Viele verheiratete Paare führen gemeinsame Konten. Dabei ist Vorsicht geboten, denn nach einem Urteil des BFH können Einzahlungen des einen Partners als Zuwendungen an den anderen gewertet werden– mit dem Ergebnis, dass dann Schenkungsteuer gezahlt werden muss. Alexander Knauss über eine folgerichtige Entscheidung und den besten Weg für Ehegatten aus der Steuerfalle.
Die Entscheidung für gemeinsame Ehegattenkonten hat viele Gründe: Häufig wollen die Partner ihr Vermögen schlicht gemeinsam verwalten oder dem anderen Teil den gleichberechtigten Zugriff auf die eigenen Vermögenswerte gewähren.
Derartige Konten werden typischerweise als so genannte Oder-Konten geführt. Das bedeutet, dass jeder Kontoinhaber im Verhältnis zur Bank allein verfügungsberechtigt ist. Der Betreffende kann der Bank also Aufträge wie Überweisungen oder Abhebungen erteilen, ohne dass der andere Ehegatte ausdrücklich zustimmen muss. "Oder-Konten" bringen es also typischerweise mit sich, dass zwischen den Vermögenssphären der beteiligten Eheleute nicht sauber getrennt wird, sondern beide Partner auf das Kontoguthaben zugreifen können.
Ein Konto für Aktiengeschäfte, eines zur Bestreitung des Lebensunterhalts
In dem vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedenen Fall führten die Eheleute ein gemeinsames Konto nebst Depot, auf das der Ehemann innerhalb von vier Jahren erhebliche Beträge einzahlte, die er aus der Veräußerung einer geschäftlichen Beteiligung erworben hatte. Von diesem Konto wiederum führte der Ehemann in der Folgezeit unter anderem diverse Aktientransaktionen für das gemeinsame Depot der Eheleute durch. Dabei überwies er auch beträchtliche Summen auf ein anderes, seit vielen Jahren bestehendes Konto, das beide Partner regelmäßig zur Bestreitung des gemeinsamen Lebensunterhalts nutzten.
Für dieses zweite Konto hatte die Ehefrau lediglich eine Vollmacht, Kontoinhaber war der Ehemann. In den gemeinsamen Einkommensteuererklärungen der Eheleute wurden die Spekulationsgewinne und Zinsen aus dem gemeinsamen Konto und Depot den Eheleuten je zur Hälfte zugerechnet. Die Einkommensteuer wurde von diesem Konto bezahlt.
Das Finanzamt sah die Einzahlungen auf das gemeinsame Konto in Höhe von 50 Prozent als freigebige Zuwendung des Ehemannes an seine Frau und setzte entsprechend Schenkungsteuer fest. Einspruch und Klage des Ehemannes blieben erfolglos.
Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts schließlich auf. Die Münchener Richter sahen nach den bisherigen Feststellungen der ersten Instanz keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine freigiebige Zuwendung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) , welche die Festsetzung der Schenkungsteuer gerechtfertigt hätte (Urt. v. 23.11.2011, Az. II R 33/10).
BFH: Für die Verfügungsbefugnis ist allein die Zivilrechtslage maßgeblich
Allerdings stellt der BFH in seiner Entscheidung grundsätzlich fest, dass in der Einzahlung auf ein gemeinsames Konto durchaus eine schenkungsteuerpflichtige Zuwendung eines Ehegatten an den anderen liegen kann. Dies setzt allerdings voraus, dass die Leistung auf Kosten des einzahlenden Ehegatten zu einer Bereicherung des anderen Ehegatten führt und diese Zuwendung objektiv unentgeltlich ist. Der Empfänger muss also berechtigt sein, tatsächlich und rechtlich frei über den eingezahlten Betrag oder Teile davon verfügen zu können. Maßgeblich hierfür ist ausschließlich die Zivilrechtslage.
