Auch heute beherrscht die steuerrechtliche Selbstanzeige von Uli Hoeneß die juristische Presselandschaft. Dabei geht es auch um das Steuerabkommen mit der Schweiz. Außerdem in der Presseschau: Abstimmung zur EU-Fluggastdatenspeicherung, Bußgeld gegen Google, Anklage gegen Boston-Attentäter – und was ein dreibeiniger Hund vor Gericht zu suchen hat.
Hoeneß-Selbstanzeige: lto.de (Claudia Kornmeier) beschäftigt sich mit der Selbstanzeige von Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung und erläutert, warum diese möglicherweise nicht zur Straffreiheit führt. Karsten Randt steuert derweil im "Finanzmarkt und Geldanlage"-Teil der FAZ "Anmerkungen zum Fall Hoeneß" bei und betont, dass gerade bei der Selbstanzeige "der Schutz des Steuergeheimnisses besonders ausgeprägt" sei.
In den Augen von Heribert Prantl (SZ) geht es für Hoeneß "um alles oder nichts" – denn das Steuerstrafrecht sei inzwischen kein "Kavaliersstrafrecht" mehr. Und Straffreiheit hinge oft "allein von der Kunst dessen ab, der die Selbstanzeige schreibt". Die Anwälte des Bayern-Präsidenten wiederum stellt das Handelsblatt (Jan Keuchel) vor. Jasper von Altenbockum (FAZ) kritisiert dagegen, mit welcher Verve Hoeneß nun "der publizistische Prozess gemacht wird". Nach einem Bericht der Welt droht Hoeneß mit juristischen Schritten wegen medialer "Exzesse".
Steuerabkommen und Selbstanzeigen: Vor dem Hintergrund der Selbstanzeige von Bayern-Präsident Uli Hoeneß ist der Streit um das von der Bundesregierung geplante und an der Bundesrats-Opposition gescheiterte Steuerabkommen mit der Schweiz erneut entflammt. Die FAZ (Manfred Schäfers/Henning Peitsmeier) berichtet. Über den kaum feststellbaren Anstieg von Selbstanzeigen nach dem Scheitern des Steuerabkommens berichtet ebenfalls die FAZ (Joachim Jahn/Manfred Schäfers); dagegen spricht das Handelsblatt (Jan Hildebrand/Donata Riedel) von einem "deutlichen Anstieg" der Zahlen.
Joachim Jahn (FAZ) wundert das nicht: Selbstanzeigen wären ohnehin, also auch bei Inkrafttreten des Abkommens, die "preiswertere Fahrkarte" gewesen.
Weitere Themen – Rechtspolitik
EU-Fluggastdatenspeicherung: Die SZ (Javier Cáceres) berichtet über den bevorstehenden "Showdown" im Innenausschuss des EU-Parlaments zur Fluggastdatenspeicherung. Am Mittwoch soll dort über die umstrittene Richtlinie debattiert und abgestimmt werden.
EU-Justizkontrolle: Etwa drei Viertel der EU-Mitgliedstaaten unterstützen einen Vorstoß der Außenminister von Deutschland, Finnland, Dänemark und den Niederlanden zur Einführung eines neuen Mechanismus zur Kontrolle der Rechtsstaatlichkeit der EU-Mitgliedstaaten. Wie die FAZ (Nikolas Busse) berichtet geht EU-Justizkommissarin Viviane Reding im Gegensatz zu Außenminister Guido Westerwelle (FDP) allerdings davon aus, dass dazu eine Vertragsänderung notwendig sei.
Videoüberwachung: In der Debatte um eine Ausweitung der Videoüberwachung hat das FDP-Präsidium die Position von Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) gestärkt und sich gegen eine flächendeckende Videoüberwachung ausgesprochen, so die FAZ (Peter Carsten). spiegel.de (Severin Weiland) stellt die Auseinandersetzung innerhalb der Regierungskoalition dar.
