Der Internetkonzern Google hat sich erstmals mit einer breit angelegten Kampagne auf seinen eigenen Webseiten in die Diskussion über ein Gesetzesvorhaben im Bundestag eingeschaltet. Die Aktion richtet sich gegen ein von der schwarz-gelben Regierung geplantes Leistungsschutzrecht zugunsten von Presseverlagen, das am Donnerstag in erster Lesung im Parlament behandelt wird.
Der Suchmaschinenbetreiber ruft seine Nutzer auf, sich in E-Mails und Anrufen bei den Bundestagsabgeordneten gegen das geplante Gesetz stark zu machen.
"Ein Leistungsschutzrecht bedeutet weniger Informationen für Bürger und höhere Kosten für Unternehmen", begründete Stefan Tweraser, Deutschland-Manager von Google, die Kampagne. Das umstrittene Leistungsschutzrecht soll Presseverlagen "das ausschließliche Recht" geben, "Presseerzeugnisse zu gewerblichen Zwecken im Internet öffentlich zugänglich zu machen". Damit müssten Anbieter wie Google die Darstellung von kleinen Textauszügen ("Snippets") auf ihren Webseiten bei den Verlagen lizenzieren oder darauf verzichten.
Die meisten Bürger hätten noch nie von diesem Gesetzesvorschlag gehört, erklärte Google. Dabei träfe ein solches Gesetz jeden Internetnutzer in Deutschland. "Das Suchen und Finden, eine Grundfunktion des Internets, würde durch ein Leistungsschutzrecht gestört", sagte Google-Manager Tweraser.
"Die Panikmache von Google entbehrt jeglicher Grundlage"
Peter Beyer (CDU) kritisierte die Kampagne in den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe (Mittwochausgaben) scharf: "Ich halte diese gigantische Aktion des Google-Konzerns für reichlich überzogen". Google habe eine immense Wirtschaftsmacht und setze diese für seine Kampagne ein.
Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) zeigte sich "überrascht, dass ein Wirtschaftsunternehmen so auftritt". "Es ist doch selbstverständlich, dass jemand, der einen Inhalt gewerblich nutzt, auch dafür bezahlt", sagte BDZV-Sprecherin Anja Pasquay. "Die Panikmache von Google entbehrt jeglicher Grundlage. Die Behauptung des Suchmaschinen-Konzerns, das Suchen und Finden von Informationen im Netz werde erschwert, ist unseriös. Die private Nutzung, das Lesen, Verlinken und Zitieren bleiben möglich wie bisher."
"Lobbyschlacht" zwischen Google und den Verlagen
Der Verein "Digitale Gesellschaft" sprach von einer "Lobbyschlacht". Sowohl Google als auch den Presseverlagen gehe es nur ums Geld, sagte Vereinsvorsitzender Markus Beckedahl. Zwar sei das Leistungsschutzrecht auch aus Sicht der Nutzer falsch und abzulehnen, weil es digitale Meinungsfreiheit einschränke und ein ohnehin überkomplexes Urheberrecht weiter verkompliziere. Aber "die Signalwirkung der Lobbyschlacht" hält Beckedahl für fatal: "Wenn morgen Google und die Presseverlage bei der EU-Datenschutzreform plötzlich gemeinsame Sache machen, ist die öffentliche Meinungsbildung ganz schnell in Gefahr."
Schwarz-Gelb hatte Anfang März die bereits im Koalitionsvertrag festgehaltene Absicht bekräftigt, ein Leistungsschutzrecht als Teil einer Reform des Urheberrechts einzuführen.
dpa/tko/LTO-Redaktion
Google mobilisiert Nutzer: . In: Legal Tribune Online, 27.11.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7650 (abgerufen am: 05.12.2024 )
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