Oppenheim, der zweite Versuch. Zum Prozessauftakt im Verfahren gegen die ehemaligen Bank-Manager bleibt zunächst alles beim Alten. Außerdem in der Presseschau: Ärger für die Bahn, zur zwingenden Notwendigkeit eines privaten Repetitoriums, schlechte Neuigkeiten für Silvio Berlusconi, Jubiläum eines Amoklaufs sowie der Unterschied zwischen Sanitär- und Sanitätsraum.
LG Köln – Sal. Oppenheim: Im am Donnerstag eröffneten Strafverfahren gegen Ex-Manager des Bankhauses Sal. Oppenheim vor dem Landgericht Köln bleibt vorläufig alles beim Alten. Wie bereits in der Erstauflage zu Beginn des Jahres wird den Angeklagten Untreue in einem besonders schweren Fall sowie Beihilfe hierzu vorgeworfen und ebenso wie im Ausgangsverfahren rügten die Verteidiger zunächst die fehlerhafte Besetzung des Gerichts. Die Stellungnahme des Gerichtspräsidenten spricht von "konstruierten und akademischen" Problemen. Über die Anträge will die Kammer bis zum kommenden Mittwoch entscheiden. Es berichten die SZ (Caspar Dohmen), Handelsblatt (Jan Keuchel) und lto.de.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Bahn-Regulierung: Wie die SZ (Daniela Kuhr) schreibt, beabsichtigt die EU-Kommission, die Bundesrepublik vor dem Europäischen Gerichtshof wegen der "viel zu laschen" Bahn-Regulierung zu verklagen. Problematisch sei die enge Verflechtung von Netz und Betrieb der Deutschen Bahn, die es dem Unternehmen ermögliche, staatliche Zuschüsse etwa für Infrastrukturmaßnahmen in andere Konzernbereiche zu lenken.
Nach dem Bericht des Handelsblatts (Dieter Fockenbrock) steht das geplante Gesetz zur Bahn-Regulierung derweil vor dem Aus. Die Bahn könne demnach weiterhin die Preise für Nutzung von Trassen und Strom in Eigenregie festlegen, nachdem die SPD-geführten Länder dem Entwurf ihre Zustimmung im Vermittlungsausschuss versagen werden.
Arzneimittel E-Zigarette: Das Handelsblatt (Maike Telgheder) berichtet, dass sich die EU-Gesundheitsminister am Freitag über eine neue Tabakrichtlinie verständigen wollen. Im vorliegenden Entwurf seien erstmals auch nikotinhaltige Nichttabakprodukte wie die sogenannte E-Zigarette enthalten. Ab einer bestimmten Menge Nikotin solle diese zukünftig eine Zulassung als Arzneimittel benötigen.
Abitur vergleichbar: Wie die SZ (Johann Osel) berichtet, hat die Konferenz der Kultusminister am Donnerstag eine bundesweite Vereinheitlichung des Abiturs beschlossen. Ab dem Schuljahr 2016/17 sollen dem Bericht zufolge Abituraufgaben aus einer zentralen Sammlung gestellt werden und hierdurch eine bessere Vergleichbarkeit der erzielten Leistungen erreicht werden. Bayern, Sachsen und Hessen forderten über den Konfererenz-Beschluss hinaus den Abschluss eines verbindlichen Staatsvertrages.
Schadensersatz wegen Kartellverstößen: Den jüngsten Vorschlag der EU-Kommission, durch eine Richtlinie Verbrauchern und Unternehmen einen Schadensersatzanspruch wegen Kartellverstößen zuzubilligen, nimmt Rechtsanwalt Fabian Badtke auf lto.de unter die Lupe. Er erwartet, dass der Vorschlag bei seinem Gang durch die europäischen Institutionen noch einige Veränderungen erfahren wird und erinnert an die zweijährige Umsetzungsfrist der Mitgliedstaaten. Viele der im Vorschlag enthaltenen Regelungen würden außerdem in Deutschland durch richterliche Rechtsfortbildung und -anwendung bereits gelebt.
Zum gleichen Thema schreibt Rechtsanwalt Phillipp Werner im handelsblatt.rechtsboard.
Weitere Themen - Justiz
BAG zu arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen: Ein Mobbing-Opfer kann auch nach Ablauf einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist Ansprüche gerichtlich geltend machen. Wie Thorsten Blaufelder (kanzlei-blaufelder.com) schreibt, entschied das Bundesarbeitsgericht, dass Mobbing immer vorsätzlich geschehe, es von Gesetzes wegen aber unzulässig sei, die Haftung für vorsätzliches Verhalten durch arbeitsvertragliche Regelungen auszuschließen. Das Landesarbeitsgericht Köln müsse die Mobbing-Vorwürfe daher inhaltlich prüfen.
OLG Schleswig-Holstein zu Fahrradhelmen: Mit dem jüngsten Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein zur Mitschuld einer im Straßenverkehr verunfallten Fahrradfahrerin, die ohne Helm unterwegs war, beschäftigt sich Dieter Müller auf lto.de. Trotz mehrerer Entscheidungen zur Thematik habe sich in der Rechtsprechung noch keine einheitliche Meinung herauskristallisiert. Das vorliegende Urteil sei jedoch auch i.S.v. § 254 BGB ungerecht. Über bestehende gesetzliche Verpflichtungen hinaus würden Betroffenen Verhaltenspflichten auferlegt.
