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Jens Gnisa ist neuer Vorsitzender des DRB: Tanz nach Berlin

von Tanja Podolski

29.04.2016

Justizia

© sebra - Fotolia.com

Der DRB hat einen neuen Vorsitzenden: Den Job übernimmt Jens Gnisa. Der Direktor des AG Bielefeld will auf mehr Richterstellen, bessere Besoldung und praxisnahe Reformen hinwirken – und den einen oder anderen Tanz hinlegen.

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Der Deutsche Richterbund (DRB) hat einen neuen Vorsitzenden: Die Bundesvertreterversammlung als höchstes Beschlussorgan hat Jens Gnisa am Donnerstag in Berlin gewählt. Er tritt die Nachfolge von Christoph Frank an, der nach neun Jahren und zwei Wiederwahlen nicht erneut kandidiert hatte.

Jens Gnisa

Der DRB ist ein Berufsverband der Richter und Staatsanwälte in Deutschland. Über die 25 Mitgliedsvereine gehören ihm mehr als 16.000 Personen an. Organe des DRB sind die Bundesvertreterversammlung, der Bundesvorstand und das Präsidium.

Gerichtsdirektor und DRB-Vorsitzender

Jens Gnisa weiß, auf was er sich einlässt: Der 52-Jährige gehört dem Präsidium bereits seit 2010 an, seit 2013 ist er stellvertretender Vorsitzender. Von 2005 bis 2008 war der gebürtige Bielefelder Landesvorsitzender des Bundes der Richter und Staatsanwälte in Nordrhein- Westfalen. Er wurde 1993 zum Richter auf Lebenszeit beim Amtsgericht Paderborn berufen, wechselte fünf Jahre später an das Landgericht Paderborn und war von 2002 bis 2007 Richter am Oberlandesgericht Hamm. Dort war er insbesondere mit Familiensachen und Verwaltungsangelegenheiten befasst, bevor er von 2007 bis 2012 das Amt des Vizepräsidenten beim Landgericht Paderborn übernahm. Seit 2012 ist Gnisa Direktor des Amtsgerichts Bielefeld.

Um genug Zeit für seine neuen Aufgaben zu haben, wird er bei Gericht etwas kürzer treten müssen und eine teilweise Freistellung beantragen. Gemeinsam mit seinem Stellvertreter in Bielefeld werde die Leitung des Gerichts so weiter möglich sein. Die Satzung des DRB lässt es grundsätzlich zu, dass der Vorsitzende seine hauptamtliche Tätigkeit um bis zu 50 Prozent reduzieren kann und der Verband den Verdienstausfall sowie etwaige versorgungsrechtliche Nachteile ausgleicht.

Einsatz für mehr Richterstellen

"Als Direktor eines Amtsgerichtes fühle ich mich als ein Mann der Basis", sagt Gnisa. Es sei ihm wichtig, Sprachrohr der Kollegen zu bleiben. Dabei wird er in Berlin, dem Sitz des Verbandes, regelmäßig den Austausch mit dem Bundesjustizministerium, den Landesjustizministern und weiteren Vertretern aus Politik und Justiz pflegen. "Meine Aufgabe als Vorsitzender wird sein, den Verband nach außen zu repräsentieren, politische Kontakte herzustellen und mich um positive Entwicklungen für die Justiz zu bemühen."

Einiges habe sich bereits gut entwickelt: "Ich verstehe es als positives Signal, dass Bayern und Nordrhein-Westfalen gerade viele Richter einstellen wollen", so Gnisa. In den vergangenen Jahren hätten die Länder sich nicht einmal an die mittels des Personalbedarfsberechnungsverfahren PEBB§Y ermittelten Zahlen gehalten. "Die Richter und Staatsanwälte hatten über Jahre hinweg einen Fehlbedarf  an Personal von mindestens zehn Prozent", so der Bielefelder. In vielen Ländern sei die Situation nach wie vor problematisch. "Daher bleibt die Belastung der Richter und Staatsanwälte ein wichtiges Thema für den Verband."

Besoldung, Prozessrecht und Tanzabende

Ein zweites wichtiges Thema ist für ihn die Besoldung. "Als ich angefangen habe, als Richter zu arbeiten, lag ich mit meinen 4.800 Deutsche Mark-Gehalt noch deutlich über den Anwälten", sagt Gnisa. Da habe es die großen Kanzlei-Fusionen allerdings noch nicht gegeben. Die kamen erst Ende der 90er Jahre – und damit ein steter Anstieg der Gehälter. "Unser Ziel muss sein, im Konkurrenzkampf um gutes Personal zumindest mithalten zu können", so der Richter.

Außerdem will Gnisa die Politik bei Gesetzesänderungen für die Bedürfnisse der Praxis sensibilisieren. "Nehmen Sie etwa die Reform der Strafprozessordnung. Der Entwurf enthält sinnvolle Vorschläge, aber einige Neuregelungen würden die Arbeit der Richter und Staatsanwälte ohne Not zusätzlich erschweren." Das gelte etwa für einen flächendeckenden Einsatz von Videoaufnahmen im Ermittlungsverfahren. Auch das Gesetzgebungsverfahren zur Reform der Tötungsdelikte wird der Verband eng begleiten.

Es soll nicht nur Ernst werden für ihn in Berlin. Seine drei Kinder sind zwischen 20 und 26 Jahre und erheben keine großen Ansprüche mehr an väterliche Verfügbarkeit. "Ich werde also Zeit haben, den Verband auf dem einen oder anderen Ball zu repräsentieren." Der 52-Jährige tanzt seit rund zehn Jahren aktiv Standard. "Und ab und zu ein bisschen Glanz mag ich gerne." Das kann man auch als Mann der Basis.

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Tanja Podolski, Jens Gnisa ist neuer Vorsitzender des DRB: Tanz nach Berlin . In: Legal Tribune Online, 29.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19211/ (abgerufen am: 04.06.2023 )

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