Außer Spesen nichts gewesen? Der Untersuchungsausschuss zur Drohnen-Affäre beendet seine Arbeit. Außerdem in der Presseschau: Werkverträge in der Kritik, OLG Hamburg zu Atom-Schmuggel, Strafbefehle wegen Stuttgart 21, Sühne von NS-Verbrechen und Kaution durch Kunstwerk.
Euro-Hawk-Untersuchungsausschuss: Nach zwei Monaten beendet der Bundestags-Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der Affäre um die gescheiterte Entwicklung der Aufklärungsdrohne Euro-Hawk seine Arbeit. Nach dem Bericht der Welt (Thorsten Jungholt) lässt sich das Ergebnis so zusammenfassen: "wenig Aufklärung, viele gegenseitige Attacken". Nach Darstellung der FAZ (Johannes Leithäuser) forderten Regierung und Opposition, dass der Verteidigungsausschuss des Parlaments künftig besser über bedeutende Rüstungsvorhaben informiert werde. Während die Regierungsparteien diese Konsequenz durch die Zusage künftiger Statusberichte, die Verteidigungsminister Thomas de Maiziere (CDU) abgegeben habe, bereits als erfüllt sehen würden, fordere der Abgeordnete Omid Nouripour (Grüne) die Einrichtung eines ständigen Unterausschusses für Rüstungsfragen zu diesem Zweck.
Rüdiger Scheidges (Handelsblatt) sieht in seinem Kommentar durch den Untersuchungsausschuss vor allem den Verteidigungsminister politisch beschädigt. Der "als beratungsresistent bekannte Politiker" habe es in erstaunlich kurzer Zeit geschafft, viele Loyalitäten zu verbrennen und sei daher für das Regierungskabinett zu einem "argen Machtrisiko" geworden. Christoph Hickmann (SZ) kommentiert, dass es in der Natur von Untersuchungsausschüssen liege, dass sich die Beteiligten zunächst mit viel Aufwand auf Erkenntnissuche begeben würden, um an Ende "im Großen und Ganzen bei jenen Bewertungen" zu landen, "zu denen sie auch schon vorher gekommen waren". Überflüssig sei das Instrument dennoch nicht. Denn als "eine Art Volkshochschule" biete er Interessierten die Möglichkeit, sich auch in abseitig erscheinende Themen einzuarbeiten, vorliegend etwa den Rüstungssektor mit seinen milliardenschweren Investitionen und Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Werkverträge: Das Handelsblatt (H. Anger/M. Bognanni/K. Ludowig/M. Schneider/M. Fasse) widmet der "gesetzlichen Grauzone" Werkverträge ein Titelthema. Die Auslagerung von Aufgaben an Subunternehmer könne illegal sein, wenn die in der Regel schlechter als die Stammbelegschaft entlohnten Werkverträgler in Firmenstrukturen des Auftraggebers eingebunden würden. Dass auf diese Weise die für Leiharbeit verbindlichen Mindestlöhne umgangen würden, soll nach Darstellung der Zeitung Thema einer vom niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) eingebrachten Bundesratsinitiative sein. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) entdecke in Wahlkampfzeiten das Thema. Die FAZ (Dietrich Creutzburg) interviewt den Zweiten IG Metall-Vorsitzenden Detlef Wetzel auch zu dieser Frage. Der Gewerkschafter hält fest, dass sich "der Missbrauch von Werkverträgen nicht nur auf einfache Tätigkeiten" beschränke und Unternehmer auch die von Hochqualifizierten ausgeübten Tätigkeiten durch Werkverträge auszulagern versuchten. Dies sei "das schlimme Prinzip dieser Werkvertragsstrategie".
Finanztransaktionssteuer: Die Beratungen über die von elf EU-Staaten geplante gemeinschaftliche Finanztransaktionssteuer stecken nach Bericht der FAZ (Werner Mussler/Hendrik Kafsack) in einer Sackgasse. Schuld hieran seien einerseits die unterschiedlichen Vorstellungen der teilnehmenden EU-Mitgliedsstaaten, die eine derartige Steuer zum Teil schon besäßen und ihre eigenen Modelle bevorzugen würden. Zum anderen mache sich in Brüssel vom zuständigen EU-Kommissar Algirdas Semeta als "übertrieben" bezeichnete Lobbying der Finanzbranche bemerkbar. Offiziell würde aber am anvisierten Einführungstermin Januar 2014 festgehalten.
Justizministerin: Das Handelsblatt (Heike Anger) bewertet im Rahmen seines "Bundestagswahl-Minister Checks" die Arbeit der Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) mit der Note 3, befriedigend. Positiv zu Buche schlagen würde der Einsatz der Ministerin für die Freiheitsrechte der Bürger, den sie zum wiederholten Male beim Umgang mit der NSA-Spähaffäre bewiesen habe. Dagegen sei die Bundesjustizministerin etwa bei der Änderung des Aktiengesetzes in unnötigen Aktionismus verfallen. Das Ziel, Eigentümerrechte durch eine Deckelung ausufernder Managergehälter zu stärken, wäre auch mit dem bereits existierenden Instrumentarium erreichbar gewesen.
