Das LG Berlin meint, die Mietpreisbremse sei verfassungswidrig. Außerdem in der Presseschau: Die Erfolgsquote bei gerichtlichen Asylverfahren steigt und in Dresden werden einem "Pegida"-Aktivisten zwei Sprengstoffanschläge zur Last gelegt.
Thema des Tages
LG Berlin zur Mietpreisbremse: Das Landgericht Berlin hält die Mietpreisbremse für verfassungswidrig. Wie die FAZ (Hendrik Wieduwilt), lto.de (Maximilian Amos) und die Welt (Michael Fabricius) berichten, hat das Gericht einen entsprechenden Hinweis gegeben. Allerdings wird die Frage nicht dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, weil sie nach neuerem Vortrag der Parteien nicht mehr entscheidungserheblich ist.
Die Berliner Richter sind der Auffassung, dass die Mietpreisbremse gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt. So treffe die Regelung Vermieter in unterschiedlichen Städten ungleich. Außerdem bevorteile das Gesetz Vermieter, die bereits früher eine überhöhte Miete eingenommen hätten.
Die BadZ (Christian Rath) erläutert das Zustandekommen der Mietpreisbremse und auch die nach wie vor bestehende Kritik an dem Gesetz. Allerdings habe, soweit ersichtlich, auch noch kein anderes Gericht die Mietpreisbremse dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt.
Rechtspolitik
Landesverrat: Auch netzpolitik.de (Markus Beckedahl) fragt jetzt, wo eigentlich die Reform des Landesverratstatbestands und die dabei vorgesehene Ausnahme für Journalisten bleiben. Der Autor ist einer der beiden Blogger, gegen die vor zwei Jahren wegen Landesverrats ermittelt wurde. Das Verfahren wurde später eingestellt.
Datenschutzrecht: Die FAZ (Hendrik Wieduwilt) weist darauf hin, dass eine Vielzahl von Unternehmen nach Angaben des Branchenverbandes Bitkom noch nicht auf die neuen Datenschutzregeln, die im Frühjahr nächsten Jahres umgesetzt sein müssen, vorbereitet ist. Ab Mai können die Aufsichtsbehörden Bußgelder verlangen, bemessen an bis zu vier Prozent des konzernweiten Umsatzes. 54 Prozent der befragten Unternehmen gaben jedoch an, die Regeln dann nur "teilweise umgesetzt" zu haben, weitere acht Prozent haben damit gerade erst begonnen.
In einem separaten Kommentar nennt Hendrik Wieduwilt das Ganze einen "Rechtsbruch mit Ansage". Es gebe zu viele unbestimmte Rechtsbegriffe und es fehle an Zeit und Ressourcen, jedenfalls in den kleineren Unternehmen.
Tarifeinheitsgesetz: Der Deutsche Beamtenbund will vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen das Tarifeinheitsgesetz vorgehen. Das meldet die SZ. Nach Auffassung des Verbandsvorsitzenden verstößt das Gesetz gegen Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention, die Garantie der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts muss das Gesetz ohnehin geändert werden. Die Karlsruher Richter haben dafür eine Frist bis Ende 2018 gesetzt.
NetzDG: Die FAZ (Thomas Thiel) berichtet auf ihren Seiten "Forschung und Lehre" über eine Veranstaltung an der Universität zu Köln, in der Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) mit Studenten über das Netzwerkdurchsetzungsgesetz diskutiert hat. Der Minister forderte dabei mehr Transparenz über die Qualifikation derjenigen, die bei den Unternehmen über die Löschungen entscheiden. Facebook beispielsweise hat eine 500 Personen starke Löschabteilung aufgebaut.
Brexit und EU: Wie nach dem Brexit die rechtliche Zusammenarbeit zwischen Großbritannien und der EU aussehen könnte, beleuchtet Rechtsprofessorin Gisela Rühl in der FAZ. Ein erster Schritt ist das Positionspapier, das kürzlich in London verabschiedet wurde und sich an den bisherigen europäischen Regelungen zur justitiellen Zusammenarbeit orientiert.
Justiz
Erfolgreichere Asylklagen: Die taz meldet, dass die Erfolgsaussichten von Flüchtlingen, die gegen ihre Asylbescheide klagten, deutlich gestiegen seien. Wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mitteilt, fallen mehr als 28 Prozent der Verwaltungsgerichtsverfahren zugunsten der Kläger aus.
VG Oldenburg zur Abschiebung nach Italien: Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat laut taz (Katharina Schipkowski) entschieden, dass eine Abschiebung nach Italien rechtswidrig ist. Flüchtlingen drohe in Italien, "bei einem Leben völlig am Rande der Gesellschaft obdachlos zu werden und zu verelenden", wird der Vorsitzende Richter Andreas Keiser zitiert.
LG Düsseldorf zum versuchten Geheimnisverrat: Das Landgericht Düsseldorf hat am Dienstag einen früheren Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz wegen versuchten Geheimnisverrats zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Das berichtet die FAZ (Reiner Burger). Der Angeklagte war mit der Beobachtung der gewaltbereiten Salafistenszene befasst gewesen. Er hatte gestanden, sich aus Langeweile in Internetchats als Islamist ausgegeben zu haben.
OLG München zu syrischen Islamisten: zeit.de meldet, dass das Oberlandesgericht München zwei Syrier zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt hat. Ihnen wurden die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland und Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz vorgeworfen.
