Seit das BVerfG im Juni entschieden hat, dass Gefangene für ihre Arbeit in Haft zu wenig Geld bekommen, müssen die Länder ihre Gesetze prüfen. In Hessen steht nun schon einmal fest: Mindestlohn wird es für Häftlinge nicht geben.
Inhaftierte, die in hessischen Gefängnissen Arbeit verrichten, können nicht darauf hoffen, zukünftig nach dem gesetzlichen Mindestlohn vergütet zu werden. Das hessische Justizministerium lehnt eine Angleichung der Stundenlöhne an diese Richtgröße ab. Die Situationen von Häftlingen und Arbeitnehmern seien nicht vergleichbar und die Regeln zum Mindestlohn daher nicht anwendbar, heißt es zur Begründung.
Eine Nachjustierung der Gefangenenvergütung ist nötig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Juni den Verfassungsbeschwerden zweier Häftlinge aus Bayern und Nordrhein-Westfalen stattgegeben hat, die gegen die Höhe ihrer Vergütung geklagt hatten (Urt. v. 20.06.2023, Az. 2 BvR 166/16; 2 BvR 1683/17). Stundenlöhne von zwei Euro oder weniger für Gefangene sind demnach verfassungswidrig, da sie nicht mit dem Resozialisierungsgrundsatz aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz im Einklang stünden, so Deutschlands höchstes Gericht. In Hessen bekommen Inhaftierte laut Justizministerium je nach Arbeit aktuell zwischen 1,57 Euro und 2,60 Euro. Vor dem BVerfG ging es zwar nicht um die hessische Gesetzeslage, allerdings gab das Urteil Anlass für alle Länder, die eigenen Regeln unter die Lupe zu nehmen.
Keine Vergleichbarkeit mit Arbeitnehmern
Die Karlsruher Richter verzichteten in ihrem Urteil darauf, konkret zu beziffern, wann die Entlohnung von Gefangenen deren Arbeit angemessen vergüte. Dass eine Anhebung der Vergütung auf Mindestlohnniveau – der aktuell mit Jahresbeginn 2024 bei 12,41 Euro pro Stunde liegt – unwahrscheinlich ist, klang aber schon im Vorfeld der Entscheidungsverkündung an.
Dass Häftlinge in Hessen keinen Mindestlohn für ihre Arbeit erhalten werden, begründete das Ministerium zum einen damit, dass die Arbeit der Gefangenen im Justizvollzug öffentlich-rechtlicher Natur sei. Außerdem werde den Inhaftierten Unterkunft, Verpflegung und eine "notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Versorgung" gestellt, daher bestehe "keine Vergleichbarkeit" mit Arbeitnehmern. "Folglich sind die Regeln zum Mindestlohn hier nicht anwendbar", hieß es. Im Falle einer Orientierung am Mindestlohn, wie dies etwa die Linksfraktion im hessischen Landtag gefordert hatte, würde dies nach überschlägigen Schätzungen Mehrkosten "in zumindest niedriger zweistelliger Millionenhöhe" bedeuten.
Inwieweit die Gefangenenvergütung in Hessen angepasst wird, steht demnach noch aus. Die Regelungen würden anhand der Anforderungen aus Karlsruhe geprüft, hatte Justizminister Roman Poseck (CDU) erklärt. Man stehe dazu im intensiven Dialog mit anderen Bundesländern, könne aber noch keine Ergebnisse mitteilen, heißt es dazu nun.
lmb/dpa/LTO-Redaktion
Nach BVerfG-Urteil zur Gefangenenvergütung: . In: Legal Tribune Online, 05.01.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53566 (abgerufen am: 11.10.2024 )
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