ESUG-Geburtstag: Anfang März jährte sich das Inkrafttreten des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) erstmals. Während andere vor allem "Kinderkrankheiten" in den Vordergrund stellten, spricht sich der Rechtsanwalt Rolf Leithaus im Handelsblatt deutlich für das Gesetz aus – es habe es "in kurzer Zeit geschafft, die Sanierungskultur in Deutschland um ein wirkungsvolles Tool – das Insolvenzverfahren – zu bereichern".
Weitere Themen – Justiz
BVerfG – NSU-Videoübertragung: Wie spiegel.de meldet, will das Bundesverfassungsgericht noch vor Prozessbeginn über den Eilantrag einer Opfer-Familie auf Videoübertragung des NSU-Prozesses in einen weiteren Sitzungssaal am Münchner Oberlandesgericht entscheiden.
OVG Sachsen – Fingerabdruckpflicht: Das sächsische Oberverwaltungsgericht hat in einer Entscheidung über die Zulassung einer Berufung an der Verfassungsmäßigkeit der Fingerabdruckpflicht für Reisepässe gezweifelt. Das Verfahren werde womöglich bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in einem anderen Verfahren ausgesetzt, berichtet lawblog.de (Udo Vetter).
VGH Hessen – Biblis-Stilllegung: Die hessische Umweltministerin will gegen das Biblis-Urteil des hessischen Verwaltungsgerichtshofs Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht erheben, meldet lto.de. Das Gericht hatte im Februar die Stilllegung des Atomkraftwerks nach der Fukushima-Katastrophe für rechtswidrig befunden und eine Revision nicht zugelassen.
EuGH – Klage gegen Finanztransaktionssteuer: Luxemburg unterstützt die britische Klage gegen die Finanztransaktionssteuer vor dem Europäischen Gerichtshof – jedenfalls ideell. Ob man sich dem Verfahren auch formell anschließe, werde gerade geprüft, zitiert die FAZ (Bettina Schulz) den luxemburgischen Finanzminister Luc Frieden im "Finanzmärkte und Geldanlage"-Teil der Zeitung.
Bußgeld gegen Google: Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz Johannes Caspar hat gegen den US-Suchmaschinenkonzern Google ein Bußgeld in Höhe von 145.000 Euro verhängt, weil dieser mit seinen Street-View-Autos auch den Datenverkehr von Funknetzwerken mitgeschnitten habe. Das berichtet spiegel.de.
Interview mit JVA-Leiter: Die taz Berlin (Plutonia Plarre) führt ein Interview mit Ralph-Günter Adam, dem langjährigen Leiter der Justizvollzugsanstalt Tegel in Berlin. Nach 35 Jahren Tätigkeit in der JVA spricht er über "menschenwürdige Knäste, Ehrlichkeit und eigene Fehleinschätzungen".
Weitere Themen – Recht in der Welt
USA – Anklage gegen Boston-Attentäter: Wie spiegel.de meldet, hat die Bostoner Staatsanwaltschaft vor einem Bundesgericht Anklage gegen den schwerverletzten 19-jährigen Dschochar Zarnajew erhoben. Ihm wird vorgeworfen, gemeinsam mit seinem bei der Verfolgungsjagd getöteten Bruder das Attentat auf den Boston-Marathon verübt zu haben. Einige Republikaner hätten zuvor gefordert, den Verdächtigen als "feindlichen Kämpfer" zu behandeln und vor ein Militärgericht zu stellen.
USA – Kiobel: Für das Handelsblatt analysiert Stephan Wernicke, Chefjustiziar des DIHK, das Kiobel-Urteil des US Supreme Court aus der vergangenen Woche, in der das Gericht die Reichweite der US-Gerichtsbarkeit für außerhalb der USA verübte Menschenrechtsverletzungen eingeschränkt hat – und hofft auf eine Eindämmung "ausufernder" Sammelklagen gegen Unternehmen vor US-Gerichten.
Auf verfassungsblog.de präsentiert der Politikwissenschaftler Philip Liste eine von der Governance-Forschung inspirierte englischsprachige Analyse der Entscheidung. Er sieht in der Argumentation des Gerichts ein Zeichen für ein neues, auf Raum und Territorialität ausgerichteten Paradigma.
