Kündigung und Neuanfang: 5 Tipps für den Abschied aus der Kanzlei

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Wer seine Kanzlei verlassen und kündigen will, ist oftmals in einer schwierigen emotionalen Situation. Trotzdem sollte man einen kühlen Kopf bewahren. Die Karriereberaterin Carmen Schön gibt 5 Tipps, wie der Abschied gut gelingt.
Wer kündigt, der ist in seinem Beruf gescheitert. Das glauben viele, ist aber falsch. Heutzutage bleibt kaum jemand mehr sein komplettes Berufsleben bei einem einzigen Arbeitgeber; mit einem Job-Wechsel kommen wir oft sogar in unserer Karriere in großen Schritten voran. Eine Kündigung ist somit zu einem normalen Vorgang im Arbeitsleben geworden und wir durchlaufen den Zyklus von Kündigen, Abschiednehmen und Neuanfang mehrmals. Deshalb ist es eine wichtige Kompetenz, sich in solch einem Prozess angemessen zu verhalten.
Startet man als Anwalt in einer Großkanzlei, so ist oftmals dem Mitarbeiter und auch der Kanzlei klar, dass in ca. zwei bis fünf Jahren eine Trennung stattfinden wird. In diesen Fällen ist eine Kündigung (emotional) meist einfacher, als wenn das Arbeitsverhältnis von vornherein auf Dauer ausgelegt war und Unzufriedenheit den Kündigungsgrund darstellt.
Wollen Sie wirklich kündigen?
Kündigung ist eine Möglichkeit, eine als unpassend empfundene Job-Situation zu verlassen - sie sollte jedoch die letzte Option bleiben. Fragen Sie sich, ob Sie alles versucht haben, Ihre Situation zu verbessern. Weiß die Kanzlei von Ihrer Unzufriedenheit, will aber nichts daran ändern? Dann haben Sie alles Recht der Welt, die Kündigung einzureichen. In Großkanzleien ist das Karrieremodell häufig noch auf "up or out" ausgelegt, so dass es ganz natürlich ist – wenn Sie nicht Partner werden möchten bzw. die Kanzlei Sie dort nicht sieht –, dass Sie kündigen und Ihre Karriere in einem anderen Umfeld fortführen.
Wenn Sie das Gespräch mit dem Vorgesetzen oder Personalabteilung suchen, machen Sie sich vorher klar: Wollen Sie wirklich gehen? Oder möchten Sie ein Kritikgespräch führen und besteht die Aussicht, dass Sie in der Kanzlei bleiben, sofern sich gewisse Punkte ändern?
Trennen Sie Sache und Person
Wer eine Kündigung für sich formuliert, hat innerlich schon abgeschlossen. Auch wenn die Versuchung groß ist, den Verantwortlichen jetzt endlich einmal so richtig die Meinung zu sagen: Begegnen Sie im Kündigungsgespräch dem Partner oder der Personalabteilung angemessen freundlich, denn meistens sind sie nicht der Urheber Ihrer Unzufriedenheit. Zumal die Szene klein ist und man sich im Leben immer zweimal sieht. Versuchen Sie vielleicht, der Zeit etwas Positives abzugewinnen. Welche Erfahrungen durften Sie sammeln, was konnten Sie lernen? Dass ein Job nicht mehr passend ist, bedeutet nicht, dass Sie nicht trotzdem wertvolle Erfahrungen sammeln konnten.
Überlegen Sie genau, ob Sie den Grund für Ihre Kündigung ansprechen wollen. Wer beispielsweise lange und vergeblich versucht hat, eine schlechte Kommunikation zu verbessern, aber immer an der Auffassung der Kanzlei gescheitert ist, die Kommunikation sei doch in Ordnung, dem bringt es nichts mehr, im Kündigungsgespräch wieder darüber zu diskutieren.
Wenn das Selbstbild der Kanzlei und das Erleben der Mitarbeiter stark auseinanderklaffen, dann sind Partner und die Personalverantwortlichen oftmals nicht gewillt oder in der Lage Kritik anzunehmen. Fragen Sie sich also, ob es für beide Seiten einen Vorteil bringt, wenn Sie Ihre Kritik äußern, oder ob Sie womöglich nur ein weiteres Mal klein gemacht und abgewertet werden. Davor sollten Sie sich schützen und in dem Fall besser schweigen.
Wählen Sie den richtigen Zeitpunkt
Stellen Sie sich darauf ein, dass die Kündigung emotional belastend sein kann - vielleicht kommen Ihnen sogar Tränen. Terminieren Sie das Gespräch deswegen besser am Ende eines Arbeitstages, denn dann können Sie nach Hause gehen und müssen nicht noch stundenlang mit einem verweinten Gesicht am Schreibtisch sitzen. Ein idealer Zeitpunkt könnte also der Freitag, um 17 Uhr sein.
Sollte Sie die Kündigung dagegen emotional gar nicht belasten, da Sie sich schon lange damit beschäftigt haben und ein neuer interessanter Job lockt, ist ein Gespräch auch im Laufe des Tages durchaus sinnvoll. Das Kündigungsgespräch sollten Sie in jedem Fall unter vier Augen führen. Vereinbaren Sie vorab einen Termin mit dem Sekretariat der zuständigen Person.
Bereiten Sie das Gespräch vor
Auch wenn eine Kündigung emotional ist, sollten Sie versuchen, rational zu bleiben und das Bestmögliche für sich rauszuschlagen. Wer etwa vorhat, zum Jahresende zu kündigen, sollte vorher noch einmal in den Arbeitsvertrag schauen. Es kann klüger sein, erst zum Januar oder Februar die Kanzlei zu verlassen, um nicht Gefahr zu laufen, einen Bonus oder Provisionszahlungen zu verlieren.
Besprechen Sie die Trennungsmodalitäten: Wann genau gehen Sie? Wie lange werden Ihr Gehalt oder andere Zahlungen noch überwiesen? Wer hat die Expertise, Ihre Arbeit zu übernehmen oder was müsste unternommen werden, um die Arbeit übergeben zu können? Wer schreibt das Arbeitszeugnis? Vielleicht waren Sie sehr lange in der Kanzlei tätig? Dann kann es auch sinnvoll sein, nach einem sogenannten Outplacementberater oder Coach zu fragen, der mit Ihnen gemeinsam den nächsten Schritt erarbeitet.
Nehmen Sie Abstand
Gehen Sie stark und selbstbewusst aus der Kanzlei und fühlen Sie sich nicht als Versager. Das ist besonders wichtig, wenn Ihnen eine Bewerbungsphase bevorsteht, in der Sie viele Gespräche führen werden und es womöglich zu Rückschlägen kommt. Gewinnen Sie Zuversicht und nutzen Sie die Gelegenheit, um Ihre Prioritäten nochmals neu zu prüfen. Damit stellen Sie sicher, dass Sie beim nächsten Job nicht noch einmal in die gleiche Falle tappen.
Nehmen Sie innerlich Abstand: Es ist/war nur ein Job. Und es ist in Ordnung, wenn der nicht zu Ihnen gepasst hat.