Müssen Gewinne beim Online-Poker versteuert werden? Ist das Zocken ein Gewerbe? Darüber entschied nun der Bundesfinanzhof – und stellte Abgrenzungskriterien zwischen Profis und Hobbyspielern auf.
Mehr als 80.000 Euro gewann ein Mathe-Student mit Online-Poker in einem Jahr mit Online-Poker – kein schlechter Nebenverdienst. Sind das schon Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) steuerpflichtig sind? Teilweise ja, sagte der Bundesfinanzhof (BFH) mit am Donnerstag veröffentlichtem Urteil (Urt. v. 22.02.2023, Az. X R 8/21).
Der Student hatte 2007 mit Online-Poker in der Variante "Texas Hold'em/Fixed Limit" begonnen, zunächst mit kleinen Einsätzen und Gewinnen. Allmählich steigerte er seine Einsätze und investierte immer mehr Geld und Zeit. Im Jahr 2009 erzielte er einen Gewinn von 82.826,05 Euro, in den Folgejahren noch mehr. Er machte seine Steuererklärung ordentlich und gab die Gewinne an. Das Finanzamt wollte diese vollumfänglich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 1 Nr. EStG versteuern, der Student klagte dagegen. Er vertritt die Auffassung, beim Online-Poker handle es sich um Glücksspiel, das nicht der Steuerpflicht unterliege.
Teilweise hatte die Klage Erfolg, dem Glücksspiel-Argumentat schloss sich das Finanzgericht (FG) Münster jedoch nicht an. Online-Poker könne sehr wohl gewerbsmäßig betrieben werden. Für das letzte Quartal des Jahres sei dies vorliegend der Fall gewesen (Urt. v. 10.03.2021, Az. 11 K 3030/15 E,G). 60.000 Euro der 80.000 Euro erwirtschaftete der Student in den letzten drei Monaten. Im zweiten Halbjahr verbrachte er insgesamt 673 Stunden mit dem Spielen – das sind immerhin rund 26 Stunden pro Woche.
BFH: "Für den Spielerfolg kommt allein es auf die individuellen Fähigkeiten an"
Der BFH bestätigte diese Entscheidung nun. Zwar unterliege reines Glücksspiel wie Lotto nicht der Steuerpflicht. Jedoch handle es sich beim Poker in steuerrechtlicher Hinsicht nicht um reines Glücksspiel: "Im Gegensatz zu reinen Glücksspielen ist Poker durch eine Fülle von Handlungsmöglichkeiten der Spieler geprägt, die den Spielausgang in erheblichem Umfang beeinflussen können. Die Zufalls- und Glückskomponente wird durch die sehr große Zahl der Spiele […] im Laufe der Zeit vollständig egalisiert; auf lange Sicht kommt es für den Spielerfolg daher allein auf die individuellen Fähigkeiten des einzelnen Spielers an."
Ob das Spiel der Steuerpflicht unterfällt, hängt aber davon ab, ob es im Einzelfall gewerbsmäßig gespielt oder bloß als Hobby betrieben wird. Maßgebend ist laut BFH, ob das Spiel "dem Bild eines Gewerbetreibenden bzw. dem Bild einer unternehmerischen Marktteilnahme entspricht". Dafür sprächen die Planmäßigkeit des Handelns, die Ausnutzung eines Marktes oder der Umfang des investierten Geld- und Zeitbudgets.
Dass das FG 60.000 Euro Gewinn in drei Monaten und 26 Wochenstunden als gewerbsmäßig erachtet habe, ist nach Auffassung des BFH nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die Berücksichtigung der "herausragenden mathematischen Begabung" des Studenten sowie seiner "Fähigkeiten, die ihm in besonderem Maße die schnelle Wahrscheinlichkeitsanalyse der zu erwartenden Spielausgänge gestatten".
mk/LTO-Redaktion mit Material von der dpa
Bundesfinanzhof zur Steuerpflicht: . In: Legal Tribune Online, 29.06.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52113 (abgerufen am: 07.10.2024 )
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