Pakistan – Kein Prozess gegen Musharraf: Der pakistanische Ex-Präsident Pervez Musharraf wird nicht wegen Hochverrats angeklagt. Die Regierung habe einen Antrag mehrerer Anwälte abgelehnt, die wegen der Entlassung mehrerer Richter und der Verhängung von Hausarrest die Einleitung eines Verfahrens erreichen wollten, meldet die SZ.
Griechenland – Ex-Minister angeklagt: In Athen sind der frühere griechische Verteidigungsminister Akis Tsochadzopoulos und weitere 18 Personen, darunter viele Familienangehörige des Politikers, wegen Geldwäsche angeklagt worden. Wie FAZ (Michael Martens) hervorhebt stehe damit "einer der einst mächtigsten Politiker des Landes" vor Gericht. Auch spiegel.de berichtet.
Guatemala – Völkermord-Prozess vor dem Platzen: In Guatemala steht der historische Völkermord-Prozess gegen den Ex-Militärdiktator Ríoss Montt wegen eines Formfehlers vor dem Aus. Die taz (Cecibel Romero) berichtet.
Sonstiges
Wirtschaftsmediation: Anlässlich der in der vergangenen Woche vom Bundesjustizministerium veranstalteten Tagung "Schlichtung und Mediation" berichtet das Handelsblatt (Heike Anger/Henrik Holst) über die international als Konfliktlösungsmechanismus weit verbreitete Praxis der Wirtschaftsmediation. Deutsche Unternehmer zögen dagegen nach wie vor lieber vor Gericht.
Sprachkurse und Familiennachzug: Die taz (Daniel Bax) zeigt anhand des Falls eines aus Afghanistan stammenden Deutschen und dessen afghanischer Verlobten auf, wie die Bundesregierung trotz entgegenstehender Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts strikt auf den Spracherwerb nachziehender Familienangehöriger beharrt.
Integrationsmotor EuGH?: Auf verfassungsblog.de geht der Rechts- und Politikwissenschaftler Andreas Grimmel der Frage nach, was hinter der Bezeichnung des Europäischen Gerichtshofs als "Integrationsmotor" steckt. Er sieht die starke Rolle des Gerichts auch in der Neigung politischer Entscheidungsträger begründet, originär politische Fragen lieber juristisch beantworten zu lassen.
Übertriebene Bandbreite: Die Bundesnetzagentur hat in einer Untersuchung festgestellt, dass die Geschwindigkeit von Internetverbindungen häufig deutlich geringer als angepriesen ausfällt. Warum dies aber kaum eine Beendigung von Provider-Verträgen rechtfertigen dürfte, erläutert der Wirtschaftsrechtler Ulf Müller auf lto.de.
Hauptversammlungs-Einberufung per Facebook: Inwieweit Facebook als Medium für aktien- und kapitalmarktrechtliche Mitteilungen genutzt werden kann, erläutert der Wirtschaftsrechtler Ulrich Noack auf dem Handelsblatt-Rechtsboard.
Das Letzte zum Schluss
Dreibeiner vor Gericht: So wird ein dreibeiniger Hund zum Beweismittel: Eine Arbeitnehmerin klagt gegen ihren Chef, weil dieser ihr untersagt hat, ihren Hund mit zur Arbeit zu nehmen – obwohl andere Mitarbeiter dies dürfen. Der Arbeitgeber behauptet, der Hund sei "zutiefst traumatisiert", gefährlich und Quelle von Geruchsbelästigungen. Das will das Arbeitsgericht Düsseldorf nun "in Augenschein" nehmen – und hat der Klägerin aufgegeben, ihren Dreibeiner zum nächsten Verhandlunsgtermin mitzubringen, berichtet blog.beck.de (Christian Rolfs).
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/thd
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 23. April 2013: Steuerabkommen und Selbstanzeigen – EU-Fluggastdaten vor Abstimmung – Dreibeiner vor Gericht . In: Legal Tribune Online, 23.04.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8583/ (abgerufen am: 05.05.2024 )
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