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Ankunft und Festnahmen in Frankfurt am Main: Mut­maß­liche IS-Anhän­ge­rinnen aus Lager in Syrien geholt

31.03.2022

Sitz des Generalbundesanwalts beim BGH in Karlsruhe

Die Bundesanwaltschaft wirft vier der Frauen unter anderem die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor.  - Bild: picture alliance / Uwe Anspach/dpa | Uwe Anspach

Die Bundesregierung hat zehn mutmaßliche deutsche Anhängerinnen des IS und ihre Kinder aus Syrien geholt. Festnahmen folgten direkt nach der Ankunft in Deutschland.

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Die Bundesregierung hat erneut mutmaßliche deutsche Anhängerinnen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und ihre Kinder aus einem Gefangenenlager in Syrien geholt. 27 Kinder und zehn Mütter seien am späten Mittwochabend mit einer Maschine am Frankfurter Flughafen gelandet, sagte ein Sprecher der Bundespolizei am Flughafen am Donnerstag auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur. Gegen mehrere der Frauen im Alter zwischen 23 und 36 Jahren habe ein Haftbefehl vorgelegen wegen des Verdachts der Begehung von Straftaten im Bereich Terrorismus. Sie wurden dem Sprecher zufolge bei ihrer Einreise am Flughafen Frankfurt am Main festgenommen. Die Bundespolizei war demnach unterstützend im Einsatz, vor Ort sei unter anderem auch das Jugendamt gewesen.

Die Kinder und Frauen seien in einer "äußerst schwierigen Aktion" am Mittwoch aus dem Lager Roj in Nordostsyrien zurückgeholt worden, hatte in der Nacht zum Donnerstag Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erklärt. "Die 27 Kinder sind letztlich Opfer des IS, und sie haben ein Recht auf eine bessere Zukunft fernab seiner tödlichen Ideologie, und auf ein Leben in Sicherheit, wie wir es auch unseren eigenen Kindern wünschen", sagte sie. "Die Mütter müssen sich für ihr Handeln verantworten. Einige von ihnen wurden direkt nach Ankunft in Deutschland in Haft genommen."

Die Frauen hatten sich dem IS angeschlossen. Gegen vier von ihnen hat der Generalbundesanwalt Haftbefehle erwirkt, gegen die weiteren Frauen ermittelten verschiedene Generalstaatsanwaltschaften. 

Erziehung nach IS-Ideologie, Zwang zur Sklavenarbeit

Die Bundesanwaltschaft wirft vier der Frauen unter anderem die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Beihilfe dazu sowie Verstöße gegen das Waffenrecht vor. Eine 36 Jahre alte Frau soll im Dezember 2014 ihrem Ehemann nach islamischen Ritus in die Türkei gefolgt sein, um in den Irak zum IS auszureisen. Vom Frühjahr 2015 an habe sich das Paar in Mossul aufgehalten, wo die Beschuldigte den Haushalt führte und die gemeinsamen Kinder im Sinne der IS-Ideologie erzogen habe. Die Familie lebte den Ermittlungen zufolge in einem Haus, dessen rechtmäßige Bewohner vor dem IS geflohen oder von diesem vertrieben worden waren.

In dem Haus habe das Paar eine große Zahl von Sprengstoff und Waffen gelagert, darunter Handgranaten, Sturmgewehre des Typs Kalaschnikow und eine Glock-Pistole. Sie sollen auch mit Genehmigung und gegen Bezahlung des IS eine Aufnahmestelle für alleinstehende weibliche IS-Angehörige eingerichtet haben. Diese Frauen sollen sie beherbergt, verpflegt, beim Heiraten und bei Scheidungen vor dem Scharia-Gericht unterstützt haben.

Dem Paar wird zudem vorgeworfen, 2015/16 eine jesidische Frau als Sklavin gehalten zu haben. Der Mann verübte den Ermittlern zufolge regelmäßig sexuelle Übergriffe gegen diese Frau. Seine Frau - die 36 Jahre alte Festgenommene - soll dies gewusst haben. Das Paar habe die Sklavin auch täglich zur unentgeltlichen Hausarbeit und Kinderversorgung gezwungen. Vermutlich im Herbst 2016 zog die 36-Jährige mit ihrer Familie - ohne die Jesidin - nach Syrien und lebte bis Anfang März 2019 im IS-Herrschaftsgebiet. Was aus dem Mann und den Kindern geworden ist, war zunächst unklar. 

Weiterer Haftbefehl des OLG Koblenz

Eine weitere Frau wurde aufgrund eines Haftbefehls des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz festgenommen. Die 27-Jährige soll im September 2014 "nach intensiver gemeinsamer Vorbereitung" zusammen mit ihrem Bruder und dessen nach islamischen Ritus verheirateter Frau sowie ihrer Schwester von Idar-Oberstein in das zu diesem Zeitpunkt vom IS kontrollierte Gebiet in Syrien gereist sein. Spätestens von Oktober 2014 an soll sich die Gruppe in der syrischen Stadt Rakka den Strukturen der terroristischen Vereinigung eingegliedert und dem Willen der Organisation unterworfen haben.

Die 27-Jährige habe zunächst einen Kämpfer des IS geheiratet und ihm zumindest moralische Unterstützung geleistet. Nach dessen Tod 2015 soll sie noch mindestens zwei andere Angehörige des IS geheiratet haben, die auch ums Leben kamen. Die Beschuldigte soll vom IS Geld für ihre Tätigkeiten bekommen haben und als Witwe versorgt worden sein. Sie soll auch ein Schnellfeuergewehr in ihrer Wohnung gehabt haben.

Der mit ausgereiste Bruder soll bei Kampfhandlungen in Syrien im Frühjahr 2015 gestorben sein. Seine Frau war bereits im März 2021 vom OLG Koblenz rechtskräftig zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Zur Schwester der 27-Jährigen machte die Generalstaatsanwaltschaft keine Angaben.

dpa/acr/LTO-Redaktion

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Ankunft und Festnahmen in Frankfurt am Main: . In: Legal Tribune Online, 31.03.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47999 (abgerufen am: 08.11.2025 )

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