Druckversion
Montag, 25.09.2023, 21:51 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/hintergruende/h/ovg-lueneburg-beschluss-11-la-1-13-polizei-filmen-demonstration-identitaetsfeststellung/
Fenster schließen
Artikel drucken
9007

Aufnahmen von Polizisten bei Demo: Filmen nur gegen Ausweis

von Klaus Weber

25.06.2013

Polizisten

© Sven Grundmann - Fotolia.com

Demonstranten dürfen Polizisten filmen. Allerdings müssen sie dann damit rechnen, sich ausweisen zu müssen. Die Bilder dürfen nämlich nicht ohne Einwilligung veröffentlicht werden. Das stellte das OVG Lüneburg vergangene Woche auf die Klage eines Demonstranten fest. Zu Recht, meint Klaus Weber, besonders gravierend sei der Eingriff im Übrigen nicht.

Anzeige

Es gehört mittlerweile zum Standard, dass Polizisten eine Demonstration filmen – ob sich die Teilnehmer friedlich verhalten oder gewalttätig, macht keinen Unterschied. Demonstranten gehen deshalb zum Gegenangriff über. Sie fordern nicht nur, dass Polizisten im Einsatz Namensschilder tragen, sondern greifen selbst zu Fotoapparat und Videokamera.

"BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz", stand auch auf den Buttons, die die Demonstranten in Göttingen an ihre Jacken geheftet hatten, und zumindest manche von ihnen erweckten wohl den Anschein, die umstehenden Polizisten zu filmen. Das führte dazu, dass es am Ende die Demonstranten – und nicht die Beamten – waren, die ihre Namen offenlegen mussten. Und zwar zu Recht, wie nun das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg auf die Klage eines Demonstranten hin feststellte. Wer Polizisten fotografiert, muss seine Identität preisgeben (Beschl. v. 19.06.2013, Az. 11 LA 1/13).

Kein gravierender Eingriff

Eine Identitätsfeststellung ist eine Maßnahme der Gefahrerforschung, die Polizeigesetze der Länder regeln die Voraussetzungen, unter denen sie zulässig ist. Ohne Grund muss niemand der Polizei seinen Namen nennen. Anders als häufig angenommen, ist man auch nicht dazu verpflichtet seinen Personalausweis bei sich zu führen.

Die an einem Geschehen beteiligten Personen namhaft zu machen, soll der Polizei helfen, eine potentielle Gefahr weiter aufzuklären und festzustellen, ob jemand ein Störer ist, also für die Gefahr verantwortlich ist. Die Identitätsfeststellung ist dabei nur Mittel zum Zweck – sie ist Voraussetzung dafür, dass die Polizei nachfolgende Maßnahmen gegenüber der richtigen Person trifft.

Der Eingriff in die Rechte der Betroffenen ist dabei nicht gravierend, auch im alltäglichen Leben muss man sich immer wieder ausweisen, wenngleich nicht unbedingt gegenüber der Polizei. Es braucht daher keine besonderen Voraussetzungen, um die Polizei zu einem solchen Eingriff zu ermächtigen – die Einschreitschwelle kann der Gesetzgeber niedrig ansetzen.

Keine Vorverurteilung der Bürgerrechtsgruppe

Zwar hatte der Kläger bestritten, selbst Aufnahmen von den Polizisten gemacht zu haben. Seine Begleiterin, mit der er als "Beobachtungsteam" aufgetreten war, hatte aber zumindest den Anschein erweckt, die Polizisten zu filmen. Dieses Verhalten war dem Kläger zuzurechnen, wie das OVG zu Recht entschied.

Polizeiliche Einsätze zu filmen und zu fotografieren, ist grundsätzlich zulässig. Nach §§ 22, 23 Kunsturhebergesetz (KUG) i.V.m. § 33 KUG macht man sich erst dann strafbar, wenn man Bilder ohne Einwilligung der Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau stellt.

Dass der Kläger gegenüber den Polizisten erklärt haben will, die Aufnahmen nicht zu veröffentlichen, ändert nichts daran, dass die Beamten einen Gefahrenverdacht annehmen durften. Sie sahen sich mit einer ihnen unbekannten Person konfrontiert, die den Eindruck erweckte, aus unmittelbarer Nähe Aufnahmen von ihnen zu machen. Der Kläger und seine Begleiterin hatten angegeben, für die Interessengemeinschaft "BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz" tätig zu sein, und die Aufnahmen dort verwenden zu wollen. Die Polizisten durften deshalb davon ausgehen, dass durchaus die Gefahr bestand, dass die Nahaufnahmen von ihnen veröffentlicht werden – im Internet oder zumindest innerhalb der Gruppe.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass die Polizisten die Personalien des Klägers feststellten, um weitere Maßnahmen ergreifen oder einen möglichen späteren Rechtsverstoß verfolgen zu können. Die Maßnahme ist auch nicht, wie der Kläger meint, mit einer Vorverurteilung der Bürgerrechtsgruppe gleichzusetzen. Es ging auch nicht um die Sicherstellung von Foto- und Filmmaterial oder gar ein Fotografier- und Filmverbot, sondern nur um eine Identitätsfeststellung.

Der Autor Klaus Weber hat zahlreiche Beiträge zum Versammlungsrecht in Fachzeitschriften veröffentlicht und 2010 das Werk "Sächsisches Versammlungsrecht" verfasst.

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

Klaus Weber, Aufnahmen von Polizisten bei Demo: Filmen nur gegen Ausweis . In: Legal Tribune Online, 25.06.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9007/ (abgerufen am: 25.09.2023 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Verwaltungsrecht
    • Polizei- und Ordnungsrecht
    • Urheber- und Medienrecht
    • Demonstrationen
    • Persönlichkeitsrecht
    • Polizei
  • Gerichte
    • Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
20.09.2023
Referendariat

Erfahrungsbericht zur Strafstation:

Auf Nacht­fahrt mit der Polizei

In vielen Bundesländern können Referendare während der Strafstation eine Schicht bei der Polizei miterleben. Tobias Hübner rät dazu, diese Chance unbedingt zu nutzen, schon weil sie den Blick für den Alltag schärfe.

Artikel lesen
19.09.2023
Polizei

Nach Entscheidung des VG Gelsenkirchen:

NRW geht weiter gegen poli­zei­kri­ti­sche Dozentin vor

Durch eine Entscheidung des VG Gelsenkirchen hat Bahar Aslan weiterhin ihren Lehrauftrag an der Polizeihochschule NRW. Hiergegen wehrt sich das Land mit einer Beschwerde.

Artikel lesen
25.09.2023
AfD

AfD-Organklage zum Fragerecht:

Geheime jour­na­lis­ti­sche Neben­tä­tig­keiten

Die AfD-Fraktion im Bundestag hat die Bundesregierung verklagt, weil diese nicht durchweg öffentlich macht, welche Journalisten sie für Moderationen und andere Nebentätigkeiten bezahlt hat. Christian Rath kennt die Klageschrift.

Artikel lesen
25.09.2023
Kunst

AG München verurteilt Museumsmitarbeiter:

Gemälde durch Fäl­schungen ersetzt und ver­kauft

Ein Mitarbeiter eines Münchner Museums hat Gemälde aus einem Depot durch Fälschungen ersetzt und das Original versteigern lassen. Das Amtsgericht verurteilte ihn dafür nach dem Kulturgutschutzgesetz.

Artikel lesen
25.09.2023
Staatsexamen

Aktuelle Zahlen zum Zweiten Examen:

In Baden-Würt­tem­berg fallen die wenigsten durch

Mehr Prädikatsexamen, aber auch mehr Durchfaller im Vergleich zum Vorjahr: Die aktuellen Zahlen des Bundesamts für Justiz zum Zweiten Examen sind da. Erneut war die Durchfallquote in Baden-Württemberg am geringsten.

Artikel lesen
23.09.2023
Quizze

LTO-Rechtsquiz einmal anders:

Wie gut kennen Sie diese Serien und Filme mit Jura-Bezug?

Normalerweise fragen wir in unserem Rechtsquiz immer "hartes" Jura ab. Heute zeigen wir aber mal unsere weiche Seite und wollen von Ihnen wissen: Wie gut kennen Sie die folgenden Jura-Filme und Anwaltsserien?

Artikel lesen
TopJOBS
Werk­stu­dent für LTO-News­desk (m/w/d)

Wolters Kluwer Deutschland GmbH , Hürth

Le­gal Coun­sel (m/w/d)

GEMA Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte , Mün­chen

Ju­ris­ti­sche Mit­ar­bei­ter | IP­Tech | Düs­sel­dorf

Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern , Düs­sel­dorf

Wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter (m/w/d)

SammlerUsinger , Ber­lin

Ju­ris­tin / Ju­rist (m/w/d) als Re­fe­ren­tin / Re­fe­rent (m/w/d)

Die Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landtages , Kiel

Re­fe­ren­da­re (m/w/d)

DLA Piper UK LLP , Ham­burg

Le­gal Cor­po­ra­te Coun­sel / Un­ter­neh­mens­ju­rist (m/w/d)

WERTGARANTIE Group , Han­no­ver

Se­nior Di­gi­tal Pro­duct Ma­na­ger - WKO (m/w/d)

Wolters Kluwer Deutschland GmbH , Hürth

Alle Stellenanzeigen
Veranstaltungen
BRL Get-together für Referendare, wissenschaftliche Mitarbeitende & Studierende

12.10.2023, Hamburg

Entdecken Sie unbekannte Module in RA-MICRO, um mehr Effektivität in Ihren Arbeitsalltag zu bringen

02.10.2023

RA-MICRO 365 Cloud – Sicherheit und Flexibilität auf höchstem Niveau!

02.10.2023

INCOTERMS2020 Train-the-Trainer

09.10.2023, Frankfurt am Main

PreCOP Forum "Half the time is up: How can the green transition still be achieved?"

10.10.2023, Berlin

Alle Veranstaltungen
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH