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Kammergericht Berlin zu sexuellem Übergriff: "Stealt­hing" ist strafbar

13.08.2020

Jeans mit Kondom

(c) stock.adobe.com -  279photo

Mit Kondom oder ohne? Die Frage klärt man vor dem Geschlechtsverkehr. Wer dann aber heimlich das Kondom abstreift und trotzdem zum Samenerguss kommt, der macht sich strafbar. Das stellte das KG in Berlin klar.

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Ein Bundespolizist hatte 2017 eine Polizeimeisteranwärterin über das Internet kennengelernt. Bei einer Verabredung war es dann zum Geschlechtsverkehr zwischen den beiden gekommen. Dabei habe die Polizeianwärterin darauf bestanden, ein Kondom zu benutzen. Der Bundespolizist habe auch zunächst eins verwendet, dieses aber sodann bei einem Stellungswechsel heimlich abgestreift. 

Dieses sog. Stealthing, erfüllt laut Kammergericht (KG) Berlin den Tatbestand des sexuellen Übergriffs gemäß § 177 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB), jedenfalls sofern es zur Ejakulation kommt (Beschl. v. 13.08.2020 Az.: 4 - 58/20). Zur Begründung haben die Richter angeführt, dass § 177 StGB nicht nur die Entscheidung darüber schütze, "ob überhaupt Geschlechtsverkehr stattfinden soll, sondern auch darüber, unter welchen Voraussetzungen". 

Nach Ansicht der Richter manifestiert sich das tatbestandliche Unrecht auch dadurch, dass das sexuelle Selbstbestimmungsrecht verletzt wird. Entscheidend sei nicht nur, dass man sich durch ein Kondom vor Krankheiten schützen oder eine Schwangerschaft zu verhindern will, sondern auch die sexuelle Autonomie. Die Norm des StGB solle insbesondere auch vor der Fremdbestimmung durch eine andere Person und die damit verbundene Demütigung und Instrumentalisierung schützen. 

Mit der Entscheidung hat das KG als Revisionsinstanz die Ansicht des Amtsgericht Tiergarten und des Landgerichts Berlin bestätigt. Es handele sich dabei um die erste Entscheidung eines Oberlandesgerichts zum Stealthing, teilte die Sprecherin des Gerichts mit.

Abschließend hat der Senat angemerkt, dass zwar in diesem konkreten Fall kein besonders schwerer Fall im Sinne des § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB angenommen wurde, dies aber im Einzelfall künftig anders liegen könnte. Damit könnte das sog. Stealthing künftig auch als Vergewaltigung gewertet werden.

vbr/LTO-Redaktion 

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Kammergericht Berlin zu sexuellem Übergriff: . In: Legal Tribune Online, 13.08.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42488 (abgerufen am: 14.06.2025 )

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