Wie wichtig sind meine Studienschwerpunkte, wann bin ich zu alt für eine Bewerbung, und muss ich meine Tätowierung verstecken? Diese und ähnliche Fragen haben LTO-Leser zum Thema Karriere in Wirtschaftsrechtskanzleien gestellt. Juristen- und Kanzlei-Coach Carmen Schön gibt jetzt die Antworten.
Leserfrage: Wird bei Bewerbungen in einer Wirtschaftsrechtskanzlei besonders auf die Schwerpunktwahl im Studium geschaut - oder ist diese kaum von Bedeutung?
Schön: Die Schwerpunktwahl im Studium kann Ihre Bewerbung für eine Kanzlei durchaus interessant machen, jedoch ist die Note des Abschlusses weiterhin das entscheidende Kriterium.
Anwälte entscheiden sich – trotz entsprechender Schwerpunktauswahl – in der Kanzlei durchaus auch für einen komplett anderen Bereich. Von einem Volljuristen wird erwartet, dass er sich innerhalb kürzester Zeit aufgrund seiner Methodenkenntnis schnell in jedes andere Rechtsgebiet einarbeiten kann.
Leserfrage: Sollte man seine Affinität zu Wirtschaftsthemen in der Bewerbung unter Beweis stellen? Wie könnte man das tun?
Schön: Wirtschaftliches Denken und auch Handeln ist in jeder Bewerbung ein Pluspunkt. Dieses kann man zum Beispiel unter Beweis stellen, indem man vor, während oder auch nach dem juristischen Studium betriebswirtschaftliche Kurse besucht, etwa an der Handelskammer oder sonstigen Einrichtungen. Ein Praktikum mit betriebswirtschaftlichem Aspekt stellt eine weitere Möglichkeit dar.
Leserfrage: Wirkt sich ein Stipendium bei einer gewerkschaftsnahen Stiftung oder eine "linke" Parteimitgliedschaft negativ aus, weil man dann als "wirtschaftsfeindlich" eingestuft wird?
Schön: Eine politische Präferenz stellt generell erst einmal keine Hürde dar. Die Frage ist, welche Haltung sich dahinter verbirgt und in welcher Form und Massivität diese Haltung zum Ausdruck gebracht wird. Parteien, die nicht das klassisch wirtschaftliche Modell unterstützen, sind vom Bewerber zu begründen. Letztendlich wird der Maßstab sein, inwieweit die eigentliche Arbeit vom Bewerber in der Ausführung davon beeinflusst wird und ob potentielle Mandanten sich von der politischen Tätigkeit des Bewerbers gestört fühlen.
Leserfrage: Gibt es K.O.-Kriterien bei der Bewerbung in Großkanzleien? Etwa ein zu hohes Alter? Und was ist mit Tätowierungen oder Piercings?
Schön: Das immer noch entscheidende Kriterium ist die Note und ein entsprechend akzeptables Auftreten gegenüber den Kollegen und Mandanten sowie die erforderliche Arbeitsmoral.
Da nur die wenigsten Bewerber Partner werden (möchten), ist das Alter per se erst einmal kein K.O.-Kriterium. Piercings oder Tätowierungen sind generell in den meisten Kanzleien nicht verboten, es sei denn, der Mandant könnte sich von dem Anblick gestört fühlen. Insofern ist die Frage, wie auffällig diese gestaltet sind.
Die Autorin, Dozentin und Management-Trainerin Carmen Schön berät Wirtschaftskanzleien und Unternehmen zu vielfältigen Themen wie der Rekrutierung von Mitarbeitern, beim Aufbau einer Abteilung bzw. einer Anwaltsmarke, bei der Vorbereitung von Pitches und bei der Führung von Teams und Mitarbeitern. Sie hat auch das Buch "Traumjob: Rechtsanwalt in einer internationalen Wirtschaftskanzlei" verfasst, das 2012 in einer Neuauflage in der Stark Verlagsgesellschaft erschienen ist.
Noch Fragen? In der nächsten Folge erklärt Carmen Schön, wie man Partner in der Großkanzlei wird – und wie nicht. Senden Sie uns Ihre Fragen gern an redaktion@lto.de, als Nachricht auf unsere Facebook-Seite oder per twitter
Carmen Schön, 4 Leserfragen an den Karriere-Coach: "Die Note bleibt das entscheidende Kriterium" . In: Legal Tribune Online, 29.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13631/ (abgerufen am: 26.04.2024 )
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