Bei einem weiteren Asylantrag in einem zweiten Mitgliedstaat muss ein Ausländer das Merkblatt über das Asylverfahren erneut erhalten. Die Gefahr einer Abschiebung durch das Erstland ist gerichtlich aber nicht zu prüfen, entschied der EuGH.
Behörden müssen Asylbewerber über das anstehende Verfahren informieren. Ziehen die Personen nach einem ersten Asylantrag weiter und stellen einen zweiten Antrag in einem weiteren Mitgliedstaat, so ist diese Information erneut zu erteilen. Zudem ist ein weiteres persönliches Gespräch mit dem Ausländer zu führen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden (Urt. v. 30.11.2023, Az. C-228/21, C-254/21, C-297/21, C-315/21 und C-328/21). Die Gefahr einer Abschiebung durch das Erstland nach Überstellung dürfen die Gerichte aber nicht prüfen.
Mehrere Personen u. a. aus Afghanistan, dem Irak und Pakistan hatten zunächst in Slowenien, Schweden, Deutschland und Finnland Anträge auf Asyl gestellt, waren dann weitergezogen und hatten in Italien erneut Asylanträge gestellt. Italien fragte in den Erstländern die Überstellungen nach der Dublin III Verordnung an, wonach der Mitgliedstaat für die Durchführung der Verfahren zuständig ist, in dem erstmals ein Antrag gestellt wurde. Die Länder stimmten zu, doch die Ausländer legten Rechtsbehelfe gegen die Überstellungen ein.
Prüfung nur bei systemischen Mängeln
Sowohl beim ersten Asylantrag als auch bei einem weiteren Asylantrag ist das gemeinsame Merkblatt auszuhändigen und das persönliche Gespräch zu führen, urteilte nun der EuGH. Denn es könnten Umstände bekannt werden, durch die der Zweitstaat für das Verfahren zuständig wird. Ein Verstoß gegen diese Regel könnte nach Ansicht des EuGH sogar zur Nichtigkeit der Überstellungsentscheidung führen.
Nicht prüfen dürfen die Gerichte, ob eine Abschiebung durch den ersten Mitgliedstaat in das Herkunftsland droht. Das gilt zumindest, solange keine systemischen Mängel vorliegen, also etwa ein Land von der Anzahl der Asylanträge so überlastet ist, dass ein ordnungsgemäßes Verfahren und eine menschenwürdige Versorgung der Ausländer nicht mehr gewährleistet ist. Solche systemischen Mängel haben unterschiedliche Gerichte zeitweise etwa für Italien und Griechenland festgestellt.
Diese liegen jedoch nicht vor, wenn die Mitgliedstaaten hinsichtlich der Auslegung der sachlichen Voraussetzungen des internationalen Schutzes unterschiedliche Auffassungen vertreten, betonte der EuGH. Sofern keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen, habe jeder Mitgliedstaat davon auszugehen, dass die übrigen Mitgliedstaaten das Unionsrecht, insbesondere die durch das Unionsrecht anerkannten Grundrechte beachten.
EuGH zum erneuten Antrag auf Asyl: . In: Legal Tribune Online, 30.11.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53301 (abgerufen am: 09.11.2024 )
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