Druckversion
Freitag, 23.05.2025, 01:12 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/ovg-hamburg-4bs148-17-g20-protestcamp-300-zelte-mehr
Fenster schließen
Artikel drucken
23375

OVG gibt Beschwerde teilweise statt: G20-Demon­s­tranten bekommen mehr Zelte

05.07.2017

Elbpark Entenwerder

Sebastian Koppehel, Wikimedia Commons, CC-BY 4.0; Zuschnitt und Skalierung durch LTO

Das "Antikapitalistische Protestcamp" anlässlich des G20-Gipfels darf 300 zusätzliche Zelte aufstellen. Dies entschied das Hamburgische Oberverwaltungsgericht. Beantragt hatte der Veranstalter allerdings das Fünffache.

Anzeige

Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat entschieden, dass der Anmelder der Veranstaltung "Antikapitalistisches Protestcamp - Alternativen zum Kapitalismus leben und sichtbar machen", deren Teilnehmer im Rahmen des in Hamburg stattfindenden G20-Gipfels protestieren wollen, 300 zusätzliche Zelte aufstellen darf (Beschl. v. 05.07.2017, Az. 4 Bs 148/17). 

Das Protestcamp sollte ursprünglich als riesige Zeltstadt mit rund 3.000 Zelten etwa 10.000 Versammlungsteilnehmer auf der großen Festwiese des Hamburger Stadtparks beherbergen, die sich an Demonstrationen rund um den G20-Gipfel beteiligen wollen. Nach einem vorangegangenen Rechtsstreit vor den Verwaltungsgerichten hatte man die Versammlung schließlich in den Elbpark Entenwerder verlegt.

Wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 28. Juni festgestellt hat, ist das Protestcamp vorsorglich den Regeln des Versammlungsrechts zu unterstellen. Einschränkungen seien aber zum Schutz der Grünanlage möglich, so das OVG in seiner Begründung. Untersagt werden könnten zudem u.a. solche Zelte und Einrichtungen, die allein der Beherbergung von Personen dienen sollten, welche anderweitig an Versammlungen teilnehmen wollten. Teilnehmern der Veranstaltungen des Protestcamps dienende Schlafzelte und versorgende Infrastruktureinrichtungen seien aber vorsorglich dem Versammlungsrecht zu unterstellen und als Teil der Versammlung zu behandeln.

Gefahr nicht hinreichend begründet

Die nun angemeldete Fläche ist nach Ansicht der Versammlungsbehörde grundsätzlich für die Errichtung eines Protestcamps geeignet. Die Zahl der Schlafzelte, von denen jedes 2-3 Teilnehmer beherbergen könne, sei aber auf 300 zu beschränken, weil damit für alle, die nach den räumlichen Kapazitäten der Veranstaltungszelte an den Veranstaltungen im Protestcamp teilnehmen könnten, auch eine Schlafmöglichkeit bestünde.

Vor dem Aufbau des Camps müsse der Veranstalter aber die Sicherheitsanforderungen nach den Vorgaben der Feuerwehr und des Bezirksamts erfüllen, da er kein eigenes Brand- und Unfallschutzkonzept vorgelegt habe, erklärten die Richter. Zudem müsse auch die Einhaltung der Hygienevorschriften sichergestellt sein.

Die Aufstellung von bis zu 300 Schlafzelten könne jedenfalls nicht im Hinblick auf mögliche Gefahren für Rechtsgüter von Dritten untersagt werden, führte das OVG weiter aus. Die Versammlungsbehörde habe nicht hinreichend begründet, warum der Elbpark Entenwerder trotz seiner Entfernung zur Innenstadt ein "möglicher naheliegender Ausgangspunkt für Blockaden von Protokollstrecken und sonstigen unter Sicherheitsaspekten sensiblen Punkten im Stadtgebiet" sein sollte. Die neu festgelegte Lage des Protestcamps im Elbpark Entenwerder sei daher nicht mit der ursprünglich angestrebten im Stadtpark zu vergleichen.

Keine weiteren Flächen des Parks zugewiesen

Das Verbot der Versammlung auf den übrigen Flächen des Elbparks Entenwerder sei aber gerechtfertigt, erklärte das Gericht. Der Veranstalter hatte deren Nutzung sowie die Aufstellung von 1.500 Zelten beantragt.

Dem folgte das OVG nicht. Der zugewiesene Bereich des Elbparks reiche für die Durchführung der Veranstaltung aus. Die vom Antragsteller beantragte Zuweisung von anderen Flächen des Elbparks sei im Hinblick auf deren größere Schutzbedürftigkeit als Grünanlage sowie der längeren Rettungs- und Fluchtwege abzulehnen.

Die Versammlungsbehörde kündigte unterdessen an, sie werde die Anmelder und die beteiligten Behörden umgehend zu Kooperationsgesprächen einladen. Im Vergleich zu dem ursprünglich angemeldeten Camp mit 10.000 Teilnehmern im Stadtpark ergebe sich ein deutlich verringertes Gefahrenpotenzial. Gleichwohl müssten sich die Stadt und die Polizei auf eine veränderte Sicherheitslage einstellen. Die Organisatoren des Protestcamps seien zweifelsfrei der gewaltbereiten autonomen Szene rund um die Rote Flora zuzurechnen. 

Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des OVG ist nicht möglich. Der Veranstalter, der mit seinem Antrag überwiegend unterlag, könnte sich lediglich mit einer Verfassungsbeschwerde wieder an das BVerfG wenden.

mam/LTO-Redaktion

Mit Materialien von dpa

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

OVG gibt Beschwerde teilweise statt: . In: Legal Tribune Online, 05.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23375 (abgerufen am: 23.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Öffentliches Recht
    • Staatsrecht und Staatsorganisationsrecht
    • Gefahrenabwehr
    • Grundrechte
    • Politik
    • Versammlungen
  • Gerichte
    • Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Bundespolizei im Einsatz 21.05.2025
Migration

Dobrindt zu Grenzkontrollen:

"Polizei kann das auch über einen län­geren Zei­traum stemmen"

Juristisch umstritten, politisch gewollt: Scheitern die verschärften Grenzkontrollen womöglich, weil schlicht zu wenig Polizei vorhanden ist? Nach Kritik der Polizeigewerkschaft äußert sich der Innenminister – auch zur rechtlichen Kritik.

Artikel lesen
Benjamin Ruß mit einem Plastikvisier mit dem Aufdruck "Empört Euch" 20.05.2025
Versammlungen

EGMR verurteilt Deutschland:

Stra­fur­teil wegen selbst­ge­bauten Plas­tik­vi­siers ver­letzt EMRK

Der linke Aktivist Benjamin Ruß nahm an einer Demonstration gegen die EZB teil und trug ein Plastikvisier vor dem Gesicht. Er wurde wegen Verstößen gegen das Schutzwaffenverbot verurteilt. Das verletzt seine Versammlungsfreiheit, so der EGMR.

Artikel lesen
Eine Person wirft einen Stimmzettel in eine Wahlurne während der kommunalen Wahlen in NRW. 20.05.2025
Nachrichten

Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen:

Kom­mu­nal­wahl­ge­setz in NRW ist ver­fas­sungs­widrig

Niederlage für CDU, SPD und Grüne in NRW: Das Wahlrecht für Städte und Gemeinden entspricht nicht den Vorgaben der Landesverfassung und des Grundgesetzes. Kleine Parteien werden bei der Sitzverteilung benachteiligt, entschied jetzt der VGH.

Artikel lesen
Friedrich Merz trifft Benjamin Netanjahu auf einer Israel-Reise am 12. Februar 2024 15.05.2025
Völkerstrafrecht

Merz will Netanjahu-Besuch ermöglichen:

Freies Geleit mit der Brech­stange

Um einen Staatsbesuch von Israels Premier Benjamin Netanjahu zu ermöglichen, will Bundeskanzler Friedrich Merz notfalls den Haftbefehl des IStGH ignorieren. "Mittel und Wege", eine Festnahme zu verhindern, gibt es – aber keine legalen.

Artikel lesen
Alexander Dobrindt 14.05.2025
Migration

Dobrindt verteidigt Zurückweisungen an deutschen Grenzen:

"Das ist natio­nales Recht"

Die neue Bundesregierung verschärft den Migrationskurs. Die Zurückweisung von Asylbewerben an den Grenzen gilt dabei als politisch heikel, juristisch ist sie umstritten. Im ZDF reagierte Innenminister Dobrindt nun auf die Kritik.

Artikel lesen
'Jamel rockt den Förster' 13.05.2025
Rechtsextremismus

VG Schwerin:

"Jamel rockt den Förster" unter­liegt im Eil­ver­fahren

Trotz abgelehntem Eilantrag: Das Verwaltungsgericht stellt Argumente in den Raum, wonach das Anti-Nazi-Festival in Jamel bei Wismar einen Anspruch auf weitere kostenfreie Nutzung des Gemeindelandes haben könnte.

Artikel lesen
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Pots­dam

Logo von Hengeler Mueller
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) im Be­reich Öf­f­ent­li­ches Wirt­schafts­recht

Hengeler Mueller , Düs­sel­dorf

Logo von Stadt Kempten (Allgäu)
Sach­be­ar­bei­tung (m/w/d) Recht­s­an­ge­le­gen­hei­ten für das Bau­ver­wal­tungs- und...

Stadt Kempten (Allgäu) , Kemp­ten (All­gäu)

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Neu­rup­pin

Logo von Oppenhoff
Rechts­an­walt (m/w/d) Öf­f­ent­li­ches...

Oppenhoff , Köln

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Cott­bus

Logo von LAFP NRW (Polizei)
Füh­rungs­kraft (m/w/d) in der Lauf­bahn­grup­pe 2.2

LAFP NRW (Polizei) , Düs­sel­dorf

Logo von RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) als An­ge­s­tell­te oder in frei­er Mit­ar­beit

RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH , 100% Re­mo­te

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Moovijob Day Luxembourg in Trier

23.05.2025, Trier

Plötzlich doch selbständig? Wie aus einer Scheinselbständigkeit von Lehrkräften eine selbständige Tätigkeit werden kann

26.05.2025, Bonn

Logo von Hagen Law School in der iuria GmbH
Fachanwaltslehrgang Erbrecht im Fernstudium/ online

23.05.2025

Konfliktvermeidung durch Vertragsgestaltung und Vertragsgestaltung zur Konfliktlösung

26.05.2025, Frankfurt am Main

Matchwinner Verfahrensrecht

26.05.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH