zu entziehen, berichtet die SZ (Christoph Hickmann) in ihrem Wirtschaftsteil. Demnach solle "systematische Steuerhinterziehung" ins Kreditwesengesetz aufgenommen werden.
Die FAZ (Manfred Schäfers) skizziert im Wirtschaftsteil die ablehnende Reaktion der CDU. Sie warne vor dem langwierigen Weg bis zum notwendigen rechtskräftigen Urteil und den nicht absehbaren finanzwirtschaftlichen Folgen. Im Handelsblatt (Frank M. Drost / Donata Riedel) wird eine gemeinsame Erklärung der Deutschen Kreditwirtschaft zitiert, die befürchtet, dass auch Bankenbereiche in Mitleidenschaft gezogen würden, die nichts mit Kapitalanlagen zu tun hätten.
Andrea Rexer (SZ) kommentiert im Wirtschaftsteil: "Der Bankenwahlkampf läuft auf Hochtouren." Sie kritisiert aber auch, dass fünf Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise in Europa keine nennenswerten Maßnahmen für eine Kontrolle der Banken getroffen worden seien.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Korruption bei Ärzten: Die Debatte geht weiter: Sowohl das Bundesjustizministerium als auch die CDU fordern die Strafbarkeit von korrupten Medizinern, berichtet die FAZ (Andreas Mihm) auf ihrer Titelseite. Aus Sicht der Ärztevertretungen sei die unklare Abgrenzung zwischen erlaubtem und unerlaubtem Verhalten ebenso problematisch wie der Umstand, dass Ärztekammern die Approbation nichts selbst entziehen könnten. Man sei auf eine Kooperation mit den Gerichten angewiesen und dazu bereit.
Die FAZ (Joachim Müller-Jung) bringt ein Porträt von Helmut Henke, den "Medizinpolitiker" der CDU und Vorsitzenden des Marburger Bundes.
Nina von Hardenberg (SZ) kommentiert, eine Kriminalisierung von Korruption könne helfen, ebenso wichtig sei es aber, Vorteilsnahme gesellschaftlich zu ächten.
Insolvenzrecht für Unternehmen: Die SZ (Daniela Kuhr) stellt in ihrem Wirtschaftsteil das Vorhaben von Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger vor, Insolvenzverfahren für größere Unternehmen zu erleichtern. So soll es möglich sein, einen einzigen Insolvenzverwalter für mehrere Konzerngesellschaften zu benennen.
In einem Gastkommentar für das Handelsblatt kritisiert der Rechtsanwalt Christian Gerloff das im März 2012 überarbeitete Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) als zu anfällig für Missbrauch. Der volkswirtschaftliche Sinn einer Insolvenz, die Marktbereinigung, trete immer mehr in den Hintergrund. Es gebe keinen Anspruch auf Sanierung.
Neues Immobilienrecht: Die Immobilienbeilage der SZ (Andreas Remien) konstatiert die allgemeine Unzufriedenheit mit dem 2012 verabschiedeten neuen Mietrecht. Der Mieterbund halte die neuen Regelungen für systemwidrig, die Immobilienbranche fürchte um das Investitionsklima.
In einem Gastbeitrag in der Immobilienbeilage der FAZ befürchtet Jürgen Michael Schick, der Vizepräsident des Immobilienverbandes Deutschland, das Gesetz von 2012 sei erst der Anfang. Auch im steuerlichen Bereich sei mit Verschlechterungen zu rechnen.
Libor unter EU-Aufsicht: Das Handelsblatt (Ruth Berschens) berichtet vom Plan des EU-Binnenmarktkommissars Michel Barnier, bis Mitte 2013 ein Konzept vorzulegen, wie der Referenzzinssatz Libor nach den Manipulationen unter EU-Aufsicht gestellt werden kann.
Ehegattensplitting abschaffen: In einem Interview mit lto.de (Pia Lorenz) macht sich Nina Dethloff, Direktorin des Instituts für Deutsches, Europäisches und Internationales Familienrecht der Universität Bonn, dafür stark, "das antiquierte Ehegattensplitting" abzuschaffen. Ein zeitgemäßes Besteuerungssystem dürfe nicht mehr an der klassischen Ehe ansetzen.
Weitere Themen – Justiz
BAG – Leiharbeiter im KSchG: blog.beck.de (Professor Christian Rohlfs) bringt einen Vorbericht zu einer Verhandlung beim Bundesarbeitsgericht (BAG) zum § 23 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetzes (KSchG). Allgemeinen Kündigungsschutz genießen Arbeitnehmer ab einer Betriebsgröße von zehn Mitarbeitern. Bisher wurden Leiharbeiter in der ausleihenden Firma bei der Berechnung der Betriebsgröße nicht einbezogen. Dagegen ist der Kläger in zwei Instanzen erfolglos vorgegangen. Trotzdem hat das BAG die Revision zugelassen. Verhandelt wird am 24. Januar 2013.
