Ein Berufssoldat wurde wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten verurteilt und musste sich zudem einem Wehrdisziplinarverfahren stellen. Immerhin kann er die Prozesskosten des Disziplinarverfahrens von der Steuer absetzen, so der BFH.
Rechtsverfolgungskosten eines Berufssoldaten für ein Wehrdisziplinarverfahren sind als Werbungskosten abziehbar. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss entschieden (Beschl. v. 10.01.2024, Az. VI R 16/21).
Der als Berufssoldat tätige Kläger wurde aufgrund eines strafrechtlich relevanten Textbeitrags auf seinem privaten Social-Media-Account rechtskräftig wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten (§ 111 Strafgesetzbuch (StGB)) verurteilt. Noch während des laufenden Strafverfahrens wurde gegen ihn auch ein gerichtliches Wehrdisziplinarverfahren eröffnet, welches neben dem im Strafverfahren behandelten Vorwurf zahlreiche weitere mutmaßliche Disziplinarvergehen – im Wesentlichen in Gestalt von Beiträgen auf seinem Social-Media-Account – zum Gegenstand hatte.
Für seine Vertretung in dem Disziplinarverfahren wandte der Kläger Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.785 Euro auf, deren Abzug er in seiner Einkommensteuererklärung beantragte. Zum Nachweis legte er unter anderem ein Schreiben seines Prozessvertreters vor, nach welchem im Wehrdisziplinarverfahren die Entfernung aus dem Dienstverhältnis gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 5 der Wehrdisziplinarordnung (WDO) im Raum stehe.
Dem widersprach das Finanzamt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH, wonach Prozesskosten eines Strafverfahrens grundsätzlich nicht als Werbungskosten abziehbar sind. Dieser Sichtweise erteilte der BFH nun aber eine klare Absage und gab dem Soldaten Recht.
BFH: Straf- und Disziplinarverfahren nicht vergleichbar
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach ständiger Rechtsprechung liegen Werbungskosten dann vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht, führte der BFH aus. Davon sei auszugehen, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und subjektiv auch dazu dienen sollen, also wenn sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit stehen.
Prozesskosten für ein Strafverfahren seien gemessen daran zwar nicht als Werbungskosten abziehbar. Der Grund dafür liegt aber laut dem BFH darin, dass es regelmäßig an einem solchen Zusammenhang zwischen der Straftat und der beruflichen Tätigkeit fehle. Dies sei bei Prozesskosten für ein Wehrdisziplinarverfahren jedoch anders. Gegenstand dieses Verfahrens sei die Ahndung von Dienstvergehen durch Verhängung von Disziplinarmaßnahmen, also: Kürzung der Dienstbezüge, Beförderungsverbot, Herabsetzung in der Besoldungsgruppe, Dienstgradherabsetzung oder Entfernung aus dem Dienstverhältnis. Diese wirkten sich auf das Dienstverhältnis und das berufliche Fortkommen aus.
Die Aufwendungen für die Verteidigung im Wehrdisziplinarverfahren dienen daher unmittelbar der Erhaltung der Einnahmen aus dem Dienstverhältnis, so das Gericht. Der Abziehbarkeit der Rechtsverteidigungskosten für das Wehrdisziplinarverfahren stehe auch nicht entgegen, dass die Dienstpflichtverletzungen teilweise Gegenstand eines Strafverfahrens gewesen seien. Nur die für das Strafverfahren aufgewandten Rechtsverteidigungskosten seien daher nicht als Werbungskosten abziehbar, die Kosten für das Wehrdisziplinarverfahren aber schon.
cho/LTO-Redaktion
BFH zu Rechtsanwaltskosten eines Berufssoldaten: . In: Legal Tribune Online, 04.04.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54251 (abgerufen am: 08.10.2024 )
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