Soli, Umsatzsteuer, Bausparen: Mit Beginn des neuen Jahres treten diverse Gesetzesänderungen in Kraft. Die steuerlichen Neuerungen und deren Auswirkungen fassen Maximilian Krämer und Karl Reitmeier zusammen.
Der Gesetzgeber hat unmittelbar vor Jahresende noch Gesetze verabschiedet, die kurzfristig ihre Wirkung entfaltet haben. So wurde das Jahressteuergesetz 2020 erst in der Woche vor Weihnachten von Bundestag und Bundesrat beschlossen. Dies stellt nicht nur Berater, sondern auch alle betroffenen Steuerpflichtigen vor zeitliche Probleme, denn die steuerlichen Regelungen und deren Auswirkungen müssen so in kürzester Zeit umgesetzt werden.
Mehr Kindergeld und höhere Kinderfreibeträge
Das Kindergeld nach § 66 Einkommensteuergesetz (EStG) und die steuerlichen Kinderfreibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG steigen zum 1. Januar. Das Kindergeld erhöht sich für das erste und zweite Kind um 15 Euro pro Monat auf 219 Euro, für das dritte Kind auf 225 Euro und für das vierte und jedes weitere Kind jeweils auf 250 Euro. Der für jeden Elternteil vorgesehene Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kindes steigt um 144 Euro auf 2.730 Euro. Der Freibetrag je Elternteil für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes erhöht sich um 144 Euro auf 1.464 Euro.
Das Kindergeld ist eine unterjährige, steuerfreie Vorauszahlung zur Förderung der Familie und zur Kompensation der geminderten Erwerbsleistungsfähigkeit der Eltern bzw. des Elternteils. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung wird dann überprüft, ob die Anwendung der Kinderfreibeträge eine höhere steuerliche Entlastung bringen, andernfalls bleibt es bei dem schon ausgezahlten Kindergeld.
Mehr Geld für (manche) Bausparer
Die Wohnungsbauprämie erhält jeder Bausparer ab 16 Jahren, solange das zu versteuernde Einkommen die vorgegebene Einkommensgrenze nicht übersteigt. Sie kommt also nur für einen kleinen Teil der Bürger in Frage, wird aber gleich mehrfach verbessert. Damit honoriert der Staat neben der Arbeitnehmersparzulage und dem Wohn-Riester die Vermögensbildung von Bausparern.
Die der Bausparprämie zugrunde gelegte Einkommensgrenze des zu versteuernden Einkommens wird ab dem 1. Januar für Alleinstehende auf 35.000 Euro (vorher 25.600 Euro) und der maximal geförderte jährliche Sparbetrag auf bis zu 700 Euro (vorher 521 Euro) angehoben. Sowohl die Einkommensgrenze als auch der Sparbetrag verdoppeln sich jeweils bei zusammen veranlagten Ehepaaren. Auf Antrag zahlt der Staat als Wohnungsbauprämie nun zehn Prozent auf den gesparten (Höchst-)Betrag. Somit beträgt die mögliche Wohnungsbauprämie für Alleinstehende pro Jahr 70 Euro (bei einem gesparten Betrag von 700 Euro), für zusammen veranlagte Ehepaare 140 Euro. Die Auszahlung der Prämie erfolgt zugleich mit dem Bausparvertrag.
Vermietung an nahe Angehörige soll attraktiver werden
Nach bisheriger Rechtslage wurde die Vermietung von Wohnraum nach § 21 Abs. 2 S. 1 EStG in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Anteil aufgeteilt, wenn eine verbilligte Vermietung an Dritte oder an Angehörige vorliegt. In der Praxis betrifft dies hauptsächlich Mietverträge zwischen nahen Angehörigen. Eine verbilligte Vermietung liegt vor, wenn das Entgelt weniger als 66 Prozent der ortsüblichen Marktmiete beträgt. In diesem Fall wird nur für den entgeltlichen Teil, der dem prozentualen Anteil an der ortsüblichen Marktmiete entspricht, der Abzug der Werbungskosten zugelassen.
