Union und FDP wollen die Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten transparenter machen: Nach langem Ringen hat die Rechtsstellungskommission des Bundestages am Donnerstag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ein umstrittenes neues Stufenmodell zur Veröffentlichung von Nebeneinkünften beschlossen. Außerdem in der Presseschau: eine Prämie für Whistleblower, ein Anruf beim ZDF, eine Tanzdemo am Karfreitag und ein Betrüger, der sich zweimal für tot erklärte und nun trotzdem wieder vor Gericht steht.
Nebeneinkünfte: Nach der Empfehlung der Rechtsstellungskommission soll die Veröffentlichung von Nebeneinkünften künftig auf zehn Stufen bis 250.000 Euro erweitert werden, berichtet die SZ (Robert Rossmann). Bislang müssen Abgeordnete die Einkommen aus Nebenjobs in drei Stufen bis 7.000 Euro melden. Auf spiegel.de (Anna Reimann) findet sich ein ausführlicher Überblick dazu, was die neue Regelung in der Praxis bedeutet. Wie die taz (Stefan Reinecke) berichtet, herrschen im internationalen Vergleich fast überall strengere Regeln als in Deutschland.
Heribert Prantl (SZ) hält das neue Modell für ein "Milchglas-Gesetz": Die geplante Regelung sei zwar "lichtdurchlässig, aber undurchsichtig". Die letzte Stufe bei "über 250.000 Euro" sei zu niedrig, außerdem wolle man wissen, woher das Geld komme. Jasper von Altenbockum (FAZ) sieht den Kern des Problems darin, dass es einen Konsens darüber, was ein Abgeordneter soll, nicht mehr gebe. Er befürchtet, die Abgeordneten seien durch die Reform des Wahlrechts und der Transparenzregeln "wieder ein Stück mehr in die Puppen eines offenbar unaufhaltsamen Berufspolitikertums" verwandelt.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Whistleblower-Prämie? Die EU-Kommission will erstmals so genannte Whistleblower mit einer Prämie belohnen, weiß das Handelsblatt (Jan Keuchl). Danach sollen EU-Mitgliedstaaten künftig finanzielle Anreize für Informanten ausloben, deren Tipps zur Ergreifung von Wirtschaftsstraftätern führen. Die Kommission orientiere sich mit ihrem Verordnungs-Entwurf am US-Recht, so das Handelsblatt.
Anruf beim ZDF: Wegen seines umstrittenen Anrufs beim ZDF ist der CSU-Pressesprecher Hans Michael Strepp gestern zurückgetreten. Für lto.de erklärt der Rechtsanwalt Martin W. Huff, warum das Telefonat zwar politisch eine "Dummheit" sei, rechtlich aber folgenlos bleiben werde - und wieso auch das Verhalten des Senders, der den Vorfall nicht selbst öffentlich gemacht habe, "bedenklich" stimme.
Europäische Integration: Im einem Gastkommentar für das Handelsblatt äußert der ehemalige Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof die Befürchtung, dass die europäische Integration "rechtlich entgleist" sei. Der "Gefährdungstatbestand" der Finanzmarktkrise sei bereits seit 2008 bekannt; nun müsse der aus "den Gleisen des Rechts gesprungene Zug der europäischen Integration" auf ein gediegenes Gleis zurückgestellt werden.
Aussetzung der Visafreiheit: Die SZ (Javier Cáceres) macht auf den umstrittenen Plan der Bundesregierung aufmerksam, die Visafreiheit für Länder wie Serbien und Mazedonien ab Anfang 2013 auszusetzen. Einschränkungen der Visafreiheit seien auch jetzt möglich, aber langwierigen Abstimmungsprozessen auf EU-Ebene unterworfen. Berlin wolle daher eine Art Schutzklausel, um die Visafreiheit schneller aussetzen zu können.
Weitere Themen – Justiz
BGH zur Haftung von Betriebsräten: Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist ein Betriebsrat auch im Verhältnis zu Dritten vermögens- und rechtsfähig, soweit er innerhalb seines gesetzlichen Wirkungskreises tätig werde. Die Wirksamkeit eines Beratungsvertrages, den der Betriebsrat zu seiner Unterstützung gemäß § 11 S. 2 Betriebsverfassungsgesetz schließe, sei aber an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Dazu zählten u.a. ein marktübliches Entgelt. Über das Urteil berichtet lto.de.
Branchenzuschläge für Zeitarbeitnehmer: Zum 1. November werden die ersten beiden der derzeit fünf Tarifverträge über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen (Branchentarifverträge) in Kraft treten. Der Rechtsanwalt Tobias Neufeld referiert auf dem Handelsblatt-Rechtsboard, welche Änderungen und Herausforderungen sich aus den Neuregelungen ergeben werden.
VG Gießen zu "Tanzdemo": Das Verwaltungsgericht Gießen hat ein Veranstaltungsverbot am Karfreitag für rechtmäßig erklärt, meldet lto.de.
Der Kläger hatte sich auf seine durch Art. 5 GG garantierte Meinungsfreiheit berufen. Nach Ansicht des Gerichts stelle das Hessische Feiertagsgesetz dagegen eine verfassungsrechtlich zulässige Schranke dar, im übrigen sei Art. 8 GG hier die einschlägige Verfassungsnorm.
EuGH zu ESM : Am Dienstag wurde in Luxemburg der Fall des irischen Abgeordneten Thomas Pringles verhandelt. Als Vorabentscheidung hat Pringles’ Klage vor dem irischen Supreme Court gegen die irische Ratifikation des ESM-Rettungsschirms nunmehr auch den Weg zum Europäischen Gerichtshof gefunden. Für den Verfassungsblog berichten die Rechtswissenschaftler E. Dalkilic, S. Martini und H. Rathke ausführlich aus dem Gerichtssaal und erläutern die Hintergründe des Verfahrens.
Piratenanwalt: Der Rechtsanwalt Oliver Wallasch hat nicht nur am Hamburger Piratenprozess mitgewirkt, sondern 2009 bereits einen Somalier gegen die Bundesrepublik Deutschland vertreten. Im Gespräch mit lto.de (Claudia Kornmeier) schildert er, wie er an die Mandate gekommen ist und welche Eindrücke er von den Verfahren mitgenommen hat.
Weitere Themen – Recht in der Welt
USA –Drohnen: spiegel.de (Lazar Backovic) beschäftigt sich mit dem bereits im Frühjahr von Präsident Obama unterzeichneten Drohnen-Gesetz, das erst jetzt bei Bürgerrechtlern für Empörung sorge. Das Gesetz erlaube es künftig auch Privatleuten und Firmen, Drohnen über US-Territorium einzusetzen.
Italien – Molkerei-Prozess: Die FTD (Tobias Bayer/Leo Klimm) schildert einen Prozess vor dem Zivilgericht von Parma. Der französische Molkereikonzern Lactalis hatte sich 2011 den italienischen Rivalen Parmalat einverleibt. Nun muss das Gericht klären, ob dabei alles mit rechten Dingen zugegangen ist.
Das Letzte zum Schluss
Totenschein-Betrug: Wie spiegel.de berichtet, muss sich ein mutmaßlich notorischer Betrüger wegen gewerbsmäßigen Betrugs und gewerbsmäßiger Urkundenfälschung in 21 Fällen vor dem Aachener Landgericht verantworten. Der Mann habe 2006 mit einem für sich selbst ausgestellten Totenschein einer zuvor verhängten Haftstrafe entgehen wollen und sich während eines laufenden Revisionsverfahrens einen Totenschein unter dem Namen eines nicht existenten Arztes ausgestellt. Die Sterbeurkunde ließ er dem Bundesgerichtshof zukommen und entging der Haftstrafe - der Betrug flog erst auf, als die Polizei entdeckte, dass der Arzt gar nicht existierte.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/lp
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 26. Oktober 2012: Neuregelung von Nebeneinkünften – Prämie für Whistleblower – Amerikanische Drohnen . In: Legal Tribune Online, 26.10.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7398/ (abgerufen am: 20.05.2024 )
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