Ähnlich kommentiert Marlene Weiss (SZ) das Urteil. Wer ohne Helm fahre, nehme "nur sein gutes Recht in Anspruch."
OLG Hamm zu Rep-Kosten: Einer Jurastudentin verwehrte das Oberlandesgericht Hamm einen Anspruch gegen ihren Vater auf Übernahme der Kosten für ein privates Repetitorium. Wie Hans-Otto Burschel (blog.beck.de) berichtet, habe die Antragstellerin nicht dargelegt, dass der Besuch eines Repetitoriums angesichts universitärer Angebote zur Examensvorbereitung zwingend erforderlich sei.
LG Berlin – Jonny K.: Über den vor dem Landgericht Berlin laufenden Prozess wegen des Todes von Jonny K. berichtet spiegel.de (Hendrik Ternieden).
Weitere Themen – Recht in der Welt
Italien – Steuerhinterziehung: Die italienischen Modemacher Domenico Dolce und Stefano Gabbana sind erstinstanzlich wegen Steuerhinterziehung zu je 20 Monaten Haft verurteilt worden, schreibt die Welt (Tobias Bayer). Die Stardesigner hätten ihre Markenrechte einer Luxemburger Gesellschaft übertragen und Lizenzeinnahmen nach dem dortigen Satz versteuert. Obwohl allgemein erwartet werde, dass die Haftstrafen nicht vollstreckt werden, könnten Rückforderungen der italienischen Steuerbehörden in Millionenhöhe den Bestand des Unternehmens bedrohen.
Italien – Berlusconi: Der ehemalige italienische Ministerpräsident und jetzige Senator Silvio Berlusconi hat nach Darstellung der taz (Michael Braun) vor dem Verfassungsgericht des Landes eine Niederlage erlitten. Das Gericht wies einen Einspruch Berlusconis gegen die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung zurück. Berlusconi drohe weiteres Ungemach: In der kommenden Woche würden Urteile im "Rubygate"-Prozess um eine minderjährige Prostituierte sowie in einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung um die unter dubiosen Umständen erfolgte Übernahme eines Verlagshauses erwartet.
Schweden – Völkermord-Verurteilung: Nach Meldung der FAZ ist ein ruandisch-stämmiger Schwede wegen Völkermordes zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt worden. Für die 1994 verübten Taten wurde der Mann bereits in Ruanda in Abwesenheit verurteilt, eine Auslieferung scheiterte aber an der zwischenzeitlich erfolgten Einbürgerung.
Schweden – Schutz der Privatsphäre: Nicolas Fennen (netzpolitik.org) berichtet über ein jüngst vom schwedischen Parlament verabschiedetes Gesetz, nach dem geheimes Fotografieren und Filmen in privaten Situationen und die anschließende Veröffentlichung im Internet künftig unter Strafe steht. Kritiker bemängelten, dass die "private Umgebung", in der die Aufnahme stattgefunden haben muss, nicht näher definiert werde.
Sonstiges
Suhrkamp: Die Auseinandersetzungen um den Suhrkamp-Verlag kommentiert Sandra Kegel (FAZ) im Feuilleton. Weil es das vom Verlag beantragte Schutzschirmverfahren erst seit einem Jahr gebe, beträten die Beteiligten "juristisches Neuland" und damit "schwieriges Terrain." Auch seien die Folgen des nun vom Minderheitsgesellschafter Hans Barlach erklärten Verzichts auf eine gerichtlich erstrittene Gewinnausschüttung in Millionenhöhe nicht absehbar. Immerhin stehe fest, dass der Verlag "nicht nur Kultur-, sondern auch Rechtsgeschichte geschrieben" habe.
Amoklauf 1913: Über den am 20. Juni 1913 in Bremen verübten, ersten dokumentierten Schulamoklauf schreibt spiegel.de (Rene Schlott). Ein arbeitsloser Lehrer tötete mutmaßlich aus Hass auf "Jesuiten" fünf Schülerinnen, bevor er überwältigt werden konnte. Zu einem Gerichtsverfahren kam es nicht: Der Täter verbrachte seine restlichen 20 Lebensjahre in einer Irrenanstalt. Bemerkenswert sei zudem gewesen, dass in der nachfolgenden öffentlichen Debatte Forderungen nach einer Verschärfung des Waffenrechts laut wurden.
Das Letzte zum Schluss
Glück gehabt: Ein zweijähriger Rechtsstreit einer bayerischen Lehrerin um Übernahme der Kosten eines Unfalls in der Schultoilette endete vor dem Verwaltungsgericht München im Sinne der Klägerin. Diese hatte sich säubern wollen, nachdem im Klassenzimmer eine Glasflasche zu Bruch gegangen war, und war hierbei schwer gestürzt. Wie die SZ (Korbinian Eisenberger) in ihrem Bayern-Teil schreibt, hatte das beklagte Landesamt für Finanzen dem Antrag auf Kostenübernahme zunächst entsprochen. Die Behörde ging jedoch davon aus, dass sich der Unfall im "Sanitätsraum" und nicht im "Sanitärraum" der Schule ereignete und hob nach Entdeckung des Fehlers den Bescheid wieder auf. Zu unrecht, wie das Gericht urteilte: Der Gang zum Klo sei dienstlich unvermeidbar gewesen.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/mpi
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 21. Juni 2013: Oppenheim-Verfahren - Ärger für die Bahn - Berlusconi in der Bredouille . In: Legal Tribune Online, 21.06.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8980/ (abgerufen am: 01.05.2024 )
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