Ein ehemaliger Mitarbeiter bezeichnet seine frühere Arbeitgeberin als "Sekte", und zwar nachdem er selbst ein Konkurrenzunternehmen gegründet hat. Die Meinungsfreiheit deckt solche Äußerungen, befand das OLG Frankfurt.
Die Bezeichnung eines Unternehmens als "Sekte" ist Teil der freien Meinungsäußerung und muss nicht zurückgenommen werden. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt in einem am Freitag veröffentlichten Urteil. Die Mitarbeiterin einer Medienproduktion hatte einen früheren Mitarbeiter verklagt, der mittlerweile selbst ein Konkurrenzunternehmen gegründet hatte. (Urt. v. 28.06.2018, Az. 16 U 105/17)
Der Mann war in einer Glaubensgemeinschaft aufgewachsen, die er 2012 verlassen hatte. Auf seiner Facebook-Seite sowie in Presseveröffentlichungen und Medienauftritten bezeichnete er diese Gemeinschaft als Sekte und erklärte, diese stehe auch hinter der Klägerin und den Gründern des Unternehmens, in dem er zuvor beschäftigt war. Zudem behauptete er, die Staatsanwaltschaft ermittle gegen die Gründer.
Das Unternehmen wehrte sich gerichtlich gegen die Äußerungen des Mannes, unterlag aber zunächst vor dem Landgericht und konnte nun auch vor dem OLG keinen echten Erfolg verbuchen.
OLG: Auch Boykottaufruf Teil des "Meinungskampfes"
Zwar darf der ehemalige Angestellte nach dem Urteil der Frankfurter Richter nicht mehr behaupten, dass die Staatsanwaltschaft gegen die Firma ermittele, da das Verfahren nur gegen die Witwe eines ehemaligen Unternehmensfunktionärs geführt worden sei. Allerdings sei die Bezeichnung des Unternehmens als "Sekte" nicht zu beanstanden, befand das OLG.
Der Sekten-Vorwurf sei zwar geeignet, die Wahrnehmung des Unternehmens bei Kunden negativ zu beeinflussen, so das Gericht in dem noch nicht rechtskräftigen Urteil. Das Verhalten des Mannes habe sogar den "Charakter eines Boykottaufrufs", da er seine Vorwürfe gezielt gegenüber Kunden verbreitet habe.
Allerdings sah man darin aber keine unzulässige Äußerung: Auch ein Boykottaufruf könne "dem geistigen Meinungskampf" dienen, so das Gericht. Es sei dem Ex-Mitarbeiter vor allem um Aufklärung und Information der Kunden über die im Unternehmen vorherrschenden "ideologischen Wertvorstellungen" gegangen. Das Interesse der früheren Arbeitgeberin am Schutz seines sozialen Geltungsanspruchs überwiege daher nicht das Recht des Mannes auf freie Meinungsäußerung.
dpa/mam/LTO-Redaktion
OLG Frankfurt weist Berufung zurück: . In: Legal Tribune Online, 29.06.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29469 (abgerufen am: 09.12.2024 )
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