Shoppen kann so einfach sein, wenn es nach Amazon geht. Der Internetriese hat ein Produkt auf den Markt gebracht, mit dem Kunden Haushaltsutensilien per Knopfdruck bestellen können. Doch rechtlich begibt sich das Unternehmen auf unsicheres Gebiet.
Für 4,99 Euro können sich Kunden das kleine Gerät bestellen. Es trägt die Markenlogos verschiedener Anbieter (z.B. Persil, Wilkinson, Pedigree, Somat, etc.), ist ungefähr so groß wie ein USB-Stick und kann mittels Klebestreifen beispielsweise in der Küche oder im Bad befestigt werden. Vor dem ersten Gebrauch muss der Nutzer den Dash-Button via WLAN mit seinem Amazon-Account verbinden und festlegen, welches Produkt er später bei Berührung bestellen will.
Ist dies einmal erledigt, genügt ein einziger Druck auf den Knopf, um die zuneige gehenden Spülmaschinentabs, Rasierklingen oder Zahnpastavorräte aufzustocken – ohne sich zuvor umständlich per Smartphone, Tablet oder Computer bei Amazon einloggen zu müssen. Momentan ist das Angebot nur für Prime-Kunden nutzbar, mit der ersten tatsächlichen Bestellung bekommen sie den Kaufpreis des Buttons gutgeschrieben.
Doch so nützlich der Dash Button auf den ersten Blick klingt, er wirft einige rechtliche Fragen auf.
Wer gibt die Bestellung auf?
Zunächst einmal stellt sich die Frage nach den Vertragsparteien. Gewiss, Verkäufer ist Amazon, aber: Wer hat überhaupt bestellt? Der Knopf soll so angebracht werden, dass das zuneige gehende Produkt ohne große Mühe nachbestellt werden kann – der Waschpulver-Button z.B. klebt also sinnvollerweise an der Waschmaschine. Doch dort kann er von jedem Haushaltsmitglied gedrückt werden – auch von kleinen Kindern, einem Gast oder womöglich sogar von der neugierigen Katze. Die Bestellung nimmt sofort ihren Lauf, weitere Schritte sind nicht nötig. Amazon wird die vermeintliche Bestellung natürlich dem Kunden, dessen Konto mit dem Knopf verknüpft ist, in Rechnung stellen.
Der Internetriese verspricht zwar, dass eine neue Bestellung erst dann auf den Weg gebracht wird, wenn die vorherige den Empfänger bereits erreicht hat. Doch das schließt nur Doppelbestellungen aus, keinen Missbrauch. Diese Funktion kann im Übrigen in den Einstellungen deaktiviert werden. Dann kann die Katze auch 968 Dosen Whiskas unmittelbar nach einander ordern.
Zwar darf der Kunde die Bestellung anschließend (natürlich) stornieren bzw. widerrufen – er bekommt unmittelbar eine Bestellbestätigung zugesendet. Doch der Kaufvertrag ist zu diesem Zeitpunkt zunächst – ungewollt – zustande gekommen. Der Kunde hat dann die Wahl, die Bestellung entweder als die eigene anzuerkennen, oder seinen Widerruf zu erklären. Gerade bei gut lagerbaren und lang haltbaren Gebrauchsgütern dürfte Mancher den Aufwand eines Widerrufs jedoch scheuen, zumal er dafür auch die Waren selbst zurückschicken muss, falls diese bereits an ihn versandt worden sind – was gerade bei Prime-Kunden oft recht zügig vonstattengeht.
Aufklärungspflichten teilweise nicht erfüllt
Auch im Bereich des Fernabsatzrechts wirft der Dash Button einige Fragen auf. So müssen sich Online-Händler an eine Vielzahl von Vorgaben halten und die Verbraucher hinsichtlich ihrer Rechte aufklären – bei jeder Bestellung.
Dazu gehören unter anderem eine Belehrung zum Widerrufsrecht, zu den wesentlichen Merkmalen der Ware, zum Preis und zum voraussichtlichen Liefertermin.
Auch sieht das Gesetz vor, dass der Verbraucher vor finaler Abgabe seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet (§ 312 j BGB). Dies wird in der Regel durch den abschließenden Klick auf eine Schaltfläche gewährleistet, die gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer ähnlich eindeutigen Formulierung beschriftet ist, sogenannte „Button Lösung“. Wird dieser Schritt umgangen, kommt ein Vertrag eigentlich nicht zustande. Doch auf dem Dash Button sucht man einen solchen Hinweis vergeblich.
Nun kann man sich vielleicht darüber streiten, ob es sich bei dem Dash Button um eine Schaltfläche im Sinne des Gesetzes handelt. Dieses Problem ist jedoch eher theoretischer Natur. Faktisch findet hier eine Online-Bestellung statt – mit dem einzigen Unterschied, dass kein digitaler Knopf geklickt sondern ein echter gedrückt wird. Der damit in Gang gesetzte Vorgang und die Folgen für den Verbraucher sind identisch.
Weniger problematisch ist die Belehrung über das Widerrufsrecht, denn diese erfolgt zwar nicht vor der Kaufentscheidung, wohl aber mit der Versandbestätigung, mit welcher nach den AGB von Amazon der Vertrag korrekterweise erst zustande kommt. Grundsätzlich beginnt die Widerrufsfrist ohnehin erst ab Erhalt der Ware – wenn zuvor aufgeklärt worden ist.
Bezüglich der Belehrung über den voraussichtlichen Lieferzeitpunkt lässt sich wohl zugunsten von Amazon anführen, dass das Angebot bislang nur für Prime-Kunden gilt. Und diese bekommen ihre Ware in der Regel innerhalb von zwei Werktagen. Doch befreit dies Amazon deshalb von seiner Aufklärungspflicht? Wohl kaum.
2/2: Wer muss was bezahlen – und wofür?
Auch bezüglich des Preises muss der Kunde wissen, was ihn erwartet. Grundsätzlich ist der Händler nach der Preisangabenverordnung (PreisAngVO) verpflichtet, jedes Mal über den Gesamtpreis (Kaufpreis inkl. Steuern, Versandkosten, etc.) zu informieren. Bei bestimmten Produkten ist es zudem erforderlich, den Grundpreis anzugeben. Das ist etwa bei Waschmitteln und Tiernahrung der Fall – beide über den Dash Button bestellbar. Der Kunde erfährt den Gesamtpreis jedoch erst nach der Bestellung, nämlich in der anschließenden Bestätigung. Die wesentlichen Merkmale der Ware und ein voraussichtlicher Liefertermin müssen für ihn jedoch vorab erkennbar sein.
Nun wird man in fast allen Fällen argumentieren können, dass der Kunde für jeden verwendeten Dash-Button ein bestimmtes Produkt bei Amazon festlegt. Er kann sich also zu diesem Zeitpunkt über die vorgenannten Bedingungen informieren. Das ist richtig. Doch eigentlich müssen die Informationen vor jedem Bestellvorgang erneut mitgeteilt werden.
Zudem ist der Kunde vor Preisschwankungen nicht geschützt, da er diese bei einer Dash-Button-Bestellung nicht zur Kenntnis nehmen kann. Der Knopf verfügt über kein Display, somit auch nicht über eine Anzeige des Preises. Das kann zu einer Überraschung führen, falls der Preis bei Amazon für das gewünschte Produkt gestiegen ist. Zwar teilt Amazon mit, dass Kunden bei einem Preisanstieg ab zehn Prozent informiert würden. Das bedeutet jedoch, dass für Anstiege bis zu dieser Grenze keine Mitteilung erfolgen wird. Der Kunde muss also immer selbst im Auge behalten, ob sein Wunschprodukt teurer geworden ist, was über den Dash Button selbst nicht möglich ist.
Natürlich kann die Bestellung anschließend noch storniert bzw. widerrufen werden. Doch werden einige Kunden sicherlich davon absehen, wenn die Bestellung erst einmal abgeschlossen ist. Wegen eines Preisunterschiedes von wenigen Euro (oder Cent) dürfte sich kaum jemand die Mühe machen, seine Bestellung zu widerrufen, die Ware ggf. zurückzuschicken und anschließend andernorts erneut zu kaufen.
Sowohl der fehlende Hinweis zur Zahlungspflicht, als auch die unzureichenden Erklärungen zu Lieferzeitpunkt und den konkreten Preisangaben könnten natürlich ohne weiteres zumindest Unterlassungsansprüche der Konkurrenz begründen.
Rahmenvertrag als Legitimation oder Umgehung?
Amazon bringt ein neues Produkt auf den Markt. Es soll eine nützliche Innovation sein, die vieles im Haushalt erleichtern kann. Doch gleichzeitig bleiben ein paar wesentliche Fragen offen – insbesondere zu den Hinweis- und Belehrungspflichten im Fernabsatzrecht.
Man könnte sich zwar auf den Standpunkt stellen, dass Amazon mit seinen Kunden eine Art Rahmenvertrag schließt, welcher sämtliche Bestellungen des Dash Buttons umfasst. Dann müsste der Online-Händler wohl nur einmal entsprechend aufklären. Doch ebenso gut könnte man darin eine unerlaubte Umgehung der Verbraucherschutzvorschriften erblicken.
Es bleibt abzuwarten, ob der Internethändler für den deutschen Markt nachbessern wird. Falls es dazu kommt, dann wohl erst dann, wenn sich die ersten Verbraucherschützer oder Wettbewerber zu Wort melden.
Michael Terhaag LL.M. ist Fachanwalt für IT-Recht sowie für Gewerblichen Rechtsschutz und vom TÜV-Rheinland zertifizierter Datenschutzbeauftragter. Er ist Gründer der Medienrechtskanzlei Terhaag & Partner Rechtsanwälte (aufrecht.de) in Düsseldorf. Christian Schwarz arbeitet als Rechtsanwalt bei Terhaag & Partner Rechtsanwälte. Die Kanzlei ist spezialisiert auf Internetrecht, gewerbliche Schutzrechte und Datenschutzrecht.
Michael Terhaag LL.M. und Christian Schwarz, Amazons Dash-Button und das Verbraucherschutzrecht: Ein Knopfdruck, viele Fragen . In: Legal Tribune Online, 06.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20494/ (abgerufen am: 26.04.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag