Problemhund, Renten-Doppelbesteuerung, Erbschaftsteuer, Corona-Maßnahmen und elektronische Kassen: Der BFH hat auch in diesem Jahr einige Entscheidungen gefällt, die Sie auf Ihrem juristischen Radar haben sollten.
1/6: Spende für Problemhund kann abzugsfähig sein
Der steuerliche Abzug einer Spende ist auch dann möglich, wenn diese einer konkreten Zweckbindung unterliegt. So urteilte der Bundesfinanzhof (BFH, Urt. v. 16.03.2021, Az. X R 37/19). Sie könne etwa dann anzuerkennen sein, wenn die Spende einem bestimmten "Problemhund" in einem Tierheim zugutekommen soll.
Die Klägerin hatte einen im Tierheim lebenden Problemhund ins Herz geschlossen und wollte dem kaum mehr vermittelbaren Tier die Unterbringung in einer gewerblichen Tierpension ermöglichen. Zu diesem Zweck übergab sie einem gemeinnützigen Tierschutzverein und der Tierpension 5.000 Euro. Der Tierschutzverein stellte der Klägerin eine Spendenbescheinigung über diesen Betrag aus. Das Finanzamt und das Finanzgericht (FG) verweigerten die Anerkennung.
Der BFH hob die vorinstanzliche Entscheidung auf und verwies die Sache zurück an das FG. Die Bestimmung eines konkreten Verwendungszwecks der Spende durch die Klägerin stehe dem steuerlichen Abzug nicht entgegen, hieß es zur Begründung. Voraussetzung sei laut BFH allerdings, dass sich die Zweckbindung im Rahmen der vom Tierschutzverein verfolgten steuerbegünstigten Zwecke halte. Das FG müsse daher noch prüfen, ob die Unterbringung des Hundes in einer Tierpension der Förderung des Tierwohls diene.
2/6: Doppelbesteuerung von Renten
Der BFH hat Berechnungsgrundlagen zur doppelten Besteuerung von Renten festgelegt und damit eine drohende Doppelbesteuerung künftiger Rentnergenerationen aufgezeigt (Urt. v. 19.5.2021, Az. X R 33/19). In einem zweiten Urteil hat das Gericht außerdem entschieden, dass es bei privaten Renten systembedingt nicht zu einer doppelten Besteuerung kommen könne. Geklagt hatten ein Steuerberater und ein Zahnarzt. Beide beziehen Rente und waren der Auffassung, dass diese zumindest teilweise doppelt besteuert würden, was verfassungswidrig sei.
Im Verfahren des Steuerberaters beschäftigte sich das Gericht mit der Frage, ob Übergangsregelungen zu einer doppelten Besteuerung führen und wie man eine solche überhaupt berechnen und ermitteln kann. Der ehemalige selbstständige Steuerberater war gesetzlich rentenversichert und zahlte die Rentenbeiträge überwiegend aus seinem eigenen Einkommen. Diese Aufwendungen konnte er entsprechend steuerlicher Übergangsregelungen nur teilweise absetzen. 2007 ging er in Rente und wandte sich nun gegen den Steuerbescheid für das Jahr 2008.
Aufgrund der Übergangsregelungen behandelte das Finanzamt 46 Prozent der ausgezahlten Rente als steuerfrei, während es für die restlichen 54 Prozent Einkommensteuer erhob. Der Steuerberater legte jedoch eigene Berechnungen vor, nach denen er rechnerisch weit mehr als 46 Prozent seiner Rentenbeiträge aus seinem bereits versteuerten Einkommen geleistet hatte. Daher war er überzeugt, dass er verfassungswidrig doppelt besteuert wurde.
Dieser Auffassung folgte der BFH im konkreten Fall nicht. Wertsteigerungen könnten bei Renten "unabhängig davon, ob sie inflationsbedingt sind oder eine reale Erhöhung darstellen", besteuert werden. Außerdem stellte er Berechnungsparameter für eine doppelte Besteuerung auf: Zum steuerfreien Rentenbezug seien sowohl die jährlichen Rentenfreibeträge des Beziehers als auch die Beträge eines möglicherweise länger lebenden Ehegatten aus dessen Hinterbliebenenrente zu rechnen.
Unberücksichtigt müsste hingegen beispielsweise der sogenannte Grundbetrag bleiben, der das "steuerliche Existenzminimum" sichern soll. Zudem hat der BFH auch die Berechnung des Teils der Rentenversicherungsbeiträge spezifiziert, der aus versteuertem Einkommen erbracht wird. Für den klagenden Steuerberater kam der BFH damit nicht zu einem anderen Ergebnis als das Finanzamt und wies die Klage ab.
3/6: Auch der Zahnarzt unterliegt
Der im zweiten Verfahren klagende Zahnarzt erhielt im Jahr 2009 eine Altersrente der Deutschen Rentenversicherung sowie Zusatzleistungen aus der dortigen Höherversicherung und bezog außerdem mehrere Rürup-Renten sowie Renten aus privaten Kapitalanlageprodukten.
Das Finanzamt setzte für die gesetzliche Altersrente inklusive Höherleistungen einen Besteuerungsanteil von 58 Prozent und einen steuerfreien Betrag von 42 Prozent an. Daneben wurden unter Anwendung der Öffnungsklausel die Rürup-Rente mit dem Besteuerungsanteil und die privaten Leibrenten mit dem Ertragsteil in Ansatz gebracht. Der Zahnarzt wandte dagegen ein, die Beiträge, die er aus versteuertem Einkommen gezahlt habe, seien höher als der steuerfreie Teil der Rente.
Auch hier sah der BFH keine Doppelbesteuerung (Urt. v. 19.5.2021; Az. X R 20/19). Er bestätigte die Besteuerung der freiwilligen Höherversicherung zur gesetzlichen Altersrente nach den allgemeinen Regeln für reguläre Rentenbezüge und stellte klar, dass die Rürup-Rente in vollem Umfang zu berücksichtigen sei. Der BFH stimmte dem klagenden Zahnarzt zwar dahingehend zu, dass das Finanzamt die Öffnungsklausel nur auf seinen Antrag hin hätte anwenden dürfen. Konkret ergäben sich durch die Anwendung aber keine Nachteile für den Zahnarzt, so die Richter.
4/6: Keine "Steuerpause" beim Erwerb von Privatvermögen
Auch Erbfälle ab dem 1. Juli 2016 unterliegen der Erbschaftsteuer. Das hat der BFH bestätigt. Hauptstreitpunkt im Verfahren war die Frage, ob der Gesetzgeber im November 2016 erbschaftsteuerrechtliche Regelungen rückwirkend ab dem 1. Juli 2016 in Kraft setzen konnte.
Auslöser war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Jahre 2014 (Urt. v. 17.12.2014, Az. 1 BvL 21/12). Das Gericht hatte entschieden, dass das damals gültige Erbschaftsteuerrecht zwar verfassungswidrig war, trotzdem aber bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber weiter angewendet werden konnte. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, spätestens bis zum 30. Juni 2016 eine Neuregelung zu schaffen.
In dem vom BFH zu entscheidenden Fall trat der Erbfall für die Klägerin am 28. September 2016 ein, als ihre Tante verstarb. Die Klägerin erbte ausschließlich Privatvermögen. Zu diesem Zeitpunkt war das Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Erbschaftsteuerrechts noch nicht abgeschlossen. Deswegen meinte die Klägerin, ihr Erwerb unterliege nicht der Erbschaftsteuer, die Rückwirkung der Neuregelung sei unzulässig – und die Neuregelung damit insgesamt verfassungswidrig.
Der BFH sah dies anders. Nach der Entscheidung des BVerfG sei das bisherige Recht bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar gewesen. Aus diesem Grund sei die Festsetzung der Erbschaftsteuer für das erworbene Privatvermögen rechtmäßig gewesen (Urt. v. 06.05.2021; Az. II R 1/19).
Der Gesetzgeber habe lediglich die Besteuerung des Erwerbs von Betriebsvermögen neu geregelt. Nicht geändert hätten sich die Regelungen zum Erwerb von Privatvermögen – so auch im Fall der Klägerin. Deshalb konnte der BFH auch offenlassen, ob die 2016 geänderten großzügigen Regelungen zum Erwerb von Betriebsvermögen verfassungskonform sind. Diese spielten im Streitfall keine Rolle.