Weitere Themen - Justiz
BGH zu Beweisverwertungsverbot: Rechtsanwalt Detlef Burhoff berichtet im blog.strafrecht.jurion.de über einen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom Juni. Anlässlich einer Haftbefehlsverkündung hatte ein noch unverteidigter Beschuldigter zwar zunächst erklärt, sich nicht zur Sache einlassen zu wollen. Auf eine Spontanäußerung hin befragte ihn die Ermittlungsrichterin jedoch weiter, auch zum eigentlichen Tatgeschehen. Nach Feststellung des Bundesgerichtshofs unterlagen diese Äußerungen einem Verwertungsverbot, denn der hohe Rang der Selbstbelastungsfreiheit gebiete es, auch Spontanäußerungen nicht zum Anlass für sachaufklärende Nachfragen zu nehmen.
OLG Hamburg - Atom-Schmuggel: Seit einem Monat wird vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Hamburg gegen vier Angeklagte wegen des Vorwurfs illegalen Atom-Schmuggels verhandelt. Die Angeklagten sollen in Verletzung entsprechender UN-Sanktionen die Lieferung von Spezialventilen in den Iran vermittelt haben, wo sie bei der Herstellung waffenfähigen Plutoniums verwendet werden könnten, schreibt die Welt (Matthias Küntzel). Einer der Angeklagten sei bereits mehrere Jahre im Visier der Sicherheitsbehörden gewesen, ohne das diese eingegriffen hätten. Das Blatt zitiert hierzu einen Beamten des Zollkriminalamtes, der in seiner Vernehmung aussagte, dass er bei Hinweisen auf verdächtige Unternehmen "erst einmal" davon ausginge: "Diese deutsche Firma ist sauber."
LG Berlin zu Steuerhinterziehung: Über den Prozessauftakt im Verfahren gegen den ehemaligen Leiter der Berliner Treberhilfe vor dem Landgericht Berlin berichtet die taz-Berlin (Helena Wittlich). Dem Angeklagten wird Steuerhinterziehung in 21 Fällen und mit einem Gesamtvolumen von mehr als einer halben Million Euro vorgeworfen. Der Fall hatte 2010 wegen des außergewöhnlichen Dienstwagens des Mannes, eines Maseratis, überregionale Aufmerksamkeit erregt.
LG Stuttgart zu Daimler-Verbrauchsangaben: Auf Antrag eines Umweltverbandes hat das Landgericht Stuttgart eine einstweilige Verfügung erlassen, durch die der Autohersteller Daimler-Benz verpflichtet wird, Aussagen zum Kohlendioxid-Ausstoß der S-Klasse nach oben zu korrigieren. Wie die SZ meldet, bemängelte das Gericht, dass Daimler bei der Berechnung der Werte zu CO2-Ausstoß, Effizienzklassen und Spritverbrauch besonders leistungsstarke Modell-Varianten nicht berücksichtigt hatte.
AG Stuttgart zu Stuttgart 21-Einsatz: Das Amtsgericht Stuttgart hat gegen drei Polizisten Strafbefehle wegen Körperverletzung im Amt durch den Wasserwerfereinsatz gegen Demonstranten im Rahmen der Proteste gegen das Großprojekt Stuttgart 21 im Jahr 2010 erlassen. Wie welt.de (Hannelore Crolly) schreibt, seien zwei Bewährungsstrafen und eine Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen verhängt worden. Im kommenden Jahr solle vor dem Stuttgarter Landgericht Anklage gegen die mutmaßlichen Hauptverantwortlichen des Einsatzes erhoben werden.
NS-Verbrechen: Nach Bericht der taz (Klaus Hillenbrand) hat die Zentrale Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg ihre Vorermittlungen gegen Dutzende ehemalige Wachmänner des Vernichtungslagers Auschwitz abgeschlossen und an die jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften übergeben. Grundlage der wieder aufgenommenen Ermittlungen wegen Beihilfe zum Mord sei das Urteil des Landgerichts München gegen John Demjanuk.
Über einen in der kommenden Woche vor dem Landgericht Hagen beginnenden Prozess wegen Mordes an einem niederländischen Widerstandskämpfer berichtet die taz (Klaus Hillenbrand) in einem weiteren Artikel. Als niederländischer SS-Freiwilliger wurde dem Angeklagten noch während der NS-Zeit die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen, diese schützte ihn in den 1970er Jahren vor einer Auslieferung in das Nachbarland. Deutsche Ermittlungen in dieser Zeit seien eingestellt worden, weil die Tat als verjährter Totschlag bewertet worden sei. Nun habe sich die Rechtsauffassung geändert, wird der ermittelnde Staatsanwalt zitiert.
Mollath-Gutachten veröffentlicht: Einer Meldung der FAZ zufolge hat der Anwalt Gustl Mollaths, Gerhard Strate, sämtliche psychiatrischen Gutachten seines Mandanten auf der Internetseite seines Anwaltsbüros veröffentlicht. Die Veröffentlichung diene höchstmöglicher Transparenz angesichts der "neu einsetzenden Diskussion um die Rolle der Psychiatrie". Auch bild.de berichtet.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Griechenland – Siemens: In Griechenland liegt ein internationaler Haftbefehl gegen den ehemaligen Siemens-Vorstand Volker Jung wegen der Beteiligung an Schmiergeldzahlungen des Konzern vor. Gegen Zahlung von 80.000 Euro soll die Athener Justiz bereit sein, den Haftbefehl auszusetzen und damit dem Ruheständler wieder die Möglichkeit zu Auslandsreisen zu ermöglichen, schreibt die SZ (Klaus Ott/Tasos Telloglou) und informiert über die Hintergründe dieses ungewöhnlichen "Ablasshandels".
China – Bo Xilai: Das Strafverfahren gegen den chinesischen Parteifunktionär Bo Xilai bezeichnet Sven Hansen (taz) in seinem Kommentar als "Schauprozess 2.0". Durch eine "sehr kalkulierte Prozessinszenierung" sollten alle Beteiligten inklusive des Angeklagten verschleiern, dass es einzig und allein darum gegangen sei, den bei anderen Partei-Größen in Ungnade gefallenen Bo zu maßregeln.
Italien – Amanda Knox: Nach einer Entscheidung des italienischen Kassationsgerichts vom März muss der Prozess wegen der Tötung einer britischen Studentin im Jahr 2007 erneut aufgerollt werden. Dies solle Ende September in Florenz geschehen, allerdings in Abwesenheit der US-amerikanischen Angeklagten Amanda Knox. Wie die FAZ (Jörg Bremer) schreibt, erklärte ein Anwalt der als "Engel mit den Eisaugen" bekannt Gewordenen, sie verstünde nicht, warum ein neues Verfahren überhaupt nötig sei.
Italien – Berlusconi: Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) interviewt Francesco Palermo, italienischer Verfassungsrechtler, zu den Aussichten einer Verfassungsklage Silvio Berlusconis, durch die der rechtskräftig verurteilte ehemalige Ministerpräsident des Landes versuchen könnte, seiner urteilsbedingten Amtsenthebung als Senator entgegenzuwirken. Der Experte, selbst Mitglied des Senats der italienischen Republik, erläutert die Rechtslage und schätzt die Chancen Berlusconis als gering ein.
Sonstiges
Ärztliche Unwürdigkeit: Die SZ (Christopher Keil/Bastian Obermayer) behandelt in ihrer Seite Drei-Reportage den ungewöhnlichen Fall eines Mediziners, der vor vier Jahren wegen Mordes zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Weil der Arzt bereits zwei Jahrzehnte zuvor wegen eines anderen Mordes verurteilt wurde, fragen die Autoren, warum er von der zuständigen Regierung von Oberbayern nach der Haftentlassung wegen der ersten Tat seine Approbation zurückerhielt. Die entsprechende Bestimmung der Bundesärzteordnung sieht vor, dass die Zulassung erhalte, wer "sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt".
Online-Partnervermittlung: Partnervermittlungen per Internet erfreuen sich großer Beliebtheit. Rechtsanwalt Christian Oberwetter klärt auf lto.de über die rechtlichen Fallstricke dieser Dienstleistung unter Berücksichtigung einschlägiger Rechtsprechung auf. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vieler Anbieter glichen häufig einem "Minenfeld", speziell Vertragsbestimmungen zu Kündigungen und Widerruf erwiesen sich oftmals in der gerichtlichen Prüfung als unzulässig.
Arbeit statt Ersatzhaft: Über gemeinnützige Arbeit als Alternative zur Ersatzfreiheitsstrafe schreibt Diplom-Jurist Mirko Laudon auf lto.de. Die Strafform eröffne mittellosen Verurteilten die Möglichkeit, sich (wieder) in den Arbeitsmarkt einzugliedern und entlaste gleichzeitig klamme öffentliche Kassen.
Das Letzte zum Schluss
Statt Scheck: Wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung wurde in den USA ein Schweizer beschuldigt. Einen Teil der auf zwei Millionen Dollar festgesetzten Kaution hat er auf eher ungewöhnliche Art beglichen. Wie die Welt meldet, verwendete er hierzu das Gemälde "Mädchen mit Ziege" des Franzosen Charles-Francois Daubigny, Schätzwert 500.000 Dollar.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/mpi
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 27. August 2013: Euro-Hawk-Untersuchungsausschuss – OLG Hamburg zu Atomschmuggel – Ermittlungen gegen Auschwitz-Wachleute . In: Legal Tribune Online, 27.08.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9437/ (abgerufen am: 18.05.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag