Wie eine Telefonnummer kann man künftig auch sein Kennzeichen mitnehmen, sogar in eine andere Stadt. Abmelden kann man sein Auto bald online und Elektrofahrzeuge sollen eigene Parkplätze bekommen. Eher unausgegoren wirkt dagegen ein Modellversuch des Landes Niedersachsen, das Geschwindigkeitsübertretungen künftig über eine längere Strecke ermitteln will, meint Adolf Rebler.
Wer bisher umgezogen ist und dabei auch den Zulassungsbezirk wechselte, musste nicht nur von seinem bisherigen Wohnumfeld, sondern auch von seinem möglicherweise lieb gewordenen, eventuell sogar hart erkämpften "Wunschkennzeichen" Abschied nehmen.
Das Zulassungsrecht schrieb vor, dass der Halter, der seinen Wohnsitz oder seinen Sitz in einen anderen Zulassungsbezirk verlegte, "unverzüglich" "bei der neuen Zulassungsbehörde die Zuteilung eines neuen Kennzeichens und Ausstellung einer neuen Zulassungsbescheinigung Teil I zu beantragen" habe (§ 13 Abs. 3 S. 1 Fahrzeug-Zulassungs-Verordnung - FZV).
Diese Pflicht zur Umkennzeichnung ist nun aufgehoben. Möglich macht dies eine vom Bundesrat am 5. Juli 2013 beschlossene Änderung des § 13 Abs. 3 FZV, die dem Halter nun die Wahl lässt: neben der konventionellen Ummeldung kann er jetzt nach Nummer 2 der Vorschrift "der für den neuen Wohnsitz oder Sitz zuständigen Zulassungsbehörde" mitteilen, "dass das bisherige Kennzeichen weitergeführt werden soll, und die Zulassungsbescheinigung Teil I zur Berichtigung" vorlegen. Dadurch erspart der Autofreund sich die ca. . 20 Euro für einen neuen Satz Kennzeichen und eine Gebühr von 10,30. . Wechselt das Fahrzeug nur oder auch den Halter, kann das Kennzeichen dagegen nicht bleiben. Bei einer Änderung auch für diesen Fall wäre - so der Bundesrat - "der auf den Zulassungsbezirk bezogene Regionalbezug zu weitgehend aufgegeben" worden.
Elektromobile und Carsharing: Strom hat Vorfahrt
Mitte 2015 soll das Elektromobilitätsgesetz in Kraft treten und zusätzliche Anreize zum Kauf von Batterie-Elektrofahrzeugen, besonders umweltfreundlichen von außen aufladbaren Hybridfahrzeugen und Brennstoffzellenfahrzeuge schaffen.
Wer statt mit Benzin mit Strom fährt, soll im Straßenverkehr bevorzugt werden. Die Kommunen erhalten mit dem Gesetz die Möglichkeit, Parkplätze an Ladesäulen für die Elektrofahrzeuge zu reservieren, kostenlose Parkplätze anzubieten oder Ausnahmen von Zu- und Durchfahrtbeschränkungen (Umweltzonen aus Gründen der Luftreinhaltung oder des Lärmschutzes) anzuordnen. Die Städte können auch einzelne Busspuren für gekennzeichnete Fahrzeuge öffnen, wenn das im Einzelfall sinnvoll ist und dadurch der Verkehr nicht behindert wird.
Die konkrete Entscheidung, welche Maßnahmen sie umsetzen, liegt im Ermessen der jeweils zuständigen Straßenverkehrsbehörde. Für Carsharing-Projekte sind kostenlose Sonderparkplätze geplant.
Fertigpflaster statt Wundschnellverband: Neues im Verbandkasten
Bereits seit 01.05.2014 sieht § 35h StVZO eine geänderte DIN-Norm für Verbandkästen vor. Danach ist Erste-Hilfe-Material nach einem anderen Standard mitzuführen.
Neu aufgenommen in den Verbandskasten wurden:
- 1 14-teiliges Fertigpflasterset,
- 1 Verbandpäckchen K,
- 2 Feuchttücher zur Hautreinigung.
Dafür sind entfallen:
- 1 Verbandpäckchen M,
- 1 Verbandtuch BR,
- 4 Stück Wundschnellverband DIN 13019-E 10 x 6
- die Verwendung von Mullbinden als Alternative für Fixierbinden.
Ab 2015 werden nur noch Erste-Hilfe-Kästen verkauft, die der neuen Vorschrift entsprechen.
Die StVZO sieht aber keine Pflicht zur Nachrüstung vor, sondern lässt auch noch solche Verbandskästen gelten, die den zuletzt gültigen Vorgaben aus dem Jahr 1998 entsprechen. Außerdem genügt jedes Erste-Hilfe-Material, das bei gleicher Art, Menge und Beschaffenheit dem Inhalt des normierten Verbandskasten entspricht (§ 35h Abs. 4 StVZO). Allerdings ist verbrauchtes Material nachzufüllen, da der Verbandkasten sonst nicht mehr der Norm entspricht.
2/2: Fahrzeuge online abmelden
Auch das Zulassungsrecht wird moderner: Wer im Jahr 2015 sein Fahrzeug abmelden will, braucht nicht mehr aufs Amt zu gehen – vorausgesetzt, sein Fahrzeugschein enthält eine Markierung mit der Aufschrift "Zur Außerbetriebsetzung entfernen". Diese wird für Fahrzeuge vergeben, die ab dem 1. Januar 2015 angemeldet werden.
Die Zulassungsbescheinigung Teil I - also der Fahrzeugschein - enthält nach § 11 Abs. 1 FZV und Anlage 5 zur FZV nun eine Markierung mit der Aufschrift "Zur Außerbetriebsetzung entfernen". Auf dieser Markierung findet sich eine Druckstücknummer, die für jede Zulassungsbescheinigung Teil I nur einmal vergeben sein darf. Die sichtbare Markierung muss eine darunter liegende Markierung mit der Aufschrift "Außer Betrieb gesetzt" und einen Sicherheitscode so verdecken, dass letztere nur, dann aber unumkehrbar, sichtbar werden, wenn man die Markierung "Zur Außerbetriebsetzung entfernen" entfernt.
Rubbelt man diese verdeckten Felder im Fahrzeugschein wie auch die auf den Kennzeichen frei, werden diese Codes sichtbar, die man dann der Zulassungsstelle online übermitteln kann. Eine Wiederzulassung soll allerdings erst ab 2016 über das Internet möglich sein.
Niedersachsens Modellversuch: Section Control
Ab dem Frühjahr 2015 plant Niedersachsen den ersten bundesweiten Pilotversuch für "Strecken-Radar" ("section control"). Bei diesem Modellprojekt wird das Tempo statt an einer bestimmten "verkehrskritischen Stelle" über eine längere Strecke gemessen, im konkreten Fall auf einem drei Kilometer langen Abschnitt der B6.
Dazu wird jedes Fahrzeug zu Beginn des Radarabschnitts sowie am Ende der Radarstrecke elektronisch erfasst und daraus die durchschnittlich gefahrene Geschwindigkeit errechnet. Geblitzt wird, wenn diese Durchschnittsgeschwindigkeit das vorgeschriebene Tempolimit überschreitet.
Der Versuch geht auf Anregungen von Verkehrsexperten zurück. Die Verfechter dieser Methode sind der Ansicht, die Abschnittskontrolle werde von den Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern als gerechtere Methode akzeptiert, da jede Fahrzeuggeschwindigkeit streckenbezogen gemessen und nur die durchschnittliche Überschreitung verfolgt wird. Die Abschnittskontrolle vermeide auch, dass die Fahrer im Messbereich einer herkömmlichen Punktmessung kurzzeitig abbremsen, um zu vermeiden, dass ihr Verstoß erfasst wird. Stattdessen könnten kurzzeitig unbeabsichtigte Geschwindigkeitsüberschreitungen im Abschnittsbereich ausgeglichen werden.
Vorbeugende Fotoaufnahmen?
Mit Section-Control werden aber entgegen der bisherigen Praxis nicht nur dann Fotos von Fahrzeugen aufgenommen, wenn deren Fahrer bereits im Verdacht einer Ordnungswidrigkeit stehen, sondern von allen Fahrzeugen und damit auch von sich vorschriftsmäßig verhaltenden Fahrzeugführern, die den ersten Messpunkt passieren.
Das ist rechtlich problematisch, da Maßnahmen der Verkehrsüberwachung mit Hilfe von Fotoapparaten und Videokameras einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellen.
Dieser Eingriff ist nur zulässig, wenn er auf einer gesetzlichen Grundlage beruht. Die Verkehrsbehörden sehen diese in den Vorschriften des § 100 h Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Strafprozessordnung i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG. Das ist rechtlich auch in Ordnung, wenn der "Geblitzte" durch die Geschwindigkeitsüberschreitung Anlass zur "Erforschung des Sachverhalts" gegeben hat – wenn diese denn nachweislich vorher erfolgte. Nach Meinung des Niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius aber wird auch die geplante Abschnittskontrolle die Vorgaben des Datenschutzrechtes einhalten. Ob dies auch die Gerichte so sehen werden, bleibt abzuwarten.
Der Autor Dr. Adolf Rebler ist Regierungsamtsrat der Regierung der Oberpfalz in Regensburg. Er ist Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen insbesondere zum Verkehrsrecht.
Adolf Rebler, Verkehrsrecht 2015: Kennzeichen to go und das neue Blitzen . In: Legal Tribune Online, 05.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14271/ (abgerufen am: 26.04.2024 )
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