Zwar ist nach Ansicht der Richter beim Oder-Konto jeder Ehegatte berechtigt, als Gesamtgläubiger gem. § 428 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) im Außenverhältnis, also gegenüber der Bank, über das Kontoguthaben frei zu verfügen. Maßgeblich für die Beurteilung sei aber das so genannte Innenverhältnis, also das Verhältnis der Eheleute untereinander. Bei einem Oder-Konto seien beide im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist (§ 430 BGB). Weil Eheleute in der Regel keine schriftlichen Vereinbarungen darüber treffen, wem das Guthaben zustehen soll, ist nach Auffassung der obersten Finanzrichter eine Beurteilung anhand objektiver Kriterien erforderlich. Entscheidend sei, wie beide Partner das Konto tatsächlich handhaben und wie sie die Mittel verwendeten, die nicht für die laufende Lebensführung benötigt werden. Dabei listet der BFH etliche Indizien auf, die seiner Ansicht nach für oder gegen die Annahme einer freigiebigen Zuwendung sprechen.
Im entschiedenen Fall trug laut BFH das Finanzamt die Feststellungslast dafür, dass der nicht einzahlende Ehegatte über das Guthaben auf dem Oder-Konto zur Hälfte tatsächlich und rechtlich frei verfügen konnte. Diese Feststellungslast kehrt sich allerdings um, wenn - anders als hier - deutliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass beide Ehegatten zu gleichen Anteilen an dem Guthaben beteiligt sind.
Ehegatten sollten sich Zweck und Notwendigkeit des gemeinsamen Kontos genau überlegen
Die Entscheidung des BFH ist konsequent, ausgewogen und insofern zu begrüßen, als für die steuerrechtliche Beurteilung ausdrücklich die zivilrechtliche Lage als maßgeblich erachtet wird. Erfreulich ist auch, dass die Münchener Richter Leitlinien dazu aufgestellt haben, welche Indizien für die Beurteilung herangezogen werden können und welche nicht.
Dennoch ist Vorsicht geboten: Spätestens bei Versterben eines Ehegatten geben überlebende Ehegatten im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung bei Gemeinschaftskonten regelmäßig an, dass nur das hälftige Kontoguthaben in den Nachlass gefallen ist. Das ist so nur dann richtig, wenn auch der überlebende Ehegatte maßgebliche Einzahlungen auf das gemeinsame Konto geleistet hat. Die Angabe in der Erbschaftsteuererklärung impliziert sonst gegebenenfalls eine bereits zu Lebzeiten erfolgte Zuwendung - was den meisten Betroffenen vermutlich nicht bewusst ist.
Mit Blick auf die Entscheidung des BFH sollten sich Ehegatten daher vor Einrichtung eines Gemeinschaftskontos überlegen, welchen Zwecken dieses Konto dienen soll und ob dafür ein gemeinsames Konto wirklich notwendig ist. Möglicherweise genügt auch die Einräumung einer Kontovollmacht für das Konto des anderen.
Die beschriebenen Probleme tauchen allerdings erst dann auf, wenn die in Rede stehenden Zuwendungen den persönlichen Freibetrag des Ehegatten übersteigen, der zurzeit 500.000 Euro innerhalb von zehn Jahren beträgt (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Ist dies aufgrund der Höhe der Beträge absehbar, sollten die Betroffenen sorgfältig dokumentieren, wem das auf einem gemeinsamen Konto eingezahlte Guthaben tatsächlich im Innenverhältnis zusteht, um böse Überraschungen zu vermeiden. Auch unterhalb dieser Schwelle kann eine solche Dokumentation aber sinnvoll sein, um nicht unnötig Freibeträge zu verbrauchen, die dann für tatsächlich gewollte Schenkungen oder im Erbfall nicht mehr zur Verfügung stehen.
Rechtsanwalt Alexander Knauss ist unter anderem Fachanwalt für Erbrecht sowie Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner der überörtlichen Sozietät MEYER-KÖRING Rechtsanwälte Steuerberater mit Büros in Bonn und Berlin.
Alexander Knauss, BFH zu Ehegattenkonten: . In: Legal Tribune Online, 25.04.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6071 (abgerufen am: 13.10.2024 )
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