Weniger kompliziert ausgedrückt heißt das: Vor der Änderung waren viele Vermieter gezwungen, die Miete für nahe Angehörige zu erhöhen, auch wenn sie das gar nicht wollten, damit ihnen keine finanziellen Nachteile entstehen. Die Vergleichsgrenze zur ortsüblichen Marktmiete wurde nun von 66 Prozent auf 50 Prozent gesenkt. Mehr Vermieter können damit nun den nahen Angehörigen, die bei ihnen zur Miete wohnen, ohne Nachteil (ggf. weiterhin) einen günstigen Mietzins anbieten. Damit reagiert der Gesetzgeber auf das politische Ziel, bezahlbaren Wohnraum insbesondere in Ballungszentren zu schaffen bzw. zu erhalten.
CO2-Steuer: Benzin wird teurer
Schon im Mai 2020 hat die Bundesregierung eine CO2-Steuer beschlossen. Als CO2-Steuer bezeichnet man die Abgaben, die für die Emission von Kohlenstoffdioxid fällig werden. Seit 1. Januar werden pro emittierter Tonne CO2 25 Euro fällig; die Abgabe steigt über die Jahre kontinuierlich an. Im Jahr 2055 wird der CO2-Preis bei 55 Euro liegen.
Verbraucher müssen daher mit höheren Preisen und Kosten für Treibstoff, Heizöl und Erdgas rechnen. So hat sich, wie vom ADAC prognostiziert, der Liter Benzin um ca. 7 Cent und der Liter Diesel um ca. 8 Cent erhöht. Hinzu kommt noch die Umsatz- bzw. Mehrwertsteuer, sodass insgesamt eine Erhöhung von fast zehn Cent vorliegt.
Umsatzsteuer zurück zu sieben bzw. 19 Prozent
Die Umsatzsteuer, auch Mehrwertsteuer genannt, wurde zu Jahresbeginn erneut geändert. Nach der langwierigen und streitanfälligen Corona-bedingten Umsatzsteuerumstellung im Sommer 2020 erfolgte nun zum 1. Januar eine Rolle rückwärts zu den alten Steuersätzen.
Eine kleine Ausnahme gilt für einen Teil der Gastronomen: Ausschließlich für die vor Ort verzehrten Speisen – sobald dies nach dem Lockdown wieder möglich ist – mit Ausnahme von Getränken gilt noch bis 30. Juni 2021 der reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent. Erst ab 1. Juli 2021 wird dieser nach noch aktueller Gesetzeslage wieder bei 19 Prozent liegen.
Alle anderen Leistungen aus der Gastronomie außer Haus (Selbstabholer oder Lieferservice) mussten bereits zu Beginn des neuen Jahres wieder von fünf auf sieben Prozent umgestellt werden. Somit steigen die Preise für die Mitnahme von Speisen oder die Gastronomen müssen bei gleichbleibenden Preisen eine höhere Umsatzsteuer abführen.
Gegen den Kaufkraftverlust: Erhöhung des Grundfreibetrags
Zum Abbau der kalten Progression wurde der Grundfreibetrag, auf den keine Steuern zu zahlen sind, zum 1. Januar um 336 Euro auf 9.744 Euro erhöht. Der Grundfreibetrag dient der Absicherung des Existenzminimums, also zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts. Sofern das zu versteuernde Einkommen unter dem Grundfreibetrag liegt, ist keine Einkommensteuer zu zahlen. Die Erhöhung des Grundfreibetrags bedeutet beispielsweise bei einem Bruttoeinkommen von 50.000 Euro im Jahr eine Steuerersparnis von etwa 120 Euro.
Der Soli geht (für fast alle)
Der Solidaritätszuschlag wurde 1991 befristet für ein Jahr für verschiedene Mehrbelastungen aus dem Konflikt am Golf, Unterstützung europäischer Länder und der deutschen Einheit eingeführt. Rund drei Jahrzehnte später wird der im Volksmund sogenannte Soli für rund 90 Prozent der Steuerpflichtigen wegfallen.