GStA Dresden – Anklage wegen Sprengstoffanschlag: Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat einer Meldung von zeit.de zufolge Anklage gegen einen "Pegida"-Aktivisten erhoben, dem unter anderem versuchter Mord und das Herbeiführen von Sprengstoffexplosionen vorgeworfen werden. Er wird beschuldigt, im vergangenen Jahr zwei Sprengstoffanschläge auf die Fatih-Moschee und das Kongresszentrum in Dresden verübt zu haben.
Recht in der Welt
EuGH – Investitionsschutzverträge: Rechtsanwältin Alexandra Diehl befasst sich auf lto.de mit den Schlussanträgen des Generalanwaltes Melchior Wathelet im Vorlageverfahren Achmea, in denen er Schiedsklauseln in EU-internen bilateralen Investitionsschutzverträgen für europarechtskonform erklärt. Im Verfahren geht es um eine Vereinbarung zwischen der Slowakei und den Niederlanden. Zuvor hatten bereits das Oberlandesgericht Frankfurt und auch der Bundesgerichtshof keine Kollision mit dem Unionsrecht erkannt.
Südafrika – Oscar Pistorius: Laut spiegel.de wird der Fall Oscar Pistorius neu verhandelt. Am 3. November soll das höchste Berufungsgericht Südafrikas das gegen Pistorius verhängte Strafmaß prüfen. Dem Sprinter war die Tötung seiner Freundin vorgeworfen worden. Er hatte durch die geschlossene Badtür geschossen, weil er hinter der Tür einen Einbrecher vermutet habe.
Tunesien – Frauenrechte: Auch die SZ (Paul-Anton Krüger) berichtet jetzt über die Gesetzesänderung in Tunesien, die muslimischen Frauen künftig erlaubt, auch Andersgläubige zu heiraten. Außerdem wurde ein Gesetz verabschiedet, das Frauen besser vor Gewalt schützen soll.
Sonstiges:
Initiative zur Umbenennung des "Palandt": Auch der Tsp (Jost Müller-Neuhoff) befasst sich jetzt mit der Initiative eines Bremer Doktoranden, den "Palandt" wegen der Nazi-Verstrickungen des Namensgebers umzubennen. Heiko Maas unterstütze den Vorstoß, heißt es im Artikel.
Parteiprogramm AfD: Rechtsanwalt Robert Hotstegs ist auf lto.de – anders als der Bundesjustizminister – der Auffassung, dass das Parteiprogramm der AfD zu vage bleibe, als dass man es eindeutig als verfassungswidrig bezeichnen könne. Der Autor geht die einzelnen Inhalte durch und meint, dass die entsprechenden Äußerungen von Heiko Maas eher als Wahlhinweis denn als juristische Prüfung zu werten seien.
CDU + CSU = Union? Anna Notz befasst sich auf verfassungsblog.de mit der Sonderrolle der CSU in der Bundesrepublik. Dabei wirft sie auch einen Blick auf das Klageverfahren einiger Bayern, die durchsetzen wollten, dass auch in Bayern die CDU gewählt werden kann.
Kritik an EM-Bewerbungsverfahren: Die SZ stellt in ihrem Sportteil die Kritik des früheren Bundesverfassungsrichters Wolfgang Hoffmann-Riem am Bewerbungsverfahren um die Ausrichtung der Fußball-Europameisterschaft 2024 dar. So habe die Uefa von den 14 deutschen Bewerberstädten beispielsweise verlangt, sich zu verpflichten, 500 Meter rund um die Stadien politische und religiöse Demonstrationen generell zu unterbinden. Nach Ansicht von Hoffmann-Riem sei eine solche Selbstverpflichtung "klar verfassungswidrig".
Spielhallenrecht: lto.de widmet sich den schärferen Vorgaben für Spielhallenbetreiber, die seit Anfang Juli gelten. Seit dem Inkrafttreten der Neuregelung seien nach Schätzungen 3.000 Klageverfahren gegen die neuen Auflagen anhängig.
Hans-Joachim Jentsch: Die FAZ (Reinhard Müller) würdigt den früheren Verfassungsrichter Hans-Joachim Jentsch anlässlich seines 80. Geburtstages, einen der wenigen Rechtsanwälte am Karlsruher Gericht.
Interview Leiterin JVA Moabit: Anke Stein, die seit Anfang September die Justizvollzugsanstalt Moabit in Berlin leitet, erzählt im Interview mit lto.de (Peggy Fiebig) von den Herausforderungen, die die neue Stelle für sie bringt, aber auch von der Motivation für ihre Arbeit.
Das Letzte zu Schluss:
Hustensaft – "Lappen" weg: Von der Erklärung des Fahrers, er habe lediglich Hustensaft zu sich genommen, ließ sich das Verwaltungsgericht Neustadt a.d. Weinstraße nicht beeindrucken, so lto.de. Weil der entsprechende Test geringe Mengen von Codein und Morphin in seinem Blut ergeben hatte, wurde der Führerschein umgehend entzogen. Da half es auch nichts, dass der Fahrer nach eigenen Angaben den Hustensaft auf Anraten seines Arztes getrunken hatte.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/pf
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 20. September 2017: Mietpreisbremse verfassungswidrig? / Stand der Asylverfahren / Anklage gegen "Pegida"-Anhänger . In: Legal Tribune Online, 20.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24603/ (abgerufen am: 06.05.2024 )
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