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Verfassungsbeschwerde eingereicht: Ini­tia­tive will Ent­schä­d­i­gung für Corona-Sch­lie­ßungen erst­reiten

26.08.2020

Kellnerin mit Maske vor "closed"-Schild

(c) stock.adobe.com - Rido

Modegeschäfte, Kinos, Clubs und die Kneipe an der Ecke - sie alle mussten während des Corona-Lockdowns schließen. Entschädigt wurden sie dafür nicht, sondern bekamen allenfalls Soforthilfe. Nun soll das BVerfG entscheiden.

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Die Forderung nach staatlichen Entschädigungen für Betriebsschließungen und Einnahmeausfälle in der Corona-Pandemie erreicht das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Eine Initiative, die nach eigenen Angaben mehr als 850 Betroffene vertritt, hat in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde eingereicht. Eine zweite soll im September folgen. Hintergrund ist, dass das Infektionsschutzgesetz – jedenfalls nach herrschender juristischer Auffassung – nur dann eine Entschädigung vorsieht, wenn der Betriebsinhaber sich selbst angesteckt hat und deshalb zumachen muss. Bei den allermeisten Läden, Restaurants, Kinos, Clubs und Kneipen, die im März der Lockdown wegender Ausbreitung von Covid-19 traf, war das nicht der Fall.

Die Soforthilfen sind für viele nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ein Modegeschäft in Rheinland-Pfalz, das zusammen mit einer Musikkneipe aus Magdeburg, einem Hamburger Lederwaren-Händler und einer Hotelkette hinter der ersten Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1726/20) steht, bekam 15.000 Euro. Der verbleibende Schaden wird in der Begründung, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, mit rund 205.000 Euro beziffert. Außerdem sei im Lager Saisonware im Wert von ungefähr 150.000 Euro unverkauft liegengeblieben.

"Wir verkennen nicht, dass sich die Bundesregierung große Mühe gibt, soziale Härten zu minimieren", sagt der Potsdamer Staatshaftungsexperte Siegfried de Witt. Aber es brauche eine gesetzliche Regelung. "Die Mitglieder unserer Initiative sind an der Situation völlig schuldlos", ergänzt der Berliner Anwalt Wolfgang Schirp. Sie hätten allein schließen müssen, um Menschenansammlungen zu vermeiden und damit das Gesundheitssystem zu entlasten.

Ohne Umwege nach Karlsruhe

Parallel zur Verfassungsbeschwerde wollen die Anwälte der Geschädigten in den einzelnen Bundesländern Klage erheben. Ihre Strategie zielt darauf ab, dass die Zivilgerichte diese Verfahren aussetzen und die Frage nach einer Entschädigungspflicht ebenfalls in Karlsruhe vorlegen.

Bisher haben die Verfassungsrichter die meisten Corona-Klagen, die direkt in Karlsruhe eingereicht wurden, mangels Rechtswegerschöpfung für unzulässig befunden. Die Anwälte meinen, dass sie sich trotzdem ohne Umweg an das Verfassungsgericht wenden können. Alles andere sei sowieso sinnlos. Sie verweisen etwa auf ein Urteil des Landgerichts Hannover: Dort hatte der Inhaber eines Ausflugslokals vergeblich 10.000 Euro Entschädigung vom Land Niedersachsen eingefordert - für Ansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz lägen die Voraussetzungen nicht vor. 

Rechtlich argumentieren die Anwälte vor allem mit dem Schutz des Eigentums im Grundgesetz. Die massiven Grundrechtseingriffe seien zwar möglicherweise gerechtfertigt gewesen. Sie seien aber nur verfassungsgemäß, wenn der Gesetzgeber gleichzeitig einen finanziellen Ausgleich für die Betroffenen vorsehe. Dazu haben die Anwälte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auch per Brief aufgefordert.

Dieser Ausgleich könnte niemandem den vollen Schaden ersetzen, müsste aus Sicht der Anwälte aber mindestens die Betriebskosten der Betroffenen decken. Es werde nicht verkannt, dass dies "erhebliche Belastungen für den Bundeshaushalt mit sich bringen wird", heißt es in einer dem Minister übersandten Analyse. Aber: "Dies ist der Preis der gewählten Strategie zur Bekämpfung der Pandemie."

dpa/vbr/LTO-Redaktion

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Verfassungsbeschwerde eingereicht: . In: Legal Tribune Online, 26.08.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42601 (abgerufen am: 12.06.2025 )

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