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Verfassungsbeschwerden gegen Verschärfungen in Schlachthöfen: Flei­sch­in­du­s­trie schei­tert vor dem BVerfG

20.07.2022

Arbeiter in der Fleischindustrie

Ein Wurstwarenhersteller und mehrere Leiharbeitsfirmen sind mit ihren Verfassungsbeschwerden vor dem BVerfG gescheitert. Foto: industrieblick - stock.adobe.com

Nach mehreren Corona-Ausbrüchen in Schlachthöfen wurden die Mitarbeiterregeln dort verschärft. Die Verfassungsbeschwerden dagegen sind aber schon unzulässig, meint das BVerfG. Sie waren nicht gut genug begründet.

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Infolge der großen Corona-Ausbrüche in Schlachthöfen gelten für die Fleischbranche verschärfte Vorschriften - jetzt sind betroffene Unternehmen mit Verfassungsbeschwerden dagegen gescheitert. Mit heute veröffentlichtem Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hat dieser die Verfassungsbeschwerden eines Wurstherstellungsunternehmens und mehrerer Zeitarbeitsfirmen nicht angenommen (Beschl. v. 01.06.2022, Az. 1 BvR 2888/20 u.a.). Die Begründung genüge nicht den Anforderungen, so das BVerfG.

Infolge der vermehrten Corona-Ausbrüche in Schlachthöfen gelten für die Fleischbranche derzeit verschärfte Vorschriften für die Auswahl ihrer Mitarbeiter:innen. Im Januar 2021 wurde die Vorschrift des § 6a Abs. 2 des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch) eingeführt. Danach ist der Einsatz von Subunternehmen mit osteuropäischen Billiglohn-Arbeitern beim Schlachten, Zerlegen und bei der Fleischverarbeitung verboten. Dazu ist der Einsatz von Leiharbeitern seit April 2021 nur noch eingeschränkt möglich und soll nach dreijähriger Übergangsfrist komplett untersagt werden. Eine Ausnahme macht das neue Arbeitsschutzkontrollgesetz nur für kleinere Handwerksbetriebe.

Die Verfassungsbeschwerden der Unternhemen richteten sich gegen das Verbot, in der Fleischwirtschaft Personal als Werkvertragsbeschäftigte oder in Leiharbeit einzusetzen. Die Beschwerdeführenden sehen sich in ihrem Grundrecht der Berufsfreiheit verletzt. Das Unternehmen der Wurstherstellung rügt zudem eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung mit anderen Branchen.

Unklarheiten über die Anzahl von Leiharbeitern

Nach Ansicht des BVerfG genügten die Beschwerden allerdings bereits nicht den gesetzlichen Anforderungen. Es fehle an einer hinreichend substantiierten Begründung. Eine zulässige Verfassungsbeschwerde setze voraus, dass die Möglichkeit der unmittelbaren und hinreichenden Betroffenheit in eigenen Rechten konkret dargelegt wird, so das BVerfG. Daran fehle es hier, da die Ausgestaltung des Betriebes und die tatsächliche Anzahl der betroffenen Tätigkeiten und Arbeitsanteile nicht hinreichend dargelegt worden seien. Eine Verletzung des Betriebes in seiner Berufsfreiheit durch das Verbot war daher nicht klar zu ermitteln. Auch die Leiharbeitsfirmen beriefen sich bei der Begründung lediglich auf Schätzwerte wie viele Leiharbeitskräfte tatsächlich eingesetzt würden.

Auch die Gründe für eine Ungleichbehandlung mit anderen Unternehmen sei nicht substantiiert dargelegt worden, so das BVerfG. Es fehle an der Darstellung naheliegender Argumente und umfassender Vergleichspositionen.

Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ist die Fleischindustrie mehrfach in den Fokus der politischen Diskussionen gerückt. Über die mögliche Verfassungskonformität des Werk­ver­trags­verbots für Schlacht­höfe und den Corona-Lohnausfall in der Fleischindustrie, berichtete LTO bereits im letzten Jahr.


ku/LTO-Redaktion

Mit Material der dpa

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Verfassungsbeschwerden gegen Verschärfungen in Schlachthöfen: Fleischindustrie scheitert vor dem BVerfG . In: Legal Tribune Online, 20.07.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49102/ (abgerufen am: 01.02.2023 )

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