OLG Karlsruhe – Tod ohne Doktorgrad: lawblog.de (Udo Vetter) berichtet über eine Entscheidung des OLG Karlsruhe, wonach der Doktorgrad eines Verstorbenen entsprechend der Vorgaben des Personenstandsgesetzes im Sterberegister nicht aufgeführt werden müsse. Das OLG Nürnberg habe die örtlichen Standesämter hingegen angewiesen, den Doktorgrad von Verstorbenen aufzunehmen.
LG Oldenburg – Klage gegen Hafengebühr: Der für den Tiefwasserhafen Jade-Weser-Port zuständige Hafenbetrieb Europort hat beim Landgericht Oldenburg Klage gegen die Realisierungsgesellschaft der Bundesländer Niedersachsen und Bremen erhoben, weil sie die Hafengebühren für überhöht hält, berichtet die FAZ (Christian Müßgens).
Christian Müßgens (FAZ) meint, der vor Gericht ausgetragene Streit sei ein Indiz für den harten Wettbewerb zwischen dem neuen Anbieter und Häfen wie Hamburg und Rotterdam.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Indien – Schnellgericht nach Vergewaltigung: In Indien wird ein Schnellgericht geschaffen, um das Verfahren gegen die sechs mutmaßlichen Vergewaltiger einer 23-jährigen Frau durchzuführen. Das berichtet die taz (Stefan Mentschel). Fünf von ihnen drohe wegen Mordes die Todesstrafe. Beim Sechsten werde geprüft, ob Jugendstrafrecht einschlägig sei.
Die FAZ (Christoph Hein) berichtet, der Vorsitzende Richter Altamas Kabir habe die Unschuldsvermutung bekräftigt und die Sorge geäußert, es könne zu keinem fairen Verfahren kommen.
Die SZ (Tobias Matern) bringt ein Interview mit der Journalistin Sonia Faleiro, die über die tief verwurzelte Verachtung gegenüber Frauen in Indien spricht, die sich dort pausenlos sexueller Belästigung ausgesetzt sähen.
Tschechien – Amnestie für Häftlinge: Heute berichtet die FAZ (Karl-Peter Schwarz) über den umstrittenen Schritt des tschechischen Premierministers Václav Klaus, 7.500 Strafgefangene, etwa ein Drittel der derzeit Inhaftierten, zu amnestieren.
Ungarn – Justiz contra Orbán: Die FAZ (Stephan Löwenstein) untersucht die zunehmend "selbstbewusste Judikative" Ungarns. Das Verfassungsgericht lasse der Regierung von Viktor Orbán die oft schlampig geschaffenen Gesetze nicht durchgehen und beanspruche für sich auch die Kompetenz, die Verfassung selbst zu prüfen.
USA – FTC und Google: Die US-Kartellbehörde Federal Trade Commission (FTC) erhebt nach 19 Monaten Untersuchung nicht mehr den Vorwurf, Google habe die Suchergebnisse zuungunsten konkurrierender Suchmaschinenanbieter manipuliert, berichtet spiegel.de. Allerdings müsse Google seinen Konkurrenten Zugriff auf Mobilfunk- und Tablet-Technologien seiner Tochter Motorola gewähren, die im Besitz von mehr als 17.000 Patenten sei.
Sonstiges
Porträt Stefan Hambura: spiegel.de (Jan Puhl) porträtiert den Hamburger Rechtsanwalt Stefan Hambura, der verschiedene Opfer der Flugzeugkatastrophe von Smolensk aus dem Jahr 2010 in Polen vertritt. Hambura versuche unter anderem zu klären, ob bei der Identifizierung weitere Leichen verwechselt wurden, wie es bei der Danziger Streikführerin Anna Walentynowicz geschehen sei.
Krechel liest aus "Landgericht": Die wöchentliche Videolesung auf zeit.de gestaltet diesmal Ursula Krechel mit einem fünfminütigen Auszug aus ihrem Roman "Landgericht".
Das Letzte zum Schluss
Erst die Scheidung, dann die Moral: Nach einer Änderung des Personenstandsgesetzes im Jahr 2009 dürfen Forscher standesamtliche Register großzügiger nutzen. Wie die SZ (Wolfgang Görl) im München-Teil berichtet, können jetzt im Stadtarchiv München die Heiratsurkunde von Bertolt Brecht und Marianne Zoff aus dem Jahr 1922 und das Scheidungsurteil des Landgerichts Berlin III aus dem Jahr 1927 neben weiteren Dokumenten eingesehen werden.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
(Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels.)
lto/ro
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 4. Januar 2013: Lizenzentzug für Banken – Korrupte Mediziner – Schnellgericht für Vergewaltigung in Indien . In: Legal Tribune Online, 04.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7903/ (abgerufen am: 30.04.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag