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22904

Radikale bei der Bundeswehr: Wie die Truppe Rechts­ex­t­reme los­werden kann

von Simon Gauseweg, LL.B.

12.05.2017

Uniform Bundeswehr

© Jörg Hüttenhölscher - Fotolia.com

Die Bundeswehr ist aktuell dem Vorwurf ausgesetzt, nicht ausreichend gegen Rechtsextremismus einzuschreiten. Doch welche Möglichkeiten hätte sie überhaupt? Simon Gauseweg mit einem Überblick zum Disziplinar- und Dienstrecht der Armee.

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Dienstpflichtverletzungen von Soldaten können durch Disziplinarmaßnahmen geahndet werden. Diese werden in einfachen Fällen von Disziplinarvorgesetzten, ansonsten von den Wehrdienstgerichten verhängt und reichen von einem Verweis bis zur Entfernung aus dem Dienstverhältnis. Daneben kann in manchen Fällen die fristlose Entlassung stehen.

Dabei gilt immer: Trotz Uniform bleiben deutsche Soldaten ganz normale Staatsbürger und müssen bei einer Straftat zusätzlich mit einer Anklage vor einem ordentlichen Gericht rechnen.
Aktuell werden zwei Offiziere der Bundeswehr von der Bundesanwaltschaft verdächtigt, Terroranschläge in Deutschland vorbereitet zu haben. Zumindest in einem Fall sollen rassistische und radikalnationalistische Ansichten der Soldaten hinlänglich bekannt gewesen sein. Dennoch wurden sie nicht entlassen.

Doch wie hätte das Verfahren einer solchen Entlassung ablaufen können?

Im Militär soll Ordnung herrschen

Soldaten sind unter anderem dazu verpflichtet, jederzeit für den Erhalt der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes einzutreten. Verletzen sie diese Pflicht, begehen sie ein Dienstvergehen.

Gegen solche Verfehlungen einzuschreiten, ist Aufgabe ihrer Disziplinarvorgesetzten. Dazu stehen ihnen zunächst erzieherische Maßnahmen zur Verfügung. Diese reichen vom mündlichen Tadel bis hin zum Befehl, Zusatzdienst zu leisten – "Nachsitzen" gibt es auch bei der Bundeswehr.

Ist das nicht ausreichend, können die Disziplinarvorgesetzten des Soldaten, das heißt die militärischen Führer seiner Einheit oder seines Verbands, Disziplinarmaßnahmen gegen ihn verhängen. Diese werden in einfache und gerichtliche unterschieden.

Das macht der Chef noch selbst

Kennzeichen der einfachen Disziplinarmaßnahme: Die Disziplinarvorgesetzten können sie selbst verhängen. Sie reichen vom Verweis bis hin zu höchstens drei Wochen Diszplinararrest. Rechtsschutz hiergegen bietet die Wehrbeschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung. Über diese entscheidet wiederum der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte. Gibt es dann immer noch Klärungsbedarf, entscheidet ein Truppendienstgericht.

Einfache Vergehen können so innerhalb weniger Tage geahndet sein und dennoch aktenkundig werden, da Ermittlung, Verhängung und Vollstreckung in der Hand ein und desselben Vorgesetzten liegt. Pflichtvergessene Soldaten können auf diese Weise unmittelbar die Konsequenzen ihres Handelns zu spüren bekommen. Der Disziplinarvorgesetzte seinerseits erhält die  Mittel, seine Autorität mit empfindlichen Maßnahmen durchzusetzen. Dass er hiervon nur absolut verhältnismäßig Gebrauch machen darf, ist Inhalt seiner besonderen Verantwortung gegenüber seinen Soldaten.

Der Disziplinarvorgesetzte ist in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Disziplinarmaßnahme unabhängig und nur an das Gesetz, die Wehrdisziplinarordnung, gebunden. Die erlegt ihm allerdings Einschränkungen auf, wie etwa einen Richtervorbehalt bei Durchsuchungen, eine nach Dienststellung des Vorgesetzten und Dienstgrad des Soldaten gestufte Disziplinarbefugnis oder die Verpflichtung, nur im Ausnahmefall zum "Diszi" zu greifen.

Wer erfährt davon?

Außer im Fall des strengen Verweises, der vor der versammelten Truppe bekannt gegeben wird, bleibt eine Disziplinarmaßnahme eine Sache zwischen dem Soldaten und seinem Vorgesetzten.

Hält der zuständige Disziplinarvorgesetzte eine Ahndung durch eine Disziplinarmaßnahme nicht für notwendig, kann er aber auch gänzlich von ihr absehen. Dies muss er weder melden noch kann ihm der Vorgesetzte befehlen, eine Maßnahme zu verhängen. Man darf vermuten, dass die von der Bundesministerin der Verteidigung beabsichtigte "Einrichtung weiterer Prüfschleifen" an dieser Stelle ansetzen wird.

Vorfälle mit Verdacht auf rechtsextremistische Motivation allerdings sind "besondere Vorkommnisse", die über den Dienstweg unverzüglich bis ins Verteidigungsministerium gemeldet werden müssen.

Verwirklicht das Dienstvergehen zugleich eine Straftat, sind für deren Ahndung die Staatsanwaltschaften und Gerichte zuständig. Die Wehrdienstgerichte in Deutschland beschäftigen sich  ausschließlich mit dem Charakter des dienstlichen Fehlverhaltens einer Handlung. In Strafsachen werden Soldaten  behandelt wie alle anderen Bürger auch. Eine Strafe tritt dann neben eine Disziplinarmaßnahme, deren Zweck nicht Bestrafung, sondern Erziehung ist.

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  • Seite 1:

    Im Militär soll Ordnung herrschen

  • Seite 2:

    Wie es mit Franco A. und Maximilian T. weitergehen könnte

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Radikale bei der Bundeswehr: . In: Legal Tribune Online, 12.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22904 (abgerufen am: 23.05.2025 )

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