5/6: Keine Begünstigung bei Hinweis auf Widerstand gegen Coronaregeln
Der steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit steht es entgegen, wenn ein Verein im Zusammenhang mit Coronamaßnahmen auf das Recht zum Widerstand hinweist. Dies habe nichts mehr mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens oder des allgemeinen demokratischen Staatswesens zu tun, entschied der BFH in einem Eilverfahren (Beschl. v. 18.08.2021, Az. V B 25/21 (AdV)).
Der Verein verfolgt nach seiner Satzung die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens sowie des allgemeinen demokratischen Staatswesens. Auf seiner Internetseite stellte er die Effektivität von Masken zum Schutz vor Viren infrage. Zudem veröffentliche er zeitweise eine Aufforderung an die Bundesregierung und die Landesregierungen, sämtliche in der Coronapandemie verhängten Maßnahmen sofort aufzuheben. Für den Fall der Weiterführung der Maßnahmen wies auf das Recht zum Widerstand nach Art. 20 Abs. 4 GG hin. Ein Vorstandsmitglied des Vereins sprach laut BFH außerdem im Zusammenhang mit den Coronamaßnahmen über die mögliche Abhängigkeit von Politikern anderer Mächte.
Dem BFH zufolge stehen derartige Betätigungen der Gemeinnützigkeit nach § 52 der Abgabenordnung (AO) entgegen. Grundsätzlich schade eine Verbindung der Vereinszwecke mit einer gewissen politischen Zielsetzung der Gemeinnützigkeit zwar nicht, die politische Tätigkeit müsse aber auch für den jeweiligen steuerbegünstigten Zweck erforderlich sein.
Laut BFH trifft dies auf den vorliegenden Fall nicht zu. Zwar gehöre zur Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens auch die Information der Bevölkerung über die Verhinderung und Bekämpfung von Krankheiten. Die Informationen dürften grundsätzlich auch dem widersprechen, was den Parlamenten oder Regierungen als Entscheidungsgrundlage dient. Nicht mit der Gemeinnützigkeit vereinbar seien jedoch die Hinweise auf das Recht zum Widerstand und die Behauptung der Abhängigkeit von Politikern anderer Mächte.
Dasselbe gelte in Bezug auf eine Gemeinnützigkeit wegen der allgemeinen Förderung des demokratischen Staatswesens. Um die Voraussetzungen zu erfüllen, müsse sich eine Körperschaft umfassend mit den demokratischen Grundprinzipien befassen und diese in geistiger Offenheit objektiv und neutral würdigen. Dies habe der konkrete Verein jedoch nicht getan.
6/6: Keine Pflicht zur Einführung elektronischer Kassen
Ein Wirtshaus ist durchaus ein "bargeldintensiver Betrieb" - und Gastronomen mit altmodischer analoger Kasse können Einnahmen ohne große Mühe vor dem Fiskus verstecken. Das ist beklagenswert, aber nicht verfassungswidrig, urteilte der BFH (Urt. v. 16.09.2021, Az. IV R 34/18).
Ein schwäbischer Wirt und Rechtsanwalt hatte auf die Pflicht zur Einführung manipulationssicherer Kassen in der Gastronomie geklagt. Der Kläger wirft Staat und Steuerbehörden vor, in der Gastronomie "massenhafte Steuerhinterziehung" zu tolerieren. Er selbst nutzt in seinen Betrieben elektronische Kassen und argumentiert, dass die fehlende gesetzliche Verpflichtung zur Führung einer elektronischen Kasse zur verfassungswidrigen Ungleichbehandlung der Wirte führe: Gastronomen mit manipulationssicheren Kassen können ihre Einnahmen kaum vor dem Finanzamt verstecken - anders als Wirte, die altmodische analoge Kassen haben oder die Einnahmen in der Schublade aufbewahren.
Seine Klage zielte auf die Feststellung, dass die fehlende gesetzliche Verpflichtung zur Führung einer elektronischen Kasse ein strukturelles, dem Gesetzgeber zuzurechnendes Vollzugsdefizit verursache und deshalb verfassungswidrig sei.
Der vierte Senat des BFH stellte in seinem Urteil zwar fest, dass es Mängel bei der Besteuerung der Gastronomie gibt. Diese seien jedoch nicht so gravierend, dass die Besteuerung verfassungswidrig und dem Gesetzgeber zuzurechnen wäre.
Sollte man kennen: Sechs wichtige BFH-Entscheidungen aus 2021 . In: Legal Tribune Online, 28.12.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46865/ (abgerufen am: 04.12.2023 )
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