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Schlussanträge des Generalanwalts am EuGH: Rund­funk­bei­trag bleibt euro­pa­rechts­kon­form

26.09.2018

GEZ-Formular und Geldscheine

© blende11.photo - stock.adobe.com

Seit 2013 muss grundsätzlich jeder Wohnungseigentümer oder -mieter den Rundfunkbeitrag an die öffentlich-rechtlichen Anstalten zahlen. Auch diese Änderung bei der Finanzierung ist mit dem Europarecht vereinbar, so der Generalanwalt am EuGH.

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Die Erhebung des Rundfunkbeitrags in Deutschland verstößt nach Ansicht des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) nicht gegen europäisches Recht. Die 2013 geänderten Regeln, nach denen der Beitrag pauschal für jede Wohnung erhoben wird, stelle keine rechtswidrige staatliche Beihilfe dar, befand Campos Sánchez-Bordona in einem am Mittwoch veröffentlichten Gutachten. Zudem sei es rechtens, dass die Rundfunkanstalten eigenständig säumige Zahlungen eintreiben und dafür nicht ordentliche Gerichte anrufen müssen (Rechtssache C-492/17).

Um unparteiliche, vielfältige, sachliche und inhaltlich ausgewogene Programme zu gewährleisten, gibt es in Deutschland die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Diese finanzieren sich aus drei Quellen: dem Rundfunkbeitrag (der die vorrangige Finanzierungsquelle darstellt), dem Verkauf von Werbeplätzen und anderen gewerblichen Tätigkeiten. 2007 entschied die Europäische Kommission, dass die Finanzierungsmethode auch im Hinblick auf den europäischen Binnenmarkt bestand hat.

Im Jahr 2013 änderte sich dann das Kriterium, wer den Rundfunkbeitrag bezahlen muss. War bis dahin entscheidend, ob man Rundfunkempfangsgeräte innerhalb einer Wohnung besitzt, reicht seither der bloße Besitz einer Wohnung als Eigentümer oder Mieter aus.

Jeder Wohnungseigentümer oder -mieter zahlt

Dieses neue Kriterium wurde von mehreren Beitragspflichtigen bei verschiedenen deutschen Gerichten angefochten, unter anderem beim Landgericht (LG) Tübingen, das den Gerichtshof fragte, ob der Beitrag in dieser Form mit dem Unionsrecht vereinbar sein.

Konkret geht das LG davon aus, dass Deutschland der Kommission die neue Erhebung des Rundfunkbeitrags hätte mitteilen müssen und diese mit dem Binnenmarkt unvereinbar sei. Denn durch die Umgestaltung erweitere sich die Beitragspflicht nicht nur auf die gesamte erwachsene Bevölkerung, sondern es erhöhten sich auch die Einnahmen um circa 700 Millionen Euro pro Jahr.

Auch bemängelten die Tübinger Richter, dass sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihre Vollstreckungstitel für rückständige Beiträge selbst ausstellen könnten. Dies sei einfacher, schneller und billiger und reduziere so die Vollstreckungskosten, was den Rundfunkanstalten finanziell zu gute komme.

Keine "wesentliche" Änderung des Rundfunkbeitrags

Nach Auffassung des Generalanwalts wurde in Deutschland weder eine bestehende Beihilfe wesentlich geändert, noch eine Beihilfe neu geschaffen. Deswegen bestehe auch kein Grund, diese bei der Kommission anzumelden und genehmigen zu lassen.

Bei den Beihilfeempfängern handle es sich weiterhin um die öffentlichen Rundfunkanstalten, dessen öffentliche Dienstleistungen finanziert werden sollten, so Sánchez-Bordona. Zudem seien die Einnahmen durch den Rundfunkbeitrag in dem Zeitraum zwischen 2009 und 2016, entgegen der Angaben des LG Tübingen, stabil geblieben.

System "ein Gerät, eine Gebühr" nicht mehr zeitgemäß

Die bloße Änderung der Beitragspflichtigen könne für sich alleine die Höhe der empfangenen Beihilfen nicht ändern, heißt es in den Schlussanträgen. Deswegen hätte sie auch keinen Einfluss auf ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt.

Die Änderungen bei dem Beitrag ließen sich zudem durch den technologischen Fortschritt erklären. Hätte man das frühere System – "ein Gerät, eine Gebühr" – aufrechterhalten, hätte man eine Vervielfachung der Einnahmen riskiert, weil viele neue Geräte hinzugekommen seien, mit denen man Rundfunkprogramme empfangen könne. Insgesamt habe man die Beitragserhebung also vereinfacht.

Auch dürften die Rundfunkanstalten eigenständig säumige Zahlungen eintreiben ohne dafür die ordentlichen Gerichte anrufen zu müssen. Dieses Vorrecht habe die Kommission bereits 2007 als europarechtskonform bewertet. Die erhobenen Einnahmen ständen nämlich unter staatlicher Kontrolle und hätten die Eigenschaft staatlicher Mittel. Diese Entscheidung gelte nach wie vor, so der Generalanwalt.

mgö/LTO-Redaktion

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Schlussanträge des Generalanwalts am EuGH: . In: Legal Tribune Online, 26.09.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/31147 (abgerufen am: 15.11.2025 )

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