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VG Berlin: Kein Aus­schluss mitt­lerer Klassen vom Prä­senz­un­ter­richt

11.03.2021

Unterricht zu Hause

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In Berlin ist für die Klassen eins bis sechs sowie für die Abschlussklassen Präsenzunterricht möglich, die Siebt- bis Neuntklässler müssen dagegen zu Hause bleiben. Laut dem VG Berlin ist das rechtswidrig. 

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In Berliner Schulen werden mittlerweile wieder mehr Kinder im Klassenzimmer unterrichtet - bisher gilt das wegen der Pandemie aber nicht für Siebt- bis Neuntklässler. Das Berliner Verwaltungsgericht (VG) hat nun entschieden, dass ein Ausschluss einzelner Klassenstufen vom Wechselunterricht rechtswidrig ist. Das VG gab am Mittwoch mehreren Eilanträgen von sieben Schülerinnen und Schülern teilweise statt. Sie hatten erreichen wollen, dass die Klassen wieder voll besetzt werden. Sechs von sieben wollten auch durchsetzen, dass ein Mund-Nasen-Schutz nicht mehr Pflicht ist.

In diesen Punkten stimmte das Gericht nicht zu. Soweit einzelne Jahrgangsstufen jenseits der Primarstufe und der Abschlussklassen aber von der Präsenzbeschulung im Wechselmodell vollständig ausgeschlossen seien, erweise sich dies "als gleichheits- und deshalb rechtswidrig", teilte das VG mit (Beschl. v. 10.03.2021, Au. 3 L 51/21 u.a.).

Bislang sind nur die ersten bis sechsten Klassen zurück in der Schule, jeweils in verkleinerten Gruppen und im Wechsel mit digitalem Unterricht zu Hause. Auch für höhere Abschlussjahrgänge könne ein solcher Wechselunterricht bereits angeboten werden, erklärte das Gericht, allerdings nach Einzelfallentscheidung der jeweiligen Schule im Einvernehmen mit der Schulaufsichtsbehörde.

Berliner Bildungsgewerkschaft befürchtet steigendes Infektionsrisiko

Mit der Gerichtsentscheidung muss auch für die mittleren Stufen die Möglichkeit bestehen, mit Einzelfallentscheidungen den Wechselunterricht zu ermöglichen. Die Entscheidung gilt vorerst nur für die Schüler, die sich an das Gericht gewandt hatten.

Die Senatsverwaltung für Bildung hatte laut Gericht den Ausschluss der Mittelstufe etwa damit begründet, dass dort Abschlussprüfungen nicht unmittelbar bevorstünden und Kinder im Alter zwischen sechs und zehn Jahren ein geringeres Infektionsrisiko hätten. Gegen die Beschlüsse kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

Die Berliner Bildungsgewerkschaft GEW befürchtet nach der Entscheidung ein steigendes Infektionsrisiko an Schulen. "Ich finde diese Entscheidung sehr beunruhigend, weil die Inzidenz auch unter Jugendlichen steigt und die Pädagoginnen wenig geschützt sind", sagte der Berliner GEW-Vorsitzende Tom Erdmann am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Er sei skeptisch bei der Perspektive, dass die 7. bis 9. Klassen zurückkommen könnten. "Momentan ist es noch so ruhig an den Schulen, weil noch so wenige Schülerinnen und Schüler da sind."

Die Bildungsverwaltung müsse die Entscheidung des Gerichts umsetzen, sagte Erdmann. "Und jetzt müssen Lehrkräfte und die Erzieherinnen und Erzieher in den Schulen bestmöglich geschützt werden, zum Beispiel durch unbürokratische Impfangebote." 

Nun wächst der Druck auf die Bildungsverwaltung. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, Silke Gebel, forderte am Mittwochabend auf Twitter, Berlin müsse das Urteil schnell umsetzen, "also zu kommender Woche. Präsenz ist wichtig für soziales Miteinander & Bildung". Ein Sprecher der Bildungsverwaltung teilte am Donnerstag mit: "Wir werden nun umgehend die am Mittwochabend eingegangenen Beschlussbegründungen zu diesen Einzelfällen prüfen und dann zeitnah die entsprechenden Schlüsse ziehen."

dpa/acr/LTO-Redaktion

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VG Berlin: Kein Ausschluss mittlerer Klassen vom Präsenzunterricht . In: Legal Tribune Online, 11.03.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44470/ (abgerufen am: 08.06.2023 )

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