Neben Privatpersonen profitieren auch Einzelunternehmer und Personengesellschaften, wenn die maßgebliche Einkommensgrenze nicht überschritten wird. Weiterhin zahlen müssen dagegen Spitzenverdiener wie auch natürliche Personen und Kapitalgesellschaften. Der Soli berechnet sich nach der zu zahlenden Einkommensteuer. Daher muss fortan von natürlichen Personen der Soli nur noch dann gezahlt werden, wenn die Einkommensteuer 16.956 Euro überschreitet. Dies ist in der Regel bei der Einzelveranlagung von Steuerpflichtigen ab 73.000 Euro brutto im Jahr der Fall.
Bei Bruttoeinnahmen von ca. 73.000 bis 109.000 Euro steigt der Soli in der Milderungszone von 3,5 auf 5,5 Prozent kontinuierlich an. Auf die Abgeltungssteuer von 25 Prozent auf Kapitaleinkünfte und die Körperschaftsteuer von körperschaftsteuerpflichtigen juristischen Personen wird der Soli weiterhin unverändert erhoben.
Höhere Pauschalen für Ehrenamtler und Übungsleiter
Die Übungsleiterpauschale und Ehrenamtspauschale nach § 3 Nr. 26 und Nr. 26a EStG steigen auf 3.000 bzw. 840 Euro an. Damit werden ehrenamtliche Tätigkeiten wie nebenberufliche Trainer in Sportvereinen, Ausbilder bei der freiwilligen Feuerwehr oder der DLRG, Schriftführer, Kassenwarte und Schiedsrichter unterstützt, sodass getragene Kosten, insbesondere Fahrtkosten, besser steuerfrei erstattet werden können. Der Freibetrag wird von der gezahlten Aufwandsentschädigung abgezogen. Nur der übersteigende Betrag wird der Einkommensteuer unterworfen.
Auch Geldspenden an Organisationen mit steuerbegünstigten Zwecken werden vereinfacht. Bisher musste eine Zuwendungsbestätigung (Spendenbescheinigung) ab einem Betrag von 200 Euro vorgelegt werden. Seit dem 01. Januar genügt bis zu einem Betrag von 300 Euro der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung der Bank als Nachweis. Die Spendenempfänger müssen keine Bestätigungen mehr ausstellen und werden so bürokratisch entlastet.
Kommen die steuerlichen Entlastungen auch an?
Bekommt der Otto Normalverbraucher nun wirklich eine Steuerentlastung spüren oder reichen die Maßnahmen dafür nicht weit genug?
In der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses wies der Bund der Steuerzahler schon im September 2020 auf letzteres hin. Insbesondere monierte er, dass der Gesetzgeber mit diesen eher kleinen Anpassungen nur auf unerlässliche verfassungsrechtlich gebotene Anpassungspflichten reagiere. Tatsächlich fallen fast zehn Milliarden von der mit rund 11,8 Milliarden Euro veranschlagten Jahreswirkung auf dieses verfassungsrechtlich gebotene "Pflichtprogramm".
Nun hat der Bürger 2021 bei gleichbleibendem Lohn am Ende des Monats zwar etwas mehr netto als noch im Jahr 2020. Rechnet man aber nur allein die inflationsbedingt ansteigenden Preise, höhere Kosten aufgrund der CO2-Steuer, die Auswirkungen des Kurzarbeitergeldes durch geringere monatliche Einnahmen und eine wahrscheinliche Steuernachzahlung für 2020 aufgrund des Progressionsvorbehaltes wegen des Kurzarbeitergeldes dagegen, kommt unter dem Strich für viele Menschen weniger Einkommen nach der Steuerbelastung heraus als noch im Vorjahr.
Die Autoren Maximilian Krämer und Karl Reitmeier sind als Rechtsanwälte für die auf Steuer- und Steuerstrafrecht spezialisierte Kanzlei Dinkgraeve Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB in München tätig.
Steuerrecht: . In: Legal Tribune Online, 06.01.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43900 (abgerufen am: 10.